der Betrug war? Nicht etwa Wirecard?
das ist für mich seit 5 Jahren die sehr viel wahrscheinlichere Version
so ähnlich postet nun auch vmtl ein Mitarbeiter von csfa .... so ganz ohne tics wäre untypisch
csfa. @csFraudAnalysis #wirecard
Die Wahrheit stand schon in der Bilanz
Warum der Wirecard-Prozess auf eine Fiktion hereinfällt, die es nie gebraucht hätte
Von Ingo Walcher
Das Geschäftsmodell von Wirecard war lange schwer zu verstehen – und leicht zu akzeptieren. Jedenfalls für Prüfer, Aufseher, Analysten, Banken, Investoren, Journalisten. Und für die Staatsanwaltschaft, zumindest solange es um die schöne Ordnung ging. Erst als es schiefging, begann man, das Modell zu hassen – und behauptete plötzlich, es habe nie existiert.
Die These, die nun seit mehr als zwei Jahren durch Gerichtssäle und Leitartikel getragen wird, lautet: Wirecard hat ein Geschäft erfunden, um eine Bilanz zu fälschen. Das sogenannte Drittpartnergeschäft – angeblich ein reines Konstrukt. Eine Bühne, auf der Kunden, Umsätze und Zahlungsflüsse niemals real aufgetreten sind.
Doch vielleicht war es nicht die Bühne, die erfunden war, sondern die Geschichte, die man heute darüber erzählt.
Das Modell war nie unsichtbar. Nur unbequem.
Wer den Geschäftsbericht 2012 liest – oder den von 2007, wer sich das Urteil aus dem Nichtigkeitsprozess gegen den Abschluss von damals anschaut, wer verstehen will, warum 73 Millionen Euro an Forderungen bei praktisch null Zinsertrag offenbar völlig in Ordnung waren, der erkennt: Das, was später als „Täuschung“ verkauft wurde, war zuvor das Geschäftsmodell.
Ein Modell, das sich um regulatorische Grenzen herumschlängelte, das Partnerschaften mit Lizenzträgern in Drittstaaten einging, das selbst keine Händlerbeziehung führte, aber an der Zahlungsabwicklung verdiente. Technisch, smart, leicht schattig – und keineswegs geheim.
Es stand in der Bilanz. Wortwörtlich.
„Der Vertrag mit dem Endkunden wird vom Vertragspartner des Händlers abgeschlossen, der über eine entsprechende Banklizenz verfügt.“ (Wirecard Jahresbericht, 2012)
Wie konnte aus einer öffentlich erklärten Konstruktion ein Beweisstück für Betrug werden?
Die rückwirkende Kriminalisierung des Gewöhnlichen
Die Antwort ist einfach, und deshalb plausibel: Weil man nur dann eine klare Schuld zuweisen kann, wenn man die Komplexität vorher wegräumt. Wer Wirecard verstehen will, muss sich mit High-Risk-Märkten beschäftigen, mit Drittpartnermodellen, mit asiatischer Zahlungsabwicklung, mit Banklizenz-Arbitrage und mit Treuhandkonstruktionen. Das ist mühsam. Viel einfacher ist die Geschichte von der Erfindung: Da war nichts – also war es Betrug.
Doch 2017 tauchen die Treuhandkonten erstmals in der Bilanz auf. Die Forderungen steigen – ja. Aber auch das Geschäftsvolumen wächst. Die Prüfung von EY? Weiterhin positiv. Die Transparenz? Ausbaufähig, aber nicht verschwunden. Niemand fragte wirklich, woher das Geld kam. Alle freuten sich, dass es kam.
Dass man heute so tut, als sei diese Intransparenz ein bewusst inszeniertes Täuschungsmanöver, ist eine Art intellektuelle Selbstamnestie der Institutionen: Wir haben nichts gewusst, weil es nichts gab. Es ist einfacher, sich getäuscht zu glauben, als sich zu erinnern, dass man einfach nicht hingeschaut hat.
Wenn das Modell von Anfang an bekannt war – was bleibt dann von der Anklage?
Die juristische Konstruktion der Anklage funktioniert nur unter einer Voraussetzung: Dass das Drittpartnergeschäft von Anfang an ein Betrug war – ein leeres Gefäß, das mit gefälschten Kontosalden und Fantasieumsätzen gefüllt wurde. Nur dann ist Braun der Täter, nicht das Opfer. Nur dann hat er Bilanzen gefälscht – und nicht einfach auf die Testate der Wirtschaftsprüfer vertraut.
Doch was, wenn das Geschäftsmodell real war – nur schwer zu prüfen?
Was, wenn es die Partner gab, nur eben in einer Sphäre, in der Transparenz selten ist?
Was, wenn die Fiktion nicht das Geschäft war – sondern die Anklage? |