DJ: MARKTUMFRAGE/Verlassen des DAX-Abwärtstrends nicht in Sicht FRANKFURT (Dow Jones)--Die Börsen haben momentan viel zu verarbeiten, eine Hiobsbotschaft jagt die andere. Kursbewegungen - die ansonsten innerhalb von Wochen zu beobachten sind - werden innerhalb von Stunden abgearbeitet. Die Aktien der Big Banks aus Europa und den USA weisen Tagesschwankungen jenseits der 100% auf, was rational kaum zu erklären ist. Aber auch der Devisenmarkt und die Rohstoffpreise sind kräftig ins Schwanken geraten - alles ist in Unruhe.
In den kommenden Tagen wird sich zeigen, ob das Rettungspaket der US-Regierung zu einer Beruhigung am Kapitalmarkt führen kann. Ein Blick auf die Charts zeigt, dass es zumindest zu einem kurzfristigen Aufatmen in den Aktienindizes gekommen ist. Offen bleibt allerdings die Frage, ob dieses Kursplus dazu genutzt wird, Aktienbestände weiter abzubauen. Denn nachdem Short-Selling die Handlungsfreiheit einiger Marktakteure deutlich einschränkt hat, könnten Long-Only-Anleger die Gunst der Stunde zum Verkauf nutzen.
Welchen Spielraum die Indizes nach oben wie nach unten besitzen, darauf weist Robert Rethfeld in seinem Börsenbrief "Wellenreiter" hin. So notiert der Dow-Jones momentan zu seinem 250-Tage-Durchschnitt mit einem Abstand von 12%, der in der Vorwoche in der Spitze bei 15% lag. Im September 2001 wie im Juli und Oktober 2002 entfernte sich der Dow von seinem Durchschnittswert um bis zu 20%, um sich dann wieder anzunähern. Das Angstbarometer VIX, das die implizierte Volatilität der Optionen auf den S&P-500 misst, sei mit seinem 10-Tages-Durchschnitt noch weit von seinen Extremwerten aus den Jahren 1998 bis 2002 entfernt.
Auch mit einer deutlichen Verbesserung der charttechnischen Situation seit vergangenen Freitag sehen die von Dow Jones befragten technischen Analysten nur ein begrenztes Aufwärtspotenzial für den deutschen Aktienmarkt. Das Risiko liegt weiter im Kursverfall. Die unterstützenden Faktoren der vergangenen Monate, ein schwächelnder Euro und deutlich rückläufige Preise beim Öl und anderen Rohstoffen, scheinen zunächst ihre Tiefs gesehen zu haben. Damit hat sich das Umfeld für die deutschen Unternehmen von dieser Seite eingetrübt.
Positiv wertet Petra von Kerssenbrock, technische Analystin bei Commerzbank Corporates & Markets, dass der DAX seinen kurzfristigen steilen Abwärtstrend verlassen hat. Allerdings habe er in der Vorwoche ein kleines GAP im Bereich 5.967 bis 5.982 Punkte offen gelassen. Daher dürfte der Index die nächste Möglichkeit nutzen, dieses Kursloch zu schließen. Mit der Eintrübung des Umfeldes sei in den kommenden Tagen mit keiner Entwarnung zu rechnen.
Der Rutsch unter die 6.000 Marke in der Vorwoche könne bisher als "Betriebsunfall" eingestuft werden. Auch ein kurzfristiges Abarbeiten des Gaps bedeute nicht zwangsläufig den Übergang in eine neue Abwärtsbewegung. Mit einer Stabilisierung des Umfeldes habe der Deutsche Aktienmarkt eine Chance, sich innerhalb einer Seitwärtsrange zu stabilisieren.
Auf Sicht der kommenden fünf Handelstage erwarten die technischen Analysten der SEB-Bank auf Grund des nach wie vor vorhandenen Drucks von Seiten des mittelfristigen Trendumfelds einen zur Schwäche neigenden DAX. Zwar signalisieren die kurzfristigen Overbought/Oversold Indikatoren noch eine Aufwärts-Dynamik, jedoch lasse diese nach und sei teils dem festen Handelsverlauf am Freitag vergangener Woche geschuldet. Das erneute Unterschreiten der 6.109 Punkte bringe ein theoretisches Abwärtspotenzial bis zur Unterstützung bei 5.871 Punkten mit sich. Auf Wochensicht gehen die Charttechniker nicht von einem neuen Jahrestief aus.
Solange der Abwärtstrend am deutschen Aktienmarkt nicht aufgelöst werde, bleibe die Situation angespannt. Die obere Begrenzungslinie des Abwärtstrends verlaufe bei aktuell 6.409 Punkten. Bereits der Widerstand bei 6.305 Punkten dürfte kurzfristig kaum zu überwinden sein.
Auch Michael Müller von muellerfinancial.eu rechnet in den kommenden Tagen mit einer Fortsetzung der Abwärtsbewegung im DAX. Kleinere Unterstützungen lägen im Bereich bei 5.864/98 Punkten, gefolgt von der Zone 5.720/40 Punkte. Nennenswerte Unterstützungen aus dem Wochenchart seien dagegen erst im Bereich von 5.420/40 Punkten auszumachen, was ein Abwärtspotenzial von weiteren 10% bedeute. Erst mit einem Anstieg über den Abwärtstrend bei 6.409/59 Punkten sieht er aus charttechnischer Sicht eine Befreiung für den DAX.
DJG/thl/mpt/ros
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September 23, 2008 08:18 ET (12:18 GMT) Dow Jones & Company, Inc.2008 ----------- "Worüber die Trader in den Foren im Internet meist diskutieren ist zwecklos. In der Regel sind Methoden, die Schweigen umgibt, häufig Gold." (Emilio Tomasini)
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