Gute Konjunkturdaten und die Hoffnung auf eine deutliche Zinssenkung der US-Notenbank Fed lassen Aktieninvestoren optimistisch auf die kommende Woche blicken. Für die Staatsanleihen dürfte es Experten zufolge aber weiter abwärts gehen. Trotz einer überdurchschnittlichen Börsenentwicklung in 2006/7 sind viele Nebenwerte derzeit weiterhin stark unterbewertet.Vor diesem Hintergrund sind die Aktien mit einem 2008er-KGV von 6 ein wahres Schnäppchen, das sich mittelfristig zu einem echten wert entwickeln .Am Markt ist schon eingepreist, dass die US-Notenbank den Leitzins am Dienstag um 25 Basispunkte senken wird. Viele Händler und Investoren in den USA erwarten jedoch, dass Fed-Chef Ben Bernanke noch kräftiger an der Zinsschraube dreht. "Eigentlich hoffen alle auf die 50 Basispunkte", sagte Ryan Detrick, technischer Stratege beim Analysehaus Schaeffer's Investment Research. Markstrategen aus Deutschland rechnen mehrheitlich jedoch nur mit einer Zinssenkung um 25 Basispunkte.
In der laufenden Woche beendeten alle wichtigen Börsen im Plus: Der S&P 500 gewann 1,9 Prozent, der Nasdaq Composite 1,7 Prozent. Der Dax sprang mehrmals über 8000 Punkte und beendete die Woche mit einem Plus von 1,6 Prozent bei 7994,07 Punkten. Der EuroStoxx 50 legte auf Wochensicht 1,2 Prozent zu, der Nikkei 225 1,8 Prozent.
Gute US-Arbeitsmarktdaten sorgen für gute Laune
An der Wall Street macht sich langsam Feiertagsstimmung breit - auch dank der am Freitag veröffentlichten Arbeitsmarktdaten, die überraschend gut ausgefallen sind. 94.000 neue Stellen sind im November außerhalb der Landwirtschaft entstanden. Analysten hatten im Schnitt 85.000 erwartet. Zudem revidierte das Arbeitsministerium in Washington seine Angaben für den Vormonat nach oben. Alfred Goldman, Chefstratege des US-Brokerhauses A.G. Edwards, nennt diese Zahlen "perfekt": "Wenn die Zahl der Jobs eingebrochen wäre, hätte dies die Angst vor einer Rezession geschürt. Wenn der Zuwachs zu hoch ausgefallen wäre, hätten wir die Zinssenkung gefährdet gesehen."
Neben dem Treffen der Fed schauen die US-Börsianer auch auf die anstehenden Inflationsindikatoren: Am Donnerstag wird der Produzentenpreisindex veröffentlicht, am Freitag der Konsumentenpreisindex. "Die bislang veröffentlichten Daten lassen darauf schließen, dass wir die Inflation im Griff haben", sagte Detrick. Seiner Ansicht nach werden die Werte daher ein wichtiger Indikator für die Zinspolitik der Fed im kommenden Jahr werden: "Wenn die Daten im Rahmen der Erwartungen liegen, wird die Notenbank die Zinsen in der ersten Jahreshälfte weiter senken."
"Der Markt ist stark unterbewertet"
Selbst wenn die Zahlen nicht im Rahmen der Erwartungen liegen sollten, rechnen Marktbeobachter mit einer Jahresendrally: "Der Markt ist derzeit stark unterbewertet, und zu den Feiertagen hin werden viele zu dem Schluss kommen, dass die Angst vor einer Rezession übertrieben ist", sagte Goldman.
Traditionell verzeichnen die US-Märkte an den letzten fünf Handelstagen vor Weihnachten sowie an den ersten beiden Tagen des neuen Jahres deutliche Kursgewinne. Die "Santa-Claus-Rally" gilt als psychologisch wichtig. Bleibt sie aus, so kündigte das in der Vergangenheit oft einen Bärenmarkt an.
Auch für den Dax ist der Dezember ein guter Monat, sagt LBBW-Analyst Steffen Neumann: "In den letzten vier Jahren wurde im Durchschnitt ein Dax-Anstieg allein im Weihnachtsmonat von 4,4 Prozent registriert - historisch seit 1965 waren es immerhin 1,4 Prozent." Neue Hochs erwartet Neumann in diesem Jahr allerdings nicht mehr. Helaba-Aktienstratege Markus Reinwand dagegen traut dem Dax bis Silvester ein Rekordhoch zu: "Wir bleiben bei unserem Jahresendziel von 8200 Punkten."
