DEVISEN-AUSBLICK/Euro-Anstieg lässt weiter auf sich warten
Allen Beteuerungen einer mittelfristigen Abschwächung zum Trotz macht der
Dollar derzeit wenig Anstalten, sich den Prognosen der Auguren zu fügen.
Vielmehr kommt der Euro nicht in die Gänge. Weder Warnungen der EZB-
Verantwortlichen vor Inflationsgefahren noch schwache US-Konjunkturdaten sind
derzeit in der Lage, an der Schwächetendenz des Euro etwas zu rütteln.
Offensichtlich haben die von der US-Notenbank geschürten Zinsängste das höhere
Gewicht, denn nach wie vor herrscht Unsicherheit, wann der Zinserhöhungszyklus
der US-Notenbank enden wird. Deswegen spielt es eigentlich weniger eine Rolle,
ob die Fed am 29. Juli die Zinsen tatsächlich um 25 Basispunkte anheben wird,
wie es marktseitig als sicher gilt, als wie die zugehörige Kommentar ausfällt.
Nicht unwahrscheinlich, dass die Fed zunächst die bestehende Unsicherheit
aufrecht erhält und ihr weiteres Vorgehen einmal mehr von künftigen
Konjunkturdaten abhängig macht. Allerdings dürfte auch der US-Notenbank bewusst
sein, dass sie den Bogen nicht überspannen darf und zur Bekämpfung echter oder
auch nur vermeintlicher Inflationsgefahren eine harte Landung der US-Wirtschaft
riskiert. Denn nicht wenige Daten wie etwa die am Donnerstag publizierten
Frühindikatoren signalisieren bereits ein Abkühlung der US-Konjunktur, die sich
durch über das Ziel hinausschießende Zinserhöhungen rasch zur wirtschaftlichen
Frostperiode auswachsen könnten. Deshalb sind zurückhaltendere Aussagen der Fed
keineswegs ausgeschlossen, wie die Devisenanalysten der DZ Bank betonen: "Wir
gehen davon aus, dass der am 29. Juni publizierte Begleitkommentar im Stande
sein kann, die Märkte in Bezug ihrer Erwartung eines bei einem Niveau von 5,5%
zu Ende gehenden US-Zinszyklus zum Nachdenken und unseres Erachtens zum Umdenken
aufzufordern."
In diesem Fall könnte es durchaus zu einer Trendwende kommen, denn weitere
Zinserhöhungen in der Eurozone gelten als sicher. Die Frage ist dabei eigentlich
nur noch, ob die nächste Anhebung bereits im Juli erfolgt, wie einige
Marktteilnehmer meinen, oder erst im August, wobei der Julitermin von
Volkswirten als praktisch ausgeschlossen angesehen wird. Für die mittelfristigen
Aussichten ist dies freilich nicht von Belang, denn hier wird von einem
"Zielniveau" von 3,5% ausgegangen wird, worauf auch die entsprechenden Future-
Sätze hinweisen. Der Startschuss für einen eventuellen Euro-Anstieg kann daher
im Moment allein durch die US-Notenbank erfolgen.
Wichtige Indizien für das weitere Vorgehen der Notenbanken dürften einmal mehr
die Konjunkturdaten in der kommenden Woche liefern. Von besonderem Interesse ist
in diesem Zusammenhang der ifo-Geschäftsklimaindex am Dienstag. Dieser dürfte im
Vergleich zum Vormonat leicht gesunken sein. Analysten verweisen in diesem
Zusammenhang auf die beschlossene Mehrwertsteuererhöhung. Einen Hinweis darauf,
dass der ifo-Index eine Abschwächung des Wachstums signalisieren wird, habe der
im Juni nochmals gesunkene ZEW-Index der Konjunkturerwartungen geliefert. Eine
gewisse Bedeutung dürfte darüber hinaus den deutschen Konsumentenpreisen am
Montag zukommen. Hier erwarten Volkswirte ein deutliches Anziehen der Kernrate,
nachdem sie im Mai auf ein Zwischentief von 0,4% zurückgefallen war.
Zudem wird am Mittwoch das Geldmengenwachstum M3 für Mai in der Eurozone
mitgeteilt, das sich in den vergangenen Monaten wieder beschleunigt hat. Am
Freitag stehen dann noch die deutschen Einzelhandelsumsätze für Mai und die
Daten zu Geschäftsklima und Verbrauchervertrauen in der Eurozone an.
Auf US-Seite sind die zunehmend wichtiger werdenden Daten zum Absatz an Neu- und
Bestandsbauten am Montag und Dienstag von Bedeutung. Diese dürften erneut eine
Abschwächung des US-Immobilienmarktes signalisieren. Hinzu kommt die dritte
Veröffentlichung des US-BIP am Donnerstag sowie am Freitag die persönlichen
Einkommen und Ausgaben, ergänzt durch den Chicago-Einkaufsmanagerindex.
Ungeachtet der Daten spricht die technische Lage weiterhin gegen den Dollar.
Nach wie vor gilt nach Ansicht von Analysten das Szenario einer Doppel-Top-
Formation mit Ziel 1,2450 USD. Zudem trifft der Euro nach oben hin bei 1,2685
USD und 1,2740 USD auf hartnäckige Widerstände. Auch die weiterhin hohe Euro-
Long-Positionierung ist nach Ansicht von Devisenanalysten ein Warnsignal, denn
sie spreche dafür, dass die Korrektur noch nicht abgeschlossen ist.
DJG/mif/bek/pes
Gruß Pichel