Rundum legal

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neuester Beitrag: 04.12.02 16:49
eröffnet am: 04.12.02 07:54 von: anarch. Anzahl Beiträge: 30
neuester Beitrag: 04.12.02 16:49 von: anarch. Leser gesamt: 2638
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04.12.02 07:54
2

2728 Postings, 8348 Tage anarch.Rundum legal

Rundum legal

G.H. Rot-Grün schädigt den eigenen Ruf immer weiter. Seit die Union auf den Gedanken gekommen ist, den wochenlangen Ärger der Bürger über das zweite Regierungsprogramm Schröder/Fischer auf die Diskrepanz zwischen der Wirklichkeit und den Wahlkampfaussagen der Bundesminister Eichel, Riester und Schmidt zurückzuführen, reagieren die rot-grünen Wortführer merkwürdig panisch. Man spricht von Hetzkampagne, sorgt sich um den Ruf der "politischen Klasse insgesamt", als ob man nicht selbst in der vergangenen Wahlperiode einen Ausschuß betrieben hätte, der den Ruf des Gegners - das waren damals Kohl und seine Partei - nicht minder schädigen sollte. Doch im Unterschied zur CDU versucht die SPD nun der Einsetzung des Ausschusses Felsbrocken in den Weg zu rollen. Zunächst soll der Geschäftsordnungsausschuß, in dem Rot-Grün natürlich die Mehrheit hat, prüfen, ob die Untersuchung von Regierungsaussagen im Wahlkampf überhaupt verfassungsgemäß sei. Dies ist allerdings lediglich ein irrwitziger Versuch, Zeit - Tage oder Wochen - zu gewinnen. Denn wäre die SPD nicht längst überzeugt, daß der Ausschuß rundum legal ist, dann hätte sie nicht schon dessen Vorsitzenden und ihren Obmann bestimmt  
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4 Postings ausgeblendet.

04.12.02 09:31
1

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonder unterschied


zwischen den untersuchungsausschus der spd damals wegen kohl und dem wahlkampflügen heute ist aber nicht zu übersehen, anarch:

kohl hatte gegen das grundgesetz verstossen, weil er die namen nicht genannt hat.

die spd hat zwar in den monatlichen statistiken und den jedes quartal veröffentlichten ausblicken wahrheitsgegetreu die wirtschaftlichen daten veröffentlicht, diese im wahlkampf aber weder hervorgehoben, noch die konsequenzen angemahnt.

da die daten aber veröffentlicht waren, wird die argumentation: die spd hat es nicht im wahlkampf erwähnt, deswegen ist es gelogen kaum durchzuhalten sein, denn durch die veröffentlichung war es ja auch der cdu bekannt.

die einzige lüge, die man wird dingfest machen können, ist die sache mit den vor der wahl abgelehnten und nach der wahl durchgeführten steuererhöhungen. warum man dafür einen ausschus braucht, der zeit und geld kostet, lasse ich mir gerne von jedem erklären. begreifen kann ich es nicht, denn dieser vorgang ist offensichtlich und allgemein bekannt.

wieder einmal beschäftigen sich die politiker mit sich selbst, und die bevölkerung beschäftigt sich damit, ob die beschäftigung der politiker mit sich selbst sinvoll oder nicht ist. so sind wenigstens alle beschäftigt, und keienr braucht über problemlösungen nachzudenken.

in diesem sinne  

04.12.02 10:41

8215 Postings, 8842 Tage Sahne1 x gut analysiert für neo andersson o. T.

04.12.02 10:45

25196 Postings, 9034 Tage mod @neo andersson

Wo im Grundgesetz steht das mit
der Namensnennung (bezogen auf Kohl)?

Klär mich Unwissenden bitte auf.
Welcher Artikel GG?

Viele Grüsse
m.  

