bb? - wenn schon patriot, dann nur ein schwäbischer. ich lebe in stuttgart und muss sagen, solche zustände, wie in berlin haben wir hier nicht - trotz eines höheren migrantenanteils.
Das Stuttgarter Modell: Erfolgsrezept zur Integration In Stuttgart lässt es sich leben: Die Arbeitslosigkeit ist relativ gering, die Kriminalitätsrate fällt niedriger aus als im Rest der Republik, und auch die Integration von Migranten funktioniert offenbar so gut wie nirgendwo sonst in Deutschland. Dabei hat die baden-württembergische Landeshauptstadt den zweithöchsten Ausländeranteil nach Frankfurt am Main. Die Resonanz spricht für sich: Als erstes integrationspolitisches Gesamtkonzept gilt das so genannte "Stuttgarter Modell" nicht nur hierzulande als vorbildlich. 2004 wurde es in wesentlichen Teilen zur offiziellen Politik des Europarates gemacht, und von der Unesco erhielt die schwäbische Metropole den "Cities for Peace"-Preis 2002/2003, mit dem Städte ausgezeichnet werden, die sich besonders für sozialen Frieden und die Integration von Ausländern einsetzen. Seit Frühjahr 2005 darf sich Stuttgart auch noch mit dem ersten Preis des Wettbewerbes "Erfolgreiche Integration ist kein Zufall" schmücken, der von der Bertelsmann Stiftung in Kooperation mit dem Bundesinnenministerium durchgeführt wurde.
Umdenken in Sachen Integrationspolitik
Da der Demographische Wandel auch die Schwaben nicht verschont, droht der Wirtschaft in der schrumpfenden Landeshauptstadt ein Mangel an qualifizierten Arbeitskräften. Ignoranz in der Integrationsfrage kann die städtischen Haushalte künftig stark belasten, denn je schlechter Migranten für den Beruf gerüstet sind, desto größer sind die Summen, die für Sozialleistungen investiert werden müssen. Bei einem Ausländeranteil von 22% - Eingebürgerte nicht mitgezählt - ist es somit nicht irrelevant, ob aus den Zuwanderern Steuerzahler oder Sozialhilfeempfänger werden. Diese pragmatischen Überlegungen sowie die stetig wachsende Internationalität der Stuttgarter Bevölkerung führten Anfang des Jahrtausends zu einem Umdenken in Sachen Integrationspolitik. Man erkannte, dass die bisherige Eingliederungsarbeit und die bestehenden Formen des Zusammenlebens neu und bewusster auf gemeinsame Ziele hin ausgerichtet werden mussten. Integration wurde zur Chefsache erhoben: Im Jahre 2001 gründete sich auf Initiative von Oberbürgermeister Dr. Wolfgang Schuster das "Bündnis für Integration", dem heute sämtliche Behörden und Vereine der Stadt angehören.
zum Seitenanfang Integration als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Grundpfeiler des Stuttgarter Integrationskonzeptes sind die Anerkennung der deutschen Verfassung und Gesellschaftsordnung sowie die gleichberechtigte Teilhabe der Migranten am sozialen Leben. Der Ansatz berücksichtigt, dass Integration eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe ist, die sowohl von der zugewanderten als auch von der einheimischen Bevölkerung mitgetragen werden muss. Eine wesentliche Stärke des Stuttgarter Modells liegt dabei in seiner Zielgruppenorientierung: Für die Integrationsmaßnahmen spielt nicht so sehr die Nationalität der Migranten eine Rolle, sondern vielmehr ihre soziale Lage. Um den individuellen, sozialen, kulturellen und migrationsspezifischen Unterschieden Rechnung zu tragen, richtet sich die Integrationspolitik daher an fünf Zielgruppen, die auch die deutsche Bevölkerung explizit mit einschließt: 1. Eingereiste Personen mit befristetem Aufenthalt, d.h. Flüchtlinge und Personen mit spezifischer Arbeitsregelung; 2. Neuzuwanderinnen und Neuzuwanderer, die für den deutschen Arbeitsmarkt angeworben werden; 3. Zuwanderer mit einem auf Dauer angelegten, aber an bestimmte Faktoren gebunden Aufenthalt; 4. Migranten mit bleibeberechtigtem Aufenthalt und/oder besonderem Status sowie 5. die deutsche Mehrheitsbevölkerung. Unabhängig vom Herkunftsland und dem genaueren rechtlichen Status lassen sich diese fünf Gruppen zu drei Hauptkategorien zusammenfassen, für die jeweils spezifische Integrationsangebote entwickelt werden müssen: neu zugewanderte Personen, bereits länger in der Bundesrepublik lebende Personen mit Migrationshintergrund sowie die deutschen Stuttgarter.
