quelle: http://www.mdr.de/umschau/aktuell/4570458.html Wenn Arbeitnehmer mit immer weniger auskommen müssen 3,967 Millionen Menschen ohne Job zählte die Bundesagentur für Arbeit im April 2007 – damit war der niedrigste Stand seit Oktober 2002 erreicht. Doch an vielen Arbeitslosen geht der konjunkturelle Aufschwung vorbei. Nach wie vor müssen sie Dumpinglöhne in Kauf nehmen, um in Lohn und Brot zu kommen.
§ Im thüringischen Ohrdruf haben die Mitarbeiter der Firma Hermes, eines Tochterunternehmens des Otto-Versands, erfahren, dass ihre Löhne drastisch gekürzt werden sollen. Unter ihnen Frank Fiebig, er wandte sich an die UMSCHAU. "Da wurde uns mitgeteilt, ihr seid zu teuer. Wir sind nicht marktüblich. Wir haben zwar die Mieten für die Halle auf marktübliche Preise senken können, aber die Löhne sind noch zu hoch. Jetzt will man an den Besitzstand ran. Das heißt also, dass Leute 30 bis 40 Prozent weniger Lohn haben. Mich persönlich betrifft es mit über 1.000 Euro, die ich weniger hätte." Frank Fiebig Was hier in Ohrdruf geplant ist, ist nur der vorläufige Höhepunkt eines systematischen Lohnabbaus. Dieser begann bereits 2004. Damals wurden die Otto-Mitarbeiter dem Tochterunternehmen Hermes angegliedert. Die Mitarbeiter mit einem alten Vertrag von Otto behielten vorerst ihren Stundenlohn - gestaffelt ab 10,50 Euro. Alle neu Eingestellten bekamen einen Hermes-Vertrag und damit einen Stundenlohn von nur noch 7,50 Euro. Außerdem gibt es auch noch Leiharbeiter, die ab 4,50 Euro pro Stunde arbeiten.
Die Folge: Es existiert eine Drei-Klassen-Gesellschaft in der Firma. Die 200 alten Mitarbeiter sind zurzeit noch privilegiert, aber sie haben ständig vor Augen, dass es da noch die billiger wirtschaftenden Arbeitnehmer gibt. Das macht erpressbar, denn wer nicht kooperiert, kann schnell ersetzt werden.
Vor diesem Hintergrund wunderte Frank Fiebig die Ankündigung von Hermes, dass die Verträge der alten Mitarbeiter 2007 aufgehoben und diese künftig auch nach dem neuen Vertrag entlohnt werden, nicht sonderlich. Frank Fiebig hatte bislang einen vergleichsweise guten Lohn. Er hat zwei Meisterabschlüsse und arbeitet in der Warenendkontrolle. Für ihn wird die Kürzung daher besonders drastisch ausfallen: Er verliert voraussichtlich 1.100 Euro seines Bruttogehalts. Das entspricht etwa 45 Prozent. "Der Otto-Konzern hat im Jahr 2005 14,4 Milliarden Umsatz gemacht. Dr. Michael Otto ist der drittreichste Mann Deutschlands, der vierzigreichste in der Welt. Die Mitarbeiter verdienen für ihn das Geld. Das stellt er selbst alles ins Internet. Es ist einfach nicht nachvollziehbar, warum das jetzt sein muss." Wir wollen von Hermes wissen, warum im Unternehmen so drastisch gekürzt werden soll. In der Firmenzentrale in Hamburg heißt es, man könne sich ohne diese Maßnahmen nicht am Markt behaupten. "Natürlich ist es ein riesiger Schritt, der da im Einzelfall passieren muss. Wir haben aber mit den Mitarbeitern sehr klar über die Alternativen gesprochen. Wir haben ihnen, glaube ich, klar machen können, wenn wir keine Veränderungen vornehmen, dann werden wir uns mit diesem hohen Lohnniveau im Markt nicht behaupten können. Und wenn wir uns mit dem Unternehmen im Markt nicht behaupten können, dann können wir auch Arbeitsplätze auf Dauer nicht erhalten."
Caroline Guiderola 3,50 Euro Stundenlohn brutto Ein weiterer Fall: Die 21-jährige Caroline Guiderola arbeitete bei der Fastfood-Kette Subway in Erfurt am Bahnhof. Subway ist ein Franchise-Unternehmen, das heißt, jede Filiale hat ihren eigenen Betreiber. Subway am Bahnhof ist bekannt dafür, vorwiegend mit Aushilfen und Minijobbern zu arbeiten. Auch Caroline war eine Aushilfe. Offiziell hatte sie einen Minijob mit 20 Arbeitsstunden pro Woche. Rechnet man die Mehrarbeit hinzu, dürfte der Stundenlohn von Caroline Guiderola und ihren Mitstreitern bei etwa 3,60 Euro brutto gelegen haben. Dafür durfte sie tage- und nächtelang arbeiten, bis zu 16 Tage hintereinander. "Also das erste Mal richtig Unmut kam auf, als es den ersten Lohn geben sollte. Der lag bei mir bar im Spind, einfach in einem Umschlag ohne Lohnabrechnung. Da kann ja jeder ran. Ich wusste gar nicht, wie viel ich kriegen sollte. Es wurde einfach eine runde Summe ausgezahlt. Das kam mir sehr komisch vor. Da war ich auch wütend, es waren auch alle anderen wütend, weil nicht nur ich zu wenig gekriegt habe." Caroline Guiderola Im Unterschied zu den anderen hat sie sich Caroline Guiderola gewehrt und ihren Chef mit Erfolg verklagt. Er hat ihr die Überstunden bezahlt. Mittlerweile hat sie einen Job gefunden, der ihr Spaß macht und nach Tarif bezahlt wird. |