Finanzier für den Mittelstand Artikel erschienen am 14. August 2005 Hans O. Mahn schuf mit Albis einen der größten deutschen Leasingkonzerne. Jetzt plant er Firmenübernahmen im großen Stil und einen zweiten Börsengang Die Albis kennt doch kein Schwein." Hans O. Mahn sagt das lächelnd, fast fröhlich. Wie einer, der sich seiner Sache so sicher ist, daß es schon mal zu großer Gelassenheit und Selbstironie reicht.
Vielleicht auch einfach nur wie einer, der gerade drei Wochen im Urlaub war und an seinem zweiten Tag im Büro alles noch ein bißchen von außen sieht.
Assistent und Marketingleute am Konferenztisch sind kurz irritiert. Es geht um die neue Werbekampagne und den Slogan. "Die Albis. Liquidität für den Mittelstand" lautet der. Albis, meint Mahn, das könne auch ein Berg in den Alpen sein. Ob man nicht doch besser das Wort "Leasing" dazuschreiben sollte?
Mahn ist Vorstandschef, Gründer und Mitinhaber der Albis Leasing mit Sitz in Hamburg. Vor gut 15 Jahren hat er mit der Firma angefangen, heute ist sie der größte konzern- und bankenunabhängige Leasingkonzern Deutschlands mit einer Bilanzsumme von knapp einer Milliarde Euro und einem jährlichen Neugeschäft von mehr als 600 Millionen Euro. Und Mahn will mehr. Die Albis, zu der auch der Mietwagenverleih Budget gehört, soll weiter wachsen. Gerade arbeitet Mahn an Firmenübernahmen. Ende dieses Jahres bringt er sein Emissionshaus Rothmann an die Börse. Die Albis selbst ist seit sechs Jahren in Frankfurt notiert.
Fragt man Mahn nach seiner Vision, fragt man ihn, wo sein Unternehmen stehen soll, wenn er 2009 als 60jähriger den Vorstand verläßt, dann sagt er schlicht: "Wir wollen der größte unabhängige Finanzdienstleister für den deutschen Mittelstand werden."
Auch dieser Satz klingt freundlich. Und nur, wer sein Geschäft durchschaut, weiß, daß der angenehme Gesprächspartner sich geschickt auf Winkelzüge versteht und hart kalkuliert. Mahn ist ein kleiner Mann, der offenkundig viel Wert auf ein gepflegtes Äußeres legt und im Inneren ähnlich aufgeräumt zu sein scheint. Er lebt unaufwendig in einem umgebauten Bauernhaus in der Nordheide, hat fünf Kinder, das jüngste ist gerade 13. Sein einziger Luxus sind seit neuem eine Wohnung in der Hamburger Innenstadt und eine Segeljolle, die er bei Ebay ersteigert hat.
Ein Hanseat in zwölfter Generation. Der Vater war Kaufmann, handelte mit Schellack und Kautschuk. Mahn junior war das "nicht modern genug". Irgendwann, während seiner Kaufmannslehre, stieß er auf einen Artikel über die US-Firma Leasco. Das war es, was er wollte.
Der Riecher war richtig. Leasing (zu deutsch: Kauf auf Raten) ist in Deutschland inzwischen ein Milliardenmarkt, der rasant weiterwächst. Für mehr als 40 Milliarden Euro kauften die Deutschen im vergangenen Jahr Autos, Lastwagen, Computer, Maschinen und Anlagen auf Raten. Bis 2010 rechnet die Branche damit, daß der Markt für sogenanntes Mobilien-Leasing auf bis zu 50 Milliarden Euro ansteigt. 2005 erwartet der Branchenverband BDL eine zweistellige Wachstumsrate.
Der Grund für den anhaltenden Boom ist vor allem darin zu suchen, daß der Mittelstand mit einer immer restriktiveren Kreditpolitik der Banken zu kämpfen hat und wenig geneigt ist, viel Geld im Fuhrpark zu binden. "Der Mittelstand muß angesichts seiner Eigenkapitalausstattung zwangsläufig auf Leasing zurückgreifen", sagt Mahn. Alles eine Frage des Finanzierungsmixes.
