FTD: Anleger zittern vor Quartalszahlen 17.01.2009 - 09:17
Die Banken haben die Börsianer zuletzt schockiert. Nächste Woche erwarten Experten auch außerhalb des Finanzsektors extrem schlechte Quartalszahlen - Aktienkurse dürften darum weiter fallen und Anleihen stark gefragt sein. Werbung
Die Finanzkrise ist mit voller Wucht zurück. Nach einer erneuten Flut von Milliardenabschreibungen bei Banken werden die Investoren wieder extrem vorsichtig. Das dürfte nächste Woche nicht besser werden. Analysten warnen davor, dass anhaltend schlechte Nachrichten aus dem Finanzsektor auf beiden Seiten des Atlantiks sowie schlechte Konjunkturmeldungen Anleger aus den Aktien treiben.
Gefragt sein dürften dagegen relativ sichere Staatsanleihen sowie Bankenpapiere, die von den Regierungen garantiert sind. Doch gerade in Europa schauen die Anleger derzeit besonders aufmerksam auf die Bonität der Staaten.
Die Ruhe an den Finanzmärkten um den Jahreswechsel war damit trügerisch. Nach nur wenigen Tagen des neuen Jahres ist mit den hohen Abschreibungen bei der Deutschen Bank, der Citigroup und der Bank of America bei vielen Anlegern die Sorge gewachsen, dass die großen Institute noch immer das Gröbste nicht überstanden haben.
In Amerika dehnt die Regierung daher bereits ihren Rettungsmaßnahmen für die Banken aus. Damit tritt der künftige US-Präsident Barack Obama am Dienstag sein Amt in ungünstigen Zeiten an. In ruhigeren Jahren konnte ein Neueinzug ins Weiße Haus die Aktienmärkte schon mal über längere Zeit beflügeln. Nun droht die erwartete Verabschiedung eines neuen Konjunkturpakets in den Marktturbulenzen unterzugehen.
Nur die Ausweitung des Bankenrettungspakets in den USA verhalf am Freitag den deutschen Aktienindizes noch zu einem Miniplus. Am Ende fielen die Verluste im Wochenvergleich genau wie in New York drastisch aus. "Dies ist der schlechteste Börsenstart in ein neues Jahr seit 40 Jahren", schreiben die Aktienstrategen der DZ Bank in einer Analyse.
Der Dax verlor diese Woche 8,7% auf 4366 Punkte und stoppte damit seinen kleinen Höhenflug vom Jahresanfang abrupt. Seit Jahresbeginn hat er bereits 444 Zähler eingebüßt. Der Stoxx 50 verlor 8,3%. In den USA sank der S&P 500 um 4,5 %.
Die Wirtschaftsdaten und Banknachrichten zeigen nach Ansicht von Carsten Klude, Chefvolkswirt von M.M. Warburg nur eins: "Die Finanzkrise ist nicht vorbei." Selbst mit einer Bad Bank, die den Instituten verlustreiche und riskante Wertpapiere abnehmen könnte, gebe es keine schnelle Lösung. Solche eine Auffanglösung wird derzeit in den USA und Deutschland diskutiert.
Angesichts der Abschreibungen bei den Banken und anhaltend schwacher Konjunkturdaten gibt es wenig Hoffnung auf positive Unternehmensmeldungen in Amerika. "Weitere Unwägbarkeiten gehen von der US-Berichtssaison für das Schlussquartal 2008 aus, so dass weiterhin keine Entwarnung für die Aktienmärkte gegeben werden kann", schreiben die DZ-Bank-Experten.
In der nächsten Woche geben Konzerne wie Google, Apple, Nokia oder General Electric ihre Quartalszahlen bekannt. "Die US-Märkte sind auf die schlechtesten Quartalszahlen in der Geschichte vorbereitet", sagte Peter Cardillo, Ökonom bei Avalon Partners. "Es wird zweistellige Verluste geben."
Die Aktienmärkte näherten sich den Tiefstständen vom Oktober und November des vergangenen Jahres. Eine große Verunsicherung macht David Dropsey, Börsenanalyst bei Thomson Financial aus. "Es gibt eben kaum noch Sicherheiten und deshalb sind die Märkte auch so volatil", sagte er.
Zuletzt sind die Marktbewegungen in Deutschland kaum noch von langfristigen Anlegern getragen worden. "Es ist unheimlich schwierig, jetzt Investoren zu finden", sagte Klude. "Strategische Anleger aus der Fonds- oder Versicherungsbranche halten sich weitgehend zurück, Händler und kurzfristig orientierte Trader dominieren das Marktgeschehen", sagte auch Werner Bader, Aktienstratege der LBBW. "Mit nachhaltig steigenden Aktiennotierungen ist vorerst kaum zu rechnen, wesentlich wahrscheinlicher sind in den kommenden Wochen stark schwankende Notierungen mit in der Summe eher negativen Vorzeichen."
Die schwindende Risikofreude dürfte auch in den nächsten Wochen die Kurse von Staatsanleihen nach oben treiben. Dadurch werfen die Papiere jedoch immer weniger ab, weil Rendite und Kurs sich bei Anleihen gegenläufig entwickeln. "Die Bilanzzahlen der Banken dürften weitere Hiobsbotschaften bereit halten", erwartet etwa die Anleihespezialistin bei Unicredit, Chiara Cremonesi.
Wie Recht sie hat, zeigten am Freitag Gerüchte, wonach auch britische Banken herbe Verluste im vierten Quartal melden werden. Die Aktie von Barclays brach daraufhin um ein Viertel ein. Die Unsicherheit werde Anleihen Antrieb geben, sagte Cremonesi.
Industrieeinbruch setzt Euro zu
Auch schlechte Konjunkturdaten dürften die Nachfrage nach relativ sicheren Papieren steigen lassen - besonders in Europa. In den USA stehen neue Daten zum Immobilienmarkt an, die nach Ansicht von Ökonomen eine weitere Verschärfung der Krise zeigen werden.
Größere Beachtung werden jedoch die Veröffentlichungen aus dem Euroraum bekommen Hier werden am Montag die ZEW-Konjunkturerwartungen von Analysten und Finanzmarktexperten für Deutschland veröffentlicht und am Freitag dürften die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für Frankreich, Deutschland und die Eurozone einen anhaltend scharfen Rückgang der Aktivitäten bei den Industriefirmen signalisieren.
Euro unter Druck
Die einbrechende Wirtschaftleistung und drohende Spannungen zwischen den Staaten im Währungsgebiet setzen derzeit auch den Euro unter Druck. "Die wirtschaftliche Lage im Eurogebiet hat sich dramatisch verschlechtert", sagte Phyllis Papadavid, Währungsexperte bei der Société Générale (SocGen). Hinzu kämen noch die hohe Verschuldung und außenwirtschaftliche Ungleichgewichte in einigen Ländern.
So senkte diese Woche die Ratingagentur Standard&Poor's (S&P) die Bonitätsbewertung Griechenlands herab. Zuvor hatte S&P gewarnt, ähnliche Schritte könnten Irland, Spanien und Portugal bevorstehen. "Diese Länder können nicht mehr ihr Landeswährung nutzen, um ihre Handelsdefizite abzubauen", sagte Papadavid. Die SocGen-Experten erwarten wie auch andere Analysten, dass der Euro gerade zum Dollar nächste Woche verlieren sollte. |