Yahoo gegen Yahoo!
Von Frank Patalong
Yahoo zerrt Yahoo! vor Gericht. Denn es kann nur einen geben - meint Yahoo Serious, angeblich Schauspieler, der sich bereits seit 1980 unter eben diesem angenommenen Namen durchs Leben kaspert. Damit habe er ältere Rechte an dem Namen. Da könnte ja jeder kommen.
Das Ganze ist eine durchaus ernste Angelegenheit. Man versetze sich nur einmal in die Position dieses berühmten australischen Stars: Da kommt doch Mitte der Neunziger so ein hergelaufenes Internet-Unternehmen und versucht, im Kielwasser eines guten, weltweit bekannten Namens Profit zu machen. Denn denken wir nicht alle, wenn wir das Wort Yahoo hören, zuallererst an ihn, den Star solcher Meilensteine der Filmgeschichte wie "Young Einstein"? Hmm?
Das ist doch endlich einmal ein guter Grund, wütend zähneknirschend vor Gericht zu ziehen: Yahoo Serious verklagt Yahoo!. Und weil seine Einsprüche gegen die Registrierung der Marke Yahoo in Australien bisher erfolglos verliefen, landet die Sache nun tatsächlich vor dem Bundesgericht. Denn wenn einer eine Marke sei, dann ja wohl er, Yahoo.
Meint der Kerl das ernst?
Oder versucht hier nur ein etwas aus der Mode gekommener Film-Kasper, ein wenig Eigenwerbung zu machen?
Schwer zu sagen. Yahoo Serious, australischer Klamauk-Star der frühen Neunziger, macht derzeit klagend von sich reden. Das behauptet er zumindest: Ihm sei die Namensgebung dieses Internet-Portals ein Dorn im Auge. Auch das heißt Yahoo! (mit Ausrufezeichen) und sei unter anderem dafür verantwortlich, dass er, Yahoo Serious, eine Menge Post bekomme, die gar nicht für ihn bestimmt sei. Ein Ärgernis, und überhaupt habe er ja wohl die älteren Rechte am Namen.
Doch hier irrt Yahoo. Zwar geht Serious nach eigener Aussage bereits seit 1980 unter diesem schönen Namen durchs Leben ("Alle nennen mich nur Yahoo"), während David Filo und Jerry Yang ihren Internet-Katalog Yahoo! ja erst 1995 aus der Taufe hoben. Trotzdem ist es fraglich, ob hier wirklich eine Argumentation auf Basis des Markenrechtes ziehen würde.
Denn die ältesten Rechte dürfte dann wohl Jonathan Swift (1667 bis 1745), anglo-irischer Schriftsteller und Geistlicher, für sich verbuchen. Entgegen der von Yang und Filo verbreiteten Legende, bei Yahoo! handele es sich um eine Art Freudenruf, verbirgt sich hinter dem jeden Anglistik-Studenten im zweiten Semester bekannten Begriff eine Gattungsbezeichnung.
In der unzensierten Version seines zunächst unter Pseudonym erschienenen Bestsellers "Gullivers Reisen" finden sich nämlich neben den Kinder-kompatiblen Kapiteln Reise nach Liliput und Reise ins Land der Riesen auch die Reisen zu den Wissenschaftlern und die ins Land der Houyhnