Eine der prägnantesten akademischen Niederlagen trägt sich im Sommer 1957 an der Universität von Uppsala zu: Michel Foucault versucht, seine Histoire de la folie als Doktorarbeit zu lancieren. Er bekommt das Manuskript von Professor Lindroth mit dem Kommentar zurück, das sei doch recht "spitzfindige" Literatur. Als Dissertation völlig ungeeignet. Foucault antwortet, indem er die allergrößte Hingabe an das Fach und seinen Professor demonstriert - er beichtet, um Absolution zu erlangen: "Ihr Brief ist mir von großem Nutzen gewesen, um die Mängel an meiner Arbeit zu erkennen, und ich bin Ihnen dafür sehr dankbar. Mein erstes Vergehen, das muß ich Ihnen sofort gestehen, bestand darin, nicht hinreichend davor gewarnt zu haben, daß es sich nicht um das 'Fragment eines Buches', sondern nur um einen ersten Entwurf, eine erste Ausarbeitung handelt, die ich in jedem Fall später zurücknehmen werde. Ich gestehe Ihnen gerne zu, daß der Stil unerträglich ist ... vielleicht ist dieses Unternehmen absurd und von vornherein gescheitert. Professor Lindroth hatte die Histoire de la folieals Wissenschaftsgeschichte der Psychiatrie mißverstanden. Vergeblich und zu spät erklärt ihm Foucault, er habe vielmehr die Geschichte des 'sozialen, moralischen und ideellen Kontextes' schreiben wollen, in dem die Psychiatrie sich bewegt. [Thomas Steinfeld: Der grobe Ton - Kleine Logik des gelehrten Anstands. S. 31 f.]
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