Für:
Intel ist billig. Das KGV liegt jetzt unter 20, was für den Weltmarktführer in einer Schlüsseltechnologie günstig ist (in den 1990-ern lag das Intel KGV bei über 30, teils bei 50). Intel hat nach wie vor traumhafte Margen. Und im Notebook-Sektor, der in Zukunft immer wichtiger wird, hat Erz-Konkurrent AMD Intel nicht viel entgegenzusetzen.
Wider:
PCs sind nicht mehr Avantgarde-Produkte wie in den 1990ern, sondern "Commodities" wie Waschmaschinen, Geschirrspüler, Hi-Fi-Anlagen und Fernseher. Der Markt ist gesättigt, Anreiz zu Neukäufen erfolgt über Preissenkungen: Ein Top-PC (schnellstes aktuelles Modell) kostet heute nur noch halb so viel wie vor drei Jahren.
Selbst ältere Pentium-3-Rechner reichen für den Hausgebrauch (Office, Surfen) auch heute noch voll aus. Es ist nicht mehr nötig, sich alle zwei Jahre einen neuen PC zu kaufen. PCs konnten tempomäßig kaum zulegen, seitdem das "Moore'sche Gesetz", demzufolge sich die PC-Leistung alle 18 Monate verdoppelt, vor zwei Jahren an die Grenzen der physikalischen Machbarkeit gestoßen ist (90 Nanometer-Probleme, Leckströme etc.). Da das PC-Tempo nicht zunahm, konnte auch Microsoft keine neuen, noch mehr Ressourcen fressenden Betriebssysteme auf den Markt werfen: Windows XP gibt es, mit neuen Service-Packs aktualisiert, nun schon seit 4 Jahren.
Temposteigerungen könnte 64-bit-Software bringen, doch die 64-bit-Version von Windows (beta) leidet derzeit noch unter stark mangelndem Treibersupport. Bis die sich durchsetzt, gehen wohl noch ein paar Jahre ins Land. Daher gibt es kein unmittelbares Potenzial.
Auch das aktuelle Konzept der Halbleiter-Strategen, nun mit Doppelprozessorkernen Dampf zu machen, wird so schnell nicht aufgehen, weil auch dafür zurzeit noch keine Software bereitsteht. Die meiste heutige Software nutzt nur einen der beiden Prozessor-Kerne von Doppelprozessoren. Die "andere Hälfte" brät im Rechner nutzlos vor sich hin und erzeugt Abwärme (Intel-Doppelprozessoren verbrauchen bis 150 Watt und werden bis zu 70 Grad warm!), die aufwändig und lärmträchtig "weggekühlt" werden muss. Zudem bleibt fraglich, ob Anwender tatsächlich gewillt sind, ihre ganze Software in 64-bit-Version neu zu kaufen. Das machen wohl nur einige IT-Profis, für die Zeitersparnis Geldersparnis ist. Insofern haben Doppelprozessoren ebensowenig (unmittelbares) Zukunftspotenzial wie die 64-Bit-Technik in der Software.
Insgesamt dürfte bei potenziellen Neukäufern die Verunsicherung überwiegen:
1. Bringt es wirklich etwas, sich einen Doppelkernprozessor zu kaufen, wo doch Intels Hyperthreading bereits jetzt einen simulierten zweiten Prozessor "für Notfälle" zur Verfügung stellt? Intel hat das Problem des mangelnden Kaufanreizes übrigens erkannt und bei den aktuellen Doppelkernprozessoren der 8xx-Serie das Hyperthreading abgeschaltet! Nur die sauteure "Extreme Edition" der Doppelkernprozessoren bietet Hyperthreading und meldet sich im Betriebssystem mit vier Prozessoren.
2. Sollen Anwender sich eigens auf Doppelkernprozessoren zugeschnittene Software neu kaufen? Wird die auch noch laufen, wenn es demnächst statt zwei vier Prozessorkerne gibt? Verträgt sich die neue Doppelkern-Software mit 64-Bit-Betriebssystemen? Bringt es nicht mehr Tempogewinn, einen Einzelkern-Prozessor mit 64-Bit-Software auf Trab zu bringen? Wo liegt die Zukunft, bei Doppel- und Mehrfachkernprozessoren, bei 64-bit-Software oder in beiden Bereichen? Wird all dies miteinander kompatibel sein oder wird sich dadurch nur der "Veraltungs-Druck" erhöhen?
Aufgrund dieser Probleme werden sich wohl nur Hightech-Freaks und einige IT-Profis auf die neue Technik stürzen. Sorfältig kalkulierende Firmen werden sich zweimal überlegen, ob es sich lohnt, für ihre typischen Office-Anwendungen Geld in ein Technik-Abenteuer mit unkalkulierbarer Zukunft zu stecken.
FAZIT: Intel ist mit einem KGV von 20 zwar günstig bewertet, die Bewertung spiegelt aber zugleich die reduzierten Markterwartungen wider. Die Aktie dürfte sich daher vorerst eher seitwärts bzw. "Markt-parallel" bewegen: Sie dürfte keine Outperformance innerhalb des Tech-Sektors zeigen. Dies macht einen Einstieg nur bei temporären Rückschlägen interessant (wie letzten Herbst, als Intel bei 20 Dollar stand). Und aus dem gleichen Grund ist die Aktie in dem Moment wieder ein Verkauf, wenn sie, wie vor drei Monaten (27 Dollar) bei ihrem Durchschnittskurs angelangt ist.
Ähnlich ist die Lage bei anderen "reifen" Big-Caps wie Cisco, Dell, Microsoft, wobei ich am ehesten noch bei Microsoft Potenzial sehe.
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