04.12.02 10:47

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonartikel 21 gg

"Artikel 21
[Parteien]
(1) [...] Sie müssen über die Herkunft und Verwendung ihrer Mittel sowie über ihr Vermögen öffentlich Rechenschaft geben. "

in diesem sinne
 

04.12.02 10:51

25196 Postings, 9034 Tage moddanke, das Entscheidende

ist aber der Absatz 3:

3) Das Nähere regeln Bundesgesetze.  

04.12.02 10:56

51345 Postings, 9159 Tage ecki@neo andersson

Kohls Pflicht steht nicht im Grundgesetz. Er hat es nur der CDU verbaut GG-konform öffentlich Rechenschaft abzulegen.

Ich denke mod meinte es so spitzfindig.

Und die damals geltenden regelnden Bundesgesetze hat Kohl gebrochen. Er hats ja auch zugegeben, auf seine Kappe genommen und erneut gesammelt.

Grüße
ecki  

04.12.02 11:16

722 Postings, 8989 Tage GlasnostWie auch immer, neo hat recht

es wird da zu keiner Verurteilung kommen.

Schon Otto Graf Lambsdorf hat es geschafft, dass die eigentlich traurige Message des Flick Untersuchungsausschusses seinerzeit kaum öffentlich bekannt geworden ist: Die FDP hat den Koalitionswechsel an Flick verkauft!

Hier wird mit Scheiße geworfen und übersezen, dass man dabei die Scheiße auch in die Hand nehmen muss und sich selber schmutzig macht.

Die sollen lieber die Sch...Situation in D anfassen und Lösen, das wäre ehrenhafter.  

04.12.02 11:16

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonalso ist das so zu verstehen:


der parteivorsitzende kohl weigert sich, die herkunft der mittel zu nennen.
dies ist kein verstoß gegen das gg, da dort ja nur die partei als ganzes erwähnt ist.

es kann aber ja nie die ganze partei für die verschweigung von mittelherkünften verantwortlich sein, sondern nur derjenige, der die mittel entgegen genommen hat. somit kann der artikel 21gg nie greifen, da ja immer einzelpersonen verantwortlich sind? oder grift artikel 21gg gegenüber der partei, die die personen bezüglich bundesgesetze zur rechenschaft zieht?

falls es juristisch korekt sein sollte, das der artikel 21 kohl nicht zum nennen verpflichtet hat, ändere ich meine ausführung dahingehend, dass kohl damit natürlich nicht gegen das grundgesetz vertossen hat, sondern seine gesamte partei zum bruch des grundgesetzes gezwungen hat, da er ihr ja die möglichkeit nahm, dem nachzukommen. ein rechtgelehrter möge mir mitteilen, welche variante richtig ist.

der alte untersuchungsausschus befindet sich damit aber trotzdem auf einem ganz anderen niveau ( denn der bruch des grundgesetzes fand ja nun mal statt ), als der jetzige.

in diesem sinne  

04.12.02 11:22

51345 Postings, 9159 Tage ecki@neo, bin kein Jurist

aber wie gesagt, in der politischen Bewertung ist das egal, ich halte das für Spitzfindigkeiten.

Aktuell kämpft die FDP ja z.B. auf ähnlichem Felde gegen Möllemann, und versucht sich als sauber darzustellen, da sie als Partei nichts falsch gemacht habe, sondern nur ein einzelnes, wenn auch herausragendes Mitglied. Den Schaden als Partei hat sie auf jeden Fall.

Grüße
ecki  

04.12.02 11:22

25196 Postings, 9034 Tage modUm es kurz zu machen

Kohl hat gegen ein Gesetz verstossen,
aber es existierte strafrechtlich
kein Tatbestand d.h. Paragraf  

04.12.02 11:31

51345 Postings, 9159 Tage eckiIst doch schön, dass Kohl als Politiker

dafür sorgte, dass er gegen sein selbst beschlossenes Parteienfinanzierungsgesetz verstossen konnte, ohne dass ihm strafrechtlich beizukommen war.

