Umzug
Die "Love Parade"? Wunderbar – in Berlin
Der Landsberger Grünen-Politiker Hartmann will das Techno-Spektakel an die Isar holen – doch hier ist man skeptisch. Von Jan Bielicki und Michael Schleicher Die Idee kommt aus Landsberg. In dem schmucken Städtchen am Lech ist Ludwig Hartmann Gemeinderat, und als er von der Absage der Berliner Love Parade hörte, meldete sich der Jung-Grüne als erster mit dem Vorschlag, das Techno-Riesenspektakel aus der Hauptstadt doch in die Provinz zu holen. Nein, nicht gleich auf den Landsberger Hauptplatz, aber wenigstens nach München, wo Hartmann studiert und schon einmal für den Landtag kandidiert hat.
Dr. Motte, Vater dieser „größten Friedensmusikveranstaltung“ (Motte über die Love-Parade), hat Hartmanns Vorschlag mit Wohlwollen vernommen: „Wenn wir damit nach München kommen könnten – warum nicht?“ Im Interview mit der SZ (siehe unten) fordert er Hartmann jedoch auf, das Angebot zu kalkulieren. „Wir brauchen Fakten, sonst können wir nicht entscheiden.“ Vor 2005 wird es mit der Techno-Party an der Isar sowieso nichts werden. Zunächst, sagt Dr. Motte, wollen die Veranstalter nochmals prüfen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gebe, wieder in Berlin zu feiern.
Ein Asylangebot für den Riesen-Rave gibt es indes nicht nur vom Landsberger Gemeinderat Hartmann: Auch Hamburg, Düsseldorf, Stuttgart, Dresden und Leipzig hätten Interesse bekundet, erklärt Sünje von Ahn, Sprecherin der Love-Parade Berlin GmbH: Offizielle Angebote aus diesen Städten lägen aber noch nicht vor.
Auch die Stadt München weiß noch gar nichts von ihrem Techno-Glück und begegnet den Landsberger Geistesblitzen eher reserviert. „Eine pfundige Idee“, spottet etwa Jens Mühlhaus, der grüne Stadtrat und Erfinder der Blade Nights. Nur: „Es wird eine lustige Idee bleiben.“ Denn natürlich stoße ein Großspektakel in München auf ähnliche Probleme wie in Berlin: „Ich kann mir nicht vorstellen, dass das hier mit den Sponsoren leichter wird“, sagt Mühlhaus – schon die BladeNight hat ja Schwierigkeiten, Geld aufzutreiben (siehe unten).
Und da ist noch die Sache mit dem Müll, um den die Berliner Paradisten mit dem Berliner Senat streiten: Die Hinterlassenschaften der Tänzer zu beseitigen, wird auch in München nicht kostenlos sein.
Denn für Großveranstaltungen gibt es Auflagen. „Die Love Parade wäre willkommen, sich anzumelden“, lädt Kreisverwaltungsreferent Wilfried Blume-Beyerle ein, „wir erlassen dann den Bescheid, wie bei allen anderen vergleichbaren Großveranstaltungen.“ Natürlich könne man sich über die Route einigen, über die Anzahl der Ordner, aber klar ist für Blume-Beyerle auch: „Die Abfallbeseitigung zahlt der Verursacher.“
Und das kann teuer werden: Bei Veranstaltungen mit vielen zehntausend Teilnehmern ist etwa das Aufstellen von Klohäuschen vorgeschrieben, und auch sonst bleibt erfahrungsgemäß Abfall tonnenweise liegen: „Da sind ganz schnell sechsstellige Euro-Summen beisammen“, rechnet der Referent, weil den gebührenfinanzierten Abfallbetrieb der Stadt ja irgendjemand bezahlen muss.
Dass die Stadt Steuergelder ins Tanzvergnügen steckt, ist in Zeiten knapper Kassen so gut wie ausgeschlossen: „Wir verlangen ja von jedem Kuchenstraßenfest Gebühren“, sagt Stadtrat Mühlhaus, da sei eine großzügige Ausnahme für tanzende Massen „kaum vertretbar“. Auch der für Standortwerbung zuständige Wirtschaftsreferent Reinhard Wieczorek winkt ab: „Wir sollten erst einmal versuchen, unsere Blade Nights zu retten.“
Skeptisch reagiert auch die Münchner Szene auf den Grünen-Vorstoß. Viele stören sich an der zunehmenden Kommerzialisierung der Love-Parade in den vergangenen Jahren. Peter Wacha vom Münchner Label „Disko B“ kritisiert, dass die Veranstaltung „zu weit von der Szene weggekommen“ sei. Und Club-Chef David Süß meint: „Einerseits fände ich es schon spaßig, wenn so etwas in München möglich wäre.
Andererseits würde ich mir wünschen, dass die Grünen mehr Einsatz bei Sachen zeigen, die hier bei uns direkt entstehen.“ Auch sein Bruder Peter – sie betreiben zusammen mit zwei Kollegen das „Harry Klein“ – ist skeptisch: „Die Veranstaltung auf Biegen und Brechen zu importieren ist ein bisschen billig. Viel interessanter ist es da, aus der Stadt heraus selbst etwas zu entwickeln und auf die Beine zu stellen. Das Angebot ist doch größer denn je: Wir brauchen keine Love-Parade.“
Für Tom Hilner gehört der Techno-Umzug nach Berlin – „in München gibt es keine geeignete Strecke.“ Hilner gehörte zwischen 1998 und 2001 zu den Veranstaltern des Union Moves, der Münchner Techno-Parade, die jährlich zwischen 40000 und 80000 Besucher anzog: „Ich kann nicht verstehen, dass die Berliner Stadtverwaltung keinen Zuschüsse gewähren will. Die Love-Parade bringt Gewinne fürs Image und die Wirtschaft.“ Der Union Move sei allerdings auch an den Kosten und städtischen Auflagen gescheitert: „Wir hatten damals die gleichen Probleme wie jetzt die Berliner.“ ---------------- Die Parade wird sicher wieder in Berlin stattfinden. Ist doch jedes Jahr das Gleiche, erst wird ums Geld geschachert und dann gehts doch... S. |