Eine neuartige Anlage soll Strom aus Wind und Sonne in Methan umwandeln. Das Power-to-Gas-Konzept könnte helfen, das Problem der Speicherung von Ökostrom zu lösen.
DüsseldorfAuf Feldern und Äckern drehen sich zunehmend mehr Rotoren von Windkraftwerken, und auf den Dächern sieht man statt Ziegeln vermehrt Solaranlagen. An einem windigen sonnigen Tag liefern diese Anlagen oft mehr Strom als die Verbraucher benötigen – an windstillen lauen Tagen reicht die Stromproduktion dagegen nicht aus.
Den Strom zu speichern und später zu verwenden, gestaltet sich derzeit noch schwierig. Abhilfe könnte in Zukunft das „Power-to-Gas“-Konzept schaffen, das Forscher des Fraunhofer-Instituts für Windenergie und Energiesystemtechnik (IWES) und des Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) entwickelt haben. Dabei wird Strom aus erneuerbaren Energien in Methan umgewandelt, also in künstlich hergestelltes Erdgas – auch E-Gas genannt, kurz für „erneuerbares Gas“.
Der Vorteil: Im Gegensatz zu Strom lässt sich das Methan lagern. Herrscht ein Mangel an Strom, kann das Gas in Gaskraftwerken erneut Strom erzeugen. Außerdem lassen sich damit herkömmliche Erdgasautos betanken. Da Methan und Erdgas die gleichen chemischen Eigenschaften haben, braucht das Auto dafür nicht umgerüstet werden.
„Unser Konzept Power-to-Gas löst gleich zwei Kernprobleme der Energiewende: Die Speicherung von erneuerbaren Energien und die Versorgung mit klimafreundlichem Kraftstoff“, so Michael Sterner, leitender Wissenschaftler am IWES.
Beim dem Verfahren spaltet elektrischer Strom Wassermoleküle zunächst in Wasserstoff und Sauerstoff auf. Lässt man den Wasserstoff mit CO2 reagieren, entsteht Methan. Das Verfahren an sich ist seit langem bekannt. Es in großem Maßstab einzusetzen, um Netzengpässe durch erneuerbaren Energien auszugleichen, ist dagegen ein gänzlich neuer Ansatz.
Die Firmen SolarFuel und Audi wollen das Verfahren nun gemeinsam mit IWES und ZSW erstmals im industriellen Maßstab umsetzen. Die Anlage, die 2013 in Betrieb gehen soll, wird eine Leistung von 6,3 Megawatt haben – etwa so viel wie drei große Windräder oder 1000 Photovoltaikanlagen.
Das für den Prozess benötigte CO2 wird aus einer Biogasanlage des Partners EWE in unmittelbarer Nähe bereitgestellt. Sie verwertet Reststoffe und Abfälle und liefert klimaneutrales CO2. Das erzeugte Methan wird im niedersächsischen Werlte ins Gasnetz eingespeist und dann in großen Gasspeichern zwischengelagert. Von dort aus strömt es über die vorhandenen Erdgasleitungen zu den Verbrauchern.
Damit das Verfahren das Klima nicht schädigt ist es wichtig, das CO2 aus nachhaltigen Quellen zu gewinnen. Davon gibt in Deutschland genügend: Alleine in den bestehenden 50 Biogas-Aufbereitungsanlagen entstehen 500.000 Tonnen CO2. Damit ließen sich 4,8 Terawattstunden Strom speichern – das entspricht dem Jahresverbrauch von etwa eineinhalb Millionen Haushalten.
Auch als Kraftstoff hat E-Gas eine gute CO2-Bilanz. „Über den gesamten Lebenszyklus des Fahrzeugs gesehen produziert ein mit E-Gas betriebenes Fahrzeug kaum mehr CO2 als ein Elektroauto“, so IWES-Chef Jürgen Schmid. Strom und E-Gas ergänzen sich als Antriebsenergie besonders gut: Bislang ist die Reichweite von reinen Elektrofahrzeugen noch sehr begrenzt. Möchte der Fahrer weitere Strecken zurücklegen, könnte er auf E-Gas aus Wind- und Solarstrom umschalten, ohne den CO2-Ausstoss stark zu erhöhen.
Was die Wirtschaftlichkeit der Power-to-Gas-Anlage angeht, ist Michael Sterner zuversichtlich: „Selbst bei einem ideal ausgebauten Stromnetz und optimalem Lastmanagements sind Stromspeicher nötig. Es ist daher nur eine Frage der Zeit, bis sich hier ein wirtschaftliches Konzept ergibt.“ Denn während die Speicher, die im Stromnetz vorhanden sind, die Stromversorgung nur für wenige Stunden aufrechterhalten können, bietet das Erdgasnetz eine rund 3000-fach höhere Speicherkapazität.