Grüße
ecki  

04.12.02 11:34

473 Postings, 8335 Tage kant@mod

Soweit ich mich erinnere hat Kohl für seinen Verstoß gebüßt = gezahlt. Das ist es ja auch genau, was ich mir vom Untersuchungsausschuß erhoffe: Buße der SPD! Z.B. in Form eines Kanzlerrücktritts. Der Ruck, der durch Deutschland ginge, wäre beträchtlich - auch ohne zusätzliches Geld. Merke: Motivation ist die halbe Miete!

Ansonsten muß "die Macht" eine unbeschreibliche Sucht nach "mehr davon" auslösen, was für mich (sicherlich mangels Gelegenheit) nicht nachvollziehbar ist. Die Sucht nach dieser Macht hat aus den nun attackierten SPD Politikern während des Wahlkampfs eine Bande schäbiger Lügner gemacht.  

04.12.02 11:35

25196 Postings, 9034 Tage modecki, ich glaube

das Parteiengesetz ist schon etwas älter. *g*

So 1950, mein ich.

Viele Grüsse
m.  

04.12.02 11:42

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonaha,


das er sich strafbar gemacht hat, habe ich ja auch gar nicht gesagt, sondern nur, dass er gegen das gg verstoßen hat. somit ist der sicherlich richtige hinweis, es gäbe keinen strafrechtlich relevanten paragraphen in diesem kontext für mich nur bedingt hilfreich.

vielleicht ist die aussage, dass er seine gesamte partei zum bruch des grundgesetzes gezwungen hat, juritisch korrekt, im gegensatz zu meiner interpreation.

in sofern haben wir eine der politk würdige debatte geführt.
obwohl die sache an sich nebst ihren folgen unstrittig war, haben wir eine detaildebatte darüber geführt, die weder nutzen noch lösungen für irgendjemanden brachte :-)

@ecki:
das die fdp einem der ihren unseriösität in der mittelbeschaffung vorwirft, ist in meinen augen eine lächerlichkeit, die ins groteske geht.
ich möchte mich bezüglich des finanzierungsgebarens der fdp hier nicht so äussern, wie es in meinen augen angebracht wäre, denn _dagegen_ gibt es einen strafrechtlich relevanten paragraphen. wenn mölleman aus wut zurückhaut, wird das wohl böse folgen für die fdp haben, denn der kennt sicher genügend schmutzige details, wenn es denn welche gibt.

in diesem sinne
 

04.12.02 11:57

51345 Postings, 9159 Tage ecki@mod

Das Parteienfinanzierungsgesetz ist doch nach Flick und "der gekauften Republik" geändert worden?! Unter Kohl?

Grüße
ecki  

04.12.02 12:07

25196 Postings, 9034 Tage mod@ecki

Änderungen gab es laufend, auch jetzt.
Strafen waren aber nie vorgesehen (Kittchen).
Die wären ja auch blöd, oder meinst Du, dass
es bei allen Parteien immer "solide" seit
ca. 1949 zuging? *g*
(Fast) jede Fa. hat eine schwarze Kasse.
Viele Grüsse
m.  

04.12.02 12:37

2728 Postings, 8348 Tage anarch.Noch mehr Miesmacher ...


Die FDP-Bundestagsfraktion hat am Mittwoch beschlossen, die von der Union geplante Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zum Thema Wahlbetrug zu unterstützen. Die Unionsfraktion könnte die Einsetzung auch alleine beschließen, da ein Viertel der Bundestagsabgeordneten für einen derartigen Beschluss ausreicht.  

04.12.02 12:56

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonfreiheitsstrafe bis zu 3 jahren

Parteiengesetz:

"§ 31d Strafvorschriften
(1) Wer in der Absicht, die Herkunft oder die Verwendung der Mittel der Partei oder des Vermögens zu verschleiern oder die öffentliche Rechenschaftslegung zu umgehen,

unrichtige Angaben über die Einnahmen oder über das Vermögen der Partei in einem beim Präsidenten des Deutschen Bundestages eingereichten Rechenschaftsbericht bewirkt oder einen unrichtigen Rechenschaftsbericht beim Präsidenten des Deutschen Bundestages einreicht oder
als Empfänger eine Spende in Teilbeträge zerlegt und verbucht oder verbuchen lässt oder
entgegen § 25 Abs. 1 Satz 3 eine Spende nicht weiterleitet, wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft. Nach Satz 1 wird nicht bestraft, wer unter den Voraussetzungen des § 23b Abs. 2 eine Selbstanzeige nach § 23b Abs. 1 für die Partei abgibt oder an der Abgabe mitwirkt. "

http://www.bundestag.de/gesetze/pg/pgp31d.html


ich spare mir einen hinweis darauf, welche regierung diesen längst überfälligen schritt seinerzeit vollzogen hat.

in diesem sinne  

04.12.02 13:02

51345 Postings, 9159 Tage eckimod nimmt es halt mit

der Wahrheit nicht immer so genau.

Man sollte schon wissen, wo man Bescheid weiß, und wo man unsicher ist.

Jede Fimra hat eine schwarze Kasse? Schön blöd bin ich, dass meine Firma keine hat.

Grüße
ecki  

04.12.02 13:08

25196 Postings, 9034 Tage mod zuletzt geändert durch Art.1 des Gesetzes vom

zuletzt geändert durch Art.1 des Gesetzes vom 28. Juni 2002 (BGBl. I S. 2268)

Deswegen oben von mir:
"es existierte strafrechtlich
kein Tatbestand d.h. Paragraf".
Rückwirkende Wirkung von Straf-Tatbeständen gibt es nicht.
Ich meine, der Bundestag hat die Änderung
einstimmig beschlossen.
 

04.12.02 13:13

25196 Postings, 9034 Tage modneo, ich muss Dich enttäuschen. Es war

ein interfraktioneller Gesetzesentwurf,
nicht die Initiative Deiner geliebten Regierung. *g*

"Die PDS hat dem am 17. April 2002 im Bundestag verabschiedeten interfraktionellen Gesetzentwurf zur Änderung des Parteiengesetzes nicht zugestimmt, obwohl sie für die längst überfällige Reform war und bereits Anfang 2000 mit einem eigenen Gesetzentwurf auf schnellstmögliche Änderung gedrängt hatte."

http://www.pds-im-bundestag.de/index.php?main=/...iengesetz/index.php


 

04.12.02 13:13

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonlies mal dein posting nummer 20, mod


"Strafen waren aber nie vorgesehen (Kittchen).
Die wären ja auch blöd, oder meinst Du, dass
es bei allen Parteien immer "solide" seit
ca. 1949 zuging? *g*"

dass das seinerzeit bei kohl nicht gegolten hat, ist unstrittig.ist aber ja auch mittlerweile egal, dies hier sollte nicht zu selbstzweck verkommen.

in diesem sinne  

04.12.02 13:18

25196 Postings, 9034 Tage modecki,

ich bin davon ausgegangen, dass Du in
Zusammenhang mit Möllemann wusstest, dass
es hier 2002 eine Änderung (Strafe) gab.

INFO:
Montag, 04.11.2002   Letzte Änderung, 05.35 Uhr  

wochenspiegel - 03.11.02, 12:45 Uhr - FDP-Spendenaffäre (Autor: Rainald Becker)  

Möllemann räumt Verstöße gegen Parteiengesetz ein

Der ehemalige nordrheinwestfälische FDP-Landesvorsitzende Jürgen Möllemann hat angeblich in einem Brief vom 28. Oktober 2002 Verstöße gegen das Parteispendengesetz eingeräumt. Nach einem Bericht der Zeitung "Bild am Sonntag" schrieb Möllemann an den FDP-Kreisverband Borken und forderte die Rücküberweisung von Wahlkampfgeldern.
usw.
http://www.tagesschau.de/aktuell/meldungen/0,2044,OID1250518,00.html

Viele Grüsse
m.



