Contango - das ist das Wort das gegenwärtig den Ölmarkt bewegt. Es steht für eine Marktstruktur, in der die Preise für Öllieferungen per Termin deutlich höher liegen als bei einem Kauf mit kurzfristiger Lieferung.
Tatsächlich kostet ein Barrel der Sorte WTI beim Kauf eines bis Anfang Februar laufenden Kontraktes an der New York Mercantile Exchange am Montag mit 38,22 Dollar 6,4 Prozent weniger als am Freitag. Dagegen liegen die März, April, Mai, Juni, Juli, September, und Novemberkontrakte mit Preisen zwischen 43,7 und knapp 58 Dollar deutlich höher. Preisoptimistische Marktteilnehmer fühlen sich an die Ölpreishausse der vergangenen Jahre erinnert und glauben aufgrund dieser Struktur, der Ölpreise werde bald wieder rasch und deutlich nach oben laufen. In den vergangenen Wochen fühlten sie sich zunächst in ihrer Erwartung bestätigt. Immerhin lief der Preis von 32,40 Dollar je Fass am 19. Dezember des vergangenen Jahres auf bis zu knapp 51 Dollar vor wenigen Tagen nach oben.
Inzwischen drehte er allerdings wieder nach unten. Der Grund ist einfach auszumachen. Auf der einen Seite neigen professionelle Marktteilnehmer dazu, bei niedrigen Preisen Öl zu kaufen und es gleichzeitig per Termin zu verkaufen, um es zwischenzeitlich zu lagern. Das ist eine sichere Sache, so lange die Preise der Terminkontrakte hoch sind und die Lagerkosten gering. Allerdings zeigen Daten, dass die herkömmlichen Lager vergleichsweise voll sind und dass die Mieten für Tankschiffe steigen, die in den vergangenen Wochen zunehmend zur Lagerung auf See angemietet wurden. Inzwischen seien sogar schon zehn Supertanker auf diese Weise belegt worden, heißt es aus dem Markt.
Marktteilnehmer, die diese Art von Geschäften machen, gehen keine Risiken ein, sofern sie die Kreditwürdigkeit der Geschäftspartner genügend geprüft haben. Denn Kauf- und Verkaufspreise per Termin sind ebenso sicher kalkulierbar wie die Lagerkosten. Dagegen gehen die Terminkäufer hohe Risiken ein. Sollten sie nicht in der Lage sein, die hohen Preise in der Zukunft an ihre Kunden weiterzugeben, drohen ihnen Verluste. Angesichts der anhaltend schwachen Weltkonjunktur ist die Wahrscheinlichkeit dafür relativ groß.
So kommen die jetzigen Terminkäufer möglicherweise in wenigen Wochen oder Monaten sogar in einem anhaltend schwachen Markt mit zusätzlichem Angebot auf den Markt, um ihre Verluste zu begrenzen. Sollten die Ölstaaten in der Zwischenzeit die Produktion nicht eingeschränkt haben, könnte genau das den Ölpreis noch deutlich weiter nach unten drücken. Analysten von Goldman Sachs, die noch vor wenigen Monaten Preise von bis zu 200 Dollar prognostiziert hatten, gehen nun davon aus, dass der Ölpreis im laufenden Quartal aufgrund der schwachen Nachfrage und der hohen Lagerbestände auf 30 Dollar fallen könne. Die Analysten von Morgan Stanley hatten schon vor Wochen erklärt, der Ölpreis könne sogar unter 30 Dollar je Barrel fallen.
Die Erdöl produzierenden Staaten hatten zwar in den vergangenen Wochen angekündigt, die Produktionsmengen deutlich kürzen zu wollen. Allerdings hat der Markt Zweifel daran, ob die Kürzungen schnell genug und überhaupt auch faktisch umgesetzt werden. Denn ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass es deutliche Diskrepanzen zwischen Ankündigung und tatsächlicher Förderung gab. Da diese Staaten in den vergangenen Jahren Ausgabeniveaus erhöht haben, gibt es auch jetzt Zweifel an der Umsetzung. Insgesamt dürfte der Ölpreis kurzfristig weiter nach unten laufen können, als viele denken. Auf der anderen Seite ist mittelfristig eine rasche und deutlich Hausse möglich, sollte die Weltwirtschaft wieder in Gang kommen, wie auch immer.
Daten Quelle: FAZ ----------- "Die Aktienbörsen werden im wesentlichen von Psychopathen bevölkert." Altkanzler Helmut Schmidt |