" Höhere Ölpreise sind keine Frage des ob, sondern des wann"
FundResearch: Herr Rentsch, der Run auf Ölaktien hält schon einige Jahre an. Warum sollten Anleger jetzt noch Ölfonds kaufen? Ist die beste Zeit vielleicht schon vorüber?
Rentsch: Sicher nicht. Auch die erfolgreichsten Investoren der Welt investieren schon seit vielen Jahren in Rohstoffe. Dazu zählen die Universitäts-Stiftungen von Harvard und Yale sowie der Government Petroleum Fund der Norwegischen Zentralbank. Daher ist es für mich kein Modetrend, in diesem Bereich zu investieren, sondern ein Muß für jeden Anleger.
FundResearch: Warum?
Rentsch: Es ist keine Frage des ob, sondern nur des wann, bis es zu einer deutlichen Ölverknappung und deutlich höheren Preisen kommen wird. Denn es gibt nicht nur ein strukturelles, sondern auch ein physikalisches Problem. Daher versagen auch seit 18 Monaten die klassischen Ölpreismodelle und der Ölpreis handelt um mehr als drei Standardabweichungen über seinem fairen Wert. Da muß man sich unweigerlich fragen: Ist der Preis zu hoch oder übersehen die Modelle etwas?
" China und Indien durchlaufen den Weg von der Agrar- zur Industriegesellschaft im Eiltempo"
FundResearch: Was stimmt nun?
Rentsch: Man muß die Modelle sicher an die veränderten Rahmenbedingungen anpassen. Denn 2,4 Milliarden Inder und Chinesen erreichen nun die Konsum- und Ölkonsumschwelle. Die beiden Länder verbrauchen heute erst ein Fünfzigstel dessen, was 560 Millionen Menschen in den G7-Ländern benötigen. Aber sie durchlaufen im Eiltempo den Weg von der Agrar- zur Industriegesellschaft. Europa und die USA haben dafür noch 150 Jahre gebraucht. Indien und China werden diesen Sprung in einem Bruchteil der Zeit schaffen.
FundResearch: Wie stark wird die Ölnachfrage steigen? Rentsch: In den kommenden fünf Jahren wird es die höchste Nachfrage nach Öl seit 20 Jahren geben und das bei zurückgehenden Reserven.
" Es werden immer weniger neue Öl-Reserven gefunden"
FundResearch: Davon wird doch schon seit vielen Jahren geredet. Hätten die Mahner Recht behalten, gäbe es heute schon kein Öl mehr.
Rentsch: Das ist sicher richtig. Ich halte mich aber an die Fakten. Es wird auch sicher in 100 Jahren noch Öl geben. Eine Tatsache ist aber, daß die Investitionen im Ölsektor seit 25 Jahren zurückgehen. Zudem werden immer weniger neue Reserven gefunden. 2005 gab es die geringsten Neufunde seit 60 Jahren. Das größte Ölfeld der Welt, das Ghawar- Ölfeld in Saudi-Arabien, wurde 1948 gefunden. Seitdem fand man nur noch kleinere, obwohl die Technik heute viel besser ist.
FundResearch: Inwiefern?
Rentsch: Früher brauchte man nur nach tektonischen Verwerfungen zu suchen und hat dort einfach gebohrt und das Öl sprudelte heraus. Heute hat Saudi-Arabien mehrere Suchflugzeuge, die mit High Tech suchen, aber kaum mehr etwas finden. Daher ist das Thema von Hubbert’s Peak heute aktueller denn je.
" 80 Prozent der Ölfelder haben ihre beste Zeit schon hinter sich"
FundResearch: Die Theorie, wonach die weltweite Ölproduktion demnächst ihren Höhepunkt überschreiten wird?
Rentsch: Genau. Längst verbreiten nicht mehr nur Crash-Propheten diese Theorie, die der amerikanische Geologe M. King Hubbert in den 50er Jahren aufgestellt hat. Sie wird selbst von der als konservativ geltenden internationalen Energieagentur (IEA) nicht mehr angezweifelt. Nur über den Zeitpunkt herrscht Uneinigkeit. Die Bandbreite reicht von 2005 bis 2017.
FundResearch: Gibt es schon Regionen, wo der Peak überschritten ist?
Rentsch: In den USA und in der Nordsee sinken die Quoten schon seit Jahren. Weltweit gesehen haben 80 Prozent der Ölfelder die beste Zeit schon hinter sich.
" Das Peak Oil Szenario wird unweigerlich eintreten"
FundResearch: Können die Förderquoten nicht durch neue Techniken oder neue Funde steigen?
Rentsch: Das ist nach heutigem Stand der Technik nur noch bedingt möglich. Das Öl sprudelt ja nicht einfach so aus der Erde, sondern wird mit Überdruck, Pumpen, Wasser oder CO2-Injektionen gefördert. Weltweit werden pro Tag 200 Millionen Barrel Wasser für die Ölförderung benötigt. Und selbst neue Funde würden den Peak nur kurz hinauszögern.
FundResearch: Würde eine weltweite Rezession für eine Verzögerung sorgen?
Rentsch: Selbst eine Rezession ändert nichts daran, daß die Nachfrage steigt und die Produktion nach dem Peak um ungefähr sechs Prozent pro Jahr fällt. Daher wird das Peak Oil Szenario unweigerlich eintreten – nur die Frage des Zeitpunkts ist unklar. Wenn man nur den derzeitigen Nachfragetrend fortschreibt, fehlen bei Eintritt des Peak Oil Szenarios im Jahr 2010 zehn bis 20 Millionen Barrel pro Tag. Das entspricht der ein bis zweifachen Tagesförderung von Saudi-Arabien.
" Wir setzen im Peak Oil Fonds auf die gesamte Bandbreite von Energieunternehmen"
FundResearch: Führt die Verkappung denn nicht zu Substitutionseffekten?
Rentsch: Sicher. Je nach Höhe des Ölpreises lohnen sich Energiealternativen wie Brennstoffzellen, Solarenergie, Kohle oder Gas. Daher setzen wir im Peak Oil Fonds auch auf die gesamte Bandbreite von Energieunternehmen. So ist es uns egal, welches Szenario eintritt. Ein diversifizierter Energiefonds profitiert immer.
Im Profil: Dr. Dieter Rentsch
Dr. Dieter Rentsch ist Geschäftsführender Gesellschafter von Aquila Capital und dort verantwortlich für die Investmentstrategie. Seine Expertise liegt im Aufspüren globaler Trends und deren Umsetzung in innovative und transparente Anlageprodukte. Zuvor leitete der promovierte Physiker bei der MEAG das Makro-Research. |