Aldi will angeblich Bierdosen verbannen
Mehrere Einzelhändler wollen ab Januar keine Plastikflaschen und Dosen mehr verkaufen, um der umstrittenen Pflicht zur Rücknahme zu entgehen. Neben einer Edeka-Gesellschaft will sich angeblich auch Aldi Süd so in die Front der Anti-Pfand-Protestler einreihen. Coca-Cola reagiert auf den drohenden Umsatzeinbruch - und verordnet Kurzarbeit.
Berlin/Mülheim - Der Geschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe, Jürgen Resch, sagte am Montag, zuverlässige Quellen bei Aldi Süd hätten ihm von dem Vorhaben berichtet. Demnach wolle der Südzweig der bundesweit größten Discounter-Kette ab dem 1. Januar alle Getränke in dann pfandpflichtigen Einwegverpackungen aus dem Sortiment nehmen. Aldi Süd lehnte auf Anfrage jede Stellungnahme ab. Man gebe grundsätzlich keine Auskunft zum Dosenpfand. Bisher verkauft Aldi Bier und Erfrischungsgetränke aus Kostengründen ausschließlich in Einwegverpackungen. Auf diese müssen ab 1. Januar 25 Cent (für kleine Dosen oder Wegwerfflaschen) oder 50 Cent (für Flaschen ab 1,5 Liter) Pfand erhoben werden. Bei Rückgabe der leeren Packungen gibt es das Geld zurück.
"Die einzige Möglichkeit""
Auch Edeka-Südwest aus Offenburg will zum neuen Jahr Getränkedosen, Pet-Flaschen und Einweg-Gebinde aus den Regalen verbannen. Man werde dies den Filialen und Regiebetrieben empfehlen, sagte Duschan Gert, Pressesprecher der Edeka-Südwest in der "Badischen Zeitung". "Wir werden uns gesetzeskonform verhalten", betonte Gert zwar. Ohne ein bundesweites Pfandsystem sei es aber für die Edeka-Händler unmöglich, die Dosen zurückzunehmen. Sie aus den Regalen zu nehmen, sei die einzige Möglichkeit, mit dem Problem umzugehen.
Bereits jetzt hat der Coca-Cola-Konzern wegen des erwarteten Umsatzeinbruchs ab Januar die Produktion bei Getränkedosen und Wegwerfflaschen zurückgefahren. Ein Sprecher des Abfüllers Coca-Cola Erfrischungsgetränke AG in Berlin sagte, in einigen Unternehmensteilen sei Kurzarbeit angemeldet worden. Gleichzeitig werde jedoch mehr in Mehrwegflaschen abgefüllt, um den Bedarf zu decken.
... und auf jede Dose ein Sticker?
Der Hauptverband des Deutschen Einzelhandels (HDE) warnte denn auch, wenn Händler gar keine Getränke in Einwegverpackungen mehr anböten, könne dies Tausende von Arbeitsplätzen bei den Abfüllern kosten. Zugleich schlug der HDE ein neues Kapitel im Dauerstreit um das Dosenpfand aufgeschlagen: Erstmals empfahl er deutschen Händlern, ab 1. Januar jeweils nur die Dosen und Wegwerfflaschen zurücknehmen, die sie selbst verkauft haben.
Im Rahmen dieser so genannten "Insellösungen" soll das Pfand künftig auf dem Kassenzettel vermerkt werden. Auch sei möglich, dass der Händler die beim ihm verkauften Dosen und Flaschen mit einem Aufkleber kennzeichnet. Verbraucher können die Behälter dann nur zu "ihrem" Händler zurückbringen. In der Verpackungsverordnung ist allerdings ausdrücklich eine Rücknahme bei jeder Verkaufsstelle vorgesehen. Die Aufsichtsbehörden der Länder und Bundesumweltminister Jürgen Trittin (Grüne) wollen diese kleinen Lösungen zwar akzeptieren, allerdings nur für eine Übergangszeit.
"Wir sind mit unserem Latein am Ende"
Vor zwei Wochen hatte der HDE Trittin noch vorgeschlagen, ein bundesweites Rücknahmesystem mit Pfandmarken (Token) vorzubereiten. Da dies erst im Sommer funktionieren könne, solle der Vollzug der Pfandpflicht zum 1. Januar ausgesetzt werden, so der Verband damals.
Nun erklärte der HDE, die Errichtung des bundeseinheitlichen Pfandsystems sei unter anderem auf Grund von Bedenken des Bundeskartellamts unmöglich. Das Amt habe dem Verband mitgeteilt, dass es ein bundeseinheitliches Verrechnungssystem (Clearingstelle) nur unter scharfen Auflagen genehmigen würde. Dafür verlange das Amt die Zustimmung aller Marktbeteiligten. Diese sei wegen unterschiedlicher wirtschaftlicher Interessen keinesfalls erreichbar, so HDE-Sprecher Hubertus Pellengahr. "Wir sind mit unserem Latein am Ende. Da ist die Politik am Zuge."
Das Bundeskartellamt selbst sieht die Lage offenbar weniger kritisch. Eine Sprecherin erklärte auf Anfrage, man sehe keine unüberwindlichen Hindernisse, die den Aufbau des Rücknahmesystems stoppen könntebn. Eine kartellrechtliche Freistellung sei durchaus möglich, wenn alle betroffenen Branchen zustimmten. Auch Umweltminister Trittin erwartet nach Angaben eines Sprechers, dass die Wirtschaft ein rechtskonformes Pfandsystem aufbauen wird. |