Der starke Dax-Anstieg in den vergangenen Tagen hat Reinwand nicht überrascht: "Ein gutes Signal hat uns das schlechte Marktsentiment gegeben, das in der Regel ein brauchbarer Kontraindikator ist", sagte der Stratege. "Die Stimmung war zuletzt richtig ausgebombt, es gab ein hohes Maß an Pessimismus." Am Freitag meldete JP Morgan, dass das Vertrauen der deutschen Privatinvestoren in den Aktienmarkt erneut gesunken ist: Nicht einmal jeder zweite erwartet noch steigende Kurse in den kommenden sechs Monaten.
Die guten Arbeitsmarktdaten hätten die Hoffnung auf eine Zinssenkung um 50 Basispunkte zwar gesenkt, doch der Markt reagiere darauf nicht negativ: "Die Geldmenge wächst weltweit ohnehin sehr stark - es ist also genug Liquidität da, die Anlage sucht", sagte Reinwand. "Außerdem helfen die guten Arbeitsmarktdaten, die Angst vor einer Rezession zu mildern - darauf kommt es letztlich an."
Am Freitag konnte nicht einmal Goldman Sachs den Dax bremsen - die US-Investmentbank hatte den deutschen Leitindex auf "Untergewichten" heruntergestuft. "Solche Nachrichten schocken den Markt meistens nur in Zeiten, in denen die Nervosität ohnehin zunimmt - inzwischen hat der Markt seinen Stimmungsboden aber schon gefunden", sagte Reinwand.
Auch die Aktienanalysten der DZ-Bank blicken optimistisch in die Zukunft: "Die Quartalsberichte zeigen, dass der Gewinntrend bei den Unternehmen intakt ist. Wir empfehlen mit Blick auf das Jahresende und 2008, deutsche und europäische Standardwerte in Schwächephasen zu kaufen", schreiben die Experten in ihrem jüngsten Marktausblick. Die Aktienstrategen der WestLB warnen allerdings vor zu viel Optimismus: "Wir gehen davon aus, dass die Zinsentscheidung Enttäuschungspotenzial für die Aktienmärkte bereit halten sollte und rechnen eher damit, dass sich die Vorzeichen für eine Jahresendrally zum Negativen verändern."
Kaum "Rezessionshoffnungen" der Rentenbullen
Die Abwärtskorrektur bei den Staatsanleihen auf beiden Seiten des Atlantiks dürfte sich diese Woche fortsetzen. Schon am Freitag rutschten die Kurse in der Eurozone kräftig ab, und auch die Treasuries gaben weiter nach. Allein die Renditen zweijähriger US-Staatspapiere legten von Montag bis Freitag erstmals seit Wochen zu. Die US-Arbeitsmarktdaten stellen nach Ansicht der LBBW-Bond-Experten einen deutlichen Dämpfer für die "Rezessionshoffnungen" der Rentenbullen am US-Markt dar.
Beim Bund-Future drohen nach Ansicht der Strategen von HSBC Trinkaus in der kommenden Woche weitere Kursverluste, nachdem der Terminkontrakt die Unterstützungsmarke von 114,47 Zählern nach unten durchbrochen hat. "Wir sehen noch Abwärtsspielraum", sagte Analystin Antje Hansen. Am Freitag hatte der Bund-Future rund einen Punkt eingebüßt, so viel wie lange nicht mehr. Technisch sei der Kontrakt angeschlagen, konstatiert Ralf Umlauf von der Helaba.
"Im Markt war zu viel Pessimismus eingepreist"
Auch Karsten Linowsky, Bondstratege der Credit Suisse, erwartet, dass sich die Korrektur fortsetzt: "Im Markt war zu viel Pessismus eingepreist." Die Flucht in Qualitätspapiere sei zunächst beendet. Auch an den Kreditmärkten ließen die Sorgen etwas nach, und die Anleger bevorzugten wieder risikoreichere Anlagen. "Aber das kann in diesem Umfeld sehr schnell wieder drehen", sagte Linowsky. "Die US-Daten diese Woche bieten viel Überraschungspotenzial."
Der Dollar dürfte nach Ansicht von Strategen sein Erholungspotenzial erst einmal ausgeschöpft haben. "Bei anhaltenden Zinssenkungen der Fed dürfte der Euro zunächst weiter zur Stärke neigen", schreiben die Analysten der Deutschen Bank. Auch aus Sicht der DZ-Bank-Experten werden die am Montag anstehenden US-Daten zu Häuserkäufen und die Handelsbilanz am Mittwoch "dem Dollar vermutlich das Leben schwer machen". Sie erwarten eine Handelsspanne zwischen 1,4450 und 1,4700 $ je Euro. Dagegen gehen die Analysten bei HSBC davon aus, dass die Konsolidierung beim Euro noch nicht ausgestanden ist und sehen die nächsten Unterstützungen bei 1,4525/18 $.
Autor/Autoren: Bernd Mikosch, Doris Grass (Frankfurt) und Jennifer Lachman (New York)
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