 

04.12.02 13:41

762 Postings, 8587 Tage neo anderssonim haare spalten bin ich besser


der von dir erwähnte "interfraktionelle gesetzentwurf" sagt recht wenig über die initiative zu seiner auflegung aus. lediglich _nachdem_ sich die parteien auf eine formulierung geeinigt haben, haben sie das gesetz _gemeinsam_ beantragt.
wer die initiative zur tätigung dieser gesetzesinitiative gegeben hatte, geht daraus nicht hervor.

davon ab, prügelt du schon wieder löcher in die luft, denn ich habe von dem _vollzug_ ( also dem beschluss ) gesprochen, nicht von der initiative. es ist immer leicht debatten zu gewinnen, in denen man argumente wiederlegt, die der andere nie gebracht hat. dies ist als rhetorische notlösung auch manchmal angebracht, allerdings sollte dieses stilmittel wohlbedacht und dann nur mit exakten details angewandt werden, sonst fällt man sogar noch mit seiner zusammengetricksten argumentation auf die nase.

da ich aber auch nicht beweisen, dass es die regierung war, bleiben uns nur die fakten:

während der rot/grünen regierungszeit hat der bundestag mit der rot/grünen mehrheit eine gesetzesvorlage beschlossen, die von cdu/csu und fdp mitgetragen und formuliert wurde.

da allerdings ein positiver beschluss ohne cdu/csu und fpd möglich gewesen wäre, ein beschluss ohne die rot-grüne mehrheit allerdings nicht, fällt der erfolg der aktuellen regierung ebenso zu, die folgen aller anderen entscheidungen während ihrer regierungszeit auch auf sie zurückfallen, und nicht etwa auf oppositionelle, die auch zugestimmt haben.

oder braucht man entgegen meines wissen eine 2/3 mehrheit für eine änderung des parteingesetzes?

"meine geliebte regierung" ist übrigends als bemerkung so unnötig wie nur was. ich kann mich nicht entsinnen mich jemals in irgendeinem kontext zu der aktuellen regierung geäussert zu haben, der eine derartige interpretation rechtfertigen würde.
ich habe verständnis dafür, das ab einem gewissen grad an seelenverkümmerung "nicht verachten" und "lieben" als synonyme verwendet werden, in meinem fall trifft dieser grad an verkümmerung aber noch nicht zu. warum du solche querschlagrückschlüsse ziehst, kannst du mit dir selbst abmachen.

ich muss jetzt aber wirklich "arbeiten".

in diesem sinne  

04.12.02 16:49

2728 Postings, 8348 Tage anarch.Offenbarungseid

Offenbarungseid

Als Helmut Kohl seinerzeit blühende Landschaften versprach, hat er sich geirrt. Aber er hat nicht gelogen.

Als Gerhard Schröder sich im Sommer dieses Jahre kategorisch gegen Steuererhöhungen aussprach, hat er sich nicht geirrt. Er hat gelogen. Deshalb ist auch völlig egal, was Schröder am Mittwoch in seiner Rede vor dem Bundestag verspricht. Man wird ihm nicht glauben.

Regierungen haben auch in der Vergangenheit wirtschaftspolitische Fehler gemacht. Die Finanzierung der Wiedervereinigung etwa gehört zu den katastrophalen Fehlentscheidung in der modernen europäischen Wirtschaftsgeschichte. Aber noch nie hat die deutsche Wirtschaftspolitik so sehr an fehlender Glaubwürdigkeit gelitten wie jetzt. Schöne Worte sind wirkungslos geworden - jetzt zählt nur noch, wie die Regierung handelt.


Des Kanzlers Machtwort vom Montag, es werde nicht zu einer Erhöhung der Mehrwertsteuer kommen, ist wirtschaftspolitisch wertlos. Die Bundesregierung wird alles tun, um das Haushaltsdefizit im nächsten Jahr auf unter drei Prozent des Bruttoinlandsproduktes zu senken. Da Schröder sich nicht auf harte Einsparungen im Sozialbereich einlassen wird, bleibt ihm nur übrig, die Abgaben weiter zu erhöhen - auch wenn damit die letzte kleine Hoffnung auf eine wirtschaftliche Erholung im nächsten Jahr komplett zunichte gemacht wird. Der intellektuell überforderte SPD-Fraktionschef Franz Müntefering hat am Wochenende nur offen ausgesprochen, was die Regierung ohnehin als letzten Ausweg plant: Die Mehrwertsteuer wird 2003 erhöht, zu Gunsten von Bund und Ländern, zu Ungunsten der Konsumenten.



Verwirrung in den eigenen Reihen


Schröder steht auch unter Druck, weil die Unbestimmtheit des politischen Kurses in den eigenen Reihen Verwirrung und Illusionen wuchern lässt. Die unsäglichen Äußerungen des SPD-Fraktionsvize Ludwig Stiegler sind dafür bezeichnend: Wer den Vorsitzenden der wichtigsten Reformkommission der Regierung, den Sozialversicherungsexperten Bert Rürup, hemmungslos anpöbelt, der hat offensichtlich ein ganz anderes Programm im Kopf als der Kanzler oder manche Koalitionskollegen. Der Hoffnungsträger Rürup muss sich fragen, ob er gegen solche Widerstände in der größten Regierungspartei überhaupt noch antreten sollte.


Stiegler ist trotz des Schröderschen Machtworts vorgeprescht, seine Rüpeleien richten sich daher auch gegen die Autorität des Kanzlers. Auch SPD-Generalsekretär Olaf Scholz ignoriert munter die Mahnungen des Chefs.


Schröder wird gegen diesen Zwergenaufstand hart durchgreifen müssen. Das Grundproblem ist damit aber nicht gelöst. Schröder hat nicht nur den Wählern manches verschwiegen. Er hat auch seine Partei auf die anstehenden Probleme nie ernsthaft vorbereitet. Solange jedermann in die Reden des Kanzlers die eigenen Wunschvorstellungen hineinprojizieren kann, ist mit politischen Querschlägern und Enttäuschungen regelmäßig zu rechnen.


Schröder könnte sich natürlich vor den Bundestag stellen, die Fehler der letzten Monate eingestehen und alle bislang beschlossenen Steuer- und Abgabenerhöhungen aussetzen. Er könnte sogar noch weiter gehen und die zweite und dritte Stufe der Steuerreform sofort implementieren - gegenfinanziert durch harte Einsparungen im Haushalt. Er könnte das Rentenproblem mit einem Schlag lösen, indem er - wie Rürup vorschlägt - das Rentenalter in Schritten um zwei Jahre erhöht.



Schlechter kann es kaum noch kommen


Die Stieglers im Saal könnte er vor die Wahl stellen: Geht diesen Weg mit mir, oder sucht euch einen anderen. Es wäre eine Herausforderung, aber auch die größte Chance für Rot-Grün. Wenn es je eine Zeit gegeben hätte, politisch Unpopuläres zutun, jetzt wäre der ideale Moment. Schlechter kann es für Schröder und seine Mannschaft kaum noch kommen.


Doch es spricht nichts dafür, dass der Kanzler so reden wird. Er wird das verwässerte Hartz-Konzept zur Arbeitsmarktreform verteidigen und die Opposition dafür angreifen, dass sie den Plan im Bundesrat blockiert hat. Er wird Versprechen abgeben und vielleicht andeuten, dass man auch Fehler gemacht habe. Aber er wird die kapitalen Fehler der vergangenen Wochen nicht rückgängig machen.


Die Schröder-Rezession wird kommen. Sie wird Tausende von Firmen in den Bankrott treiben, Hunderttausende von Menschen den Arbeitsplatz kosten. Am Ende wird die traurige Erkenntnis bleiben, dass es zwischen den politischen Interessen des Bundeskanzlers und den wirtschaftlichen Interessen der Bundesrepublik keine Berührungspunkte gibt.


 

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