Das gilt nicht zuletzt auch für die Albis selbst. Denn die Geschäfte des Herrn Mahn sind, so freundlich er auch wirken mag, hochkomplex. Der Leasingmarkt ist für einen wie ihn eigentlich nicht gemacht. Das Sagen haben die Firmen, die im Hintergrund einen großen Autokonzern oder eine Bank haben, die ihnen die Refinanzierung ihrer Projekte leicht machen. Unabhängige Anbieter haben dagegen schwer mit Finanzierungsengpässen zu kämpfen.
Mahn mischt trotzdem mit, dank einer sehr eigenwilligen Konstruktion. Als er 1990 startete, hatte keine Bank, also bastelte er sich selbst eine. Die Albis Leasing hat zwei Säulen. Neben der Leasingsparte, die vor allem im Bereich Autos, Lastwagen und Computer aktiv ist, gibt es den Bereich Fonds & Services, dem Mahns Dauer-Kompagnon Rüdiger Wolff vorsteht. Herzstück des Konzerns ist das Emissionshaus Rothmann, das bei Investoren Geld für geschlossene Fonds auf einem ganz speziellen Sektor sammelt: Leasing. Ein Großteil des Geldes fließt in Albis-Projekte. Damit sind es die Fondsinhaber, die direkt an den Albis-Geschäften beteiligt sind, die Albis-Aktionäre sind es dagegen nur an der Dachgesellschaft.
"Ein sehr intransparentes Geschäftsmodell", kritisiert Oliver Franz, Analyst im Münchener Research-Haus Performaxx, aber es sei auch "sehr ausgefeilt" und schaffe "gute Synergien". Auch Peter Kastell, Analyst bei Fondsmedia in Hamburg, die sich auf die Beobachtung geschlossener Fonds spezialisiert, findet keinen Haken: "Die Rendite-Versprechen sind bis jetzt immer eingehalten worden."
Selbst die Konkurrenz zollt, wenn auch verhalten, Respekt: "Von außen betrachtet ist er ein sehr engagierter Unternehmer, der offensichtlich gute Erfolge in einem Umfeld realisiert, das ganz besondere Herausforderungen stellt", sagt Rainer Goldberg von der IKB Leasing, auch sie spezialisiert auf Mittelstandsfinanzierung.
Mahn lächelt wieder. Ja, ja, das sei alles sehr kompliziert. Aber, sagt er, "ich bin Unternehmer-Unternehmer. Nicht Unterlasser."
Was er unternimmt, funktioniert. Rothmann ist inzwischen der mit Abstand größte Anbieter von Leasingfonds in Deutschland und sechstgrößter Anbieter von geschlossenen Fonds überhaupt. Ende des Jahres soll das Haus an die Börse; Analysten wie Franz halten langfristig eine Börsenkapitalisierung von bis zu 100 Millionen Euro für möglich.
Nach und nach hat Mahn sich ein kleines Imperium zusammengekauft. Wie viele Firmen genau, kann selbst er nicht mehr aus dem Kopf sagen. Prominentester Fall ist der US-Autovermieter Budget, dessen deutsche Lizenz Mahn 2002 erwarb und dessen Marktanteil er seitdem verdoppelt hat.
Die Albis macht heute alles, was geht in Sachen Leasing, längst nicht nur das klassische Pkw- und Lkw-Leasing. Sie refinanziert andere mittelständische Leasinggesellschaften, hilft Autohändlern beim Aufbau eines eigenen Leasinggeschäfts und arbeitet an der Marktführerschaft bei Ratenzahlung im Internet.
Inzwischen hat der Konzern es nach einem vorläufigen Ranking des BDL sogar insgesamt unter die ersten zehn geschafft. Wenn auch mit weitem Abstand hinter Volkswagen-Leasing, die mit mehr als fünf Milliarden Euro Neugeschäft auf Platz eins steht.
Für das laufende Jahr peilt Mahn eine zweistellige Wachstumsrate für die Albis Leasing an, und er kauft weiter zu. Unter den Codenamen Delphin, Atlas und Hanse wird derzeit verhandelt. Um welche Firmen es geht, und wo sie den Konzern hinführen, darüber will Mahn noch nicht reden und phantasieren. "Erst mal das Gewehr haben", sagt er. Dann könne man sich Gedanken über das Schießen machen. (Sonja Banze)
(Quelle: http://www.wams.de/data/2005/08/14/759842.html ) |