Das neue Zuwanderungsgesetz, das Anfang 2005 in Kraft getreten ist, verpflichtet alle Migranten, die deutsche Sprache zu erlernen. In Stuttgart ist dies schon lange obligatorisch: Das Angebot von Sprach- und Integrationskursen ist der wohl wichtigste Bestandteil des Modells, basierend auf der Einsicht, dass die verbale Ausdrucksfähigkeit eine wesentliche Voraussetzung für die berufliche Qualifikation und die Eingliederung in den Arbeitsmarkt sowie in die Gesellschaft allgemein ist. Die Kurse richten sich nicht nur an Neuzuwanderer, sondern auch an die schon länger in der Bundesrepublik lebenden Migranten, deren Deutschkenntnisse nicht ausreichend sind. Vor allem Frauen aus Einwandererfamilien sind davon betroffen. Viele wohnen bereits mehrere Jahre in der Bundesrepublik, sprechen jedoch kaum ein Wort Deutsch, da sie fast nur mit Landsleuten Kontakt haben. Solche Barrieren sind umso gravierender, als dass sich auch Kinder, deren Mütter mit dem Lehrer keinen Satz wechseln können, generell nur schwierig in der Gesellschaft zurechtzufinden. Kurse wie "Mama lernt Deutsch“, die mit Geldern der Landesstiftung Baden-Württemberg und der Stadt Stuttgart finanziert werden, kommen somit nicht nur den Frauen, sondern der ganzen Familie zugute.
Gesellschaftliche und politische Partizipation sowie Chancengleichheit
Gemäß dem europäischen Leitbild zur Integration will das Stuttgarter Modell mit seinen Maßnahmen kulturelle Vielfalt, gesellschaftlichen Zusammenhalt und ein friedliches Zusammenleben der verschiedenen Bevölkerungsgruppen fördern. Dabei geht es vor allem um die gesellschaftliche und politische Partizipation der Zuwanderer sowie um die Chancengleichheit in den zentralen Lebensbereichen - von der sprachlichen Verständigung über die berufliche Qualifizierung bis hin zur Wohnsituation. Diese Ziele werden in den einzelnen Handlungsfeldern durch entsprechende Projekte und integrationsfördernde Maßnahmen umgesetzt. Beispiele dafür sind spezielle Sprachförderkonzepte an Schulen, Initiativen im Rahmen des Bund-Länder-Programms "Soziale Stadt", von Fachleuten organisierte Stadtteilrunden, Unterstützung und Beratung von interkulturellen Initiativen und nichtdeutschen Kulturvereinen, Förderung der internationalen Beziehungen durch Städtepartnerschaften, Veranstaltungen zum interreligiösen Dialog, Straßenfeste, Gesprächsgruppen und vieles mehr. Vorzeigeprojekt ist das internationale Stadtteilzentrum "Haus 49", in dem Lehrer Hausaufgabenhilfe für Migrantenschüler erteilen und Sozialarbeiter sich für die unterschiedlichsten Belange der nichtdeutschen Stuttgarter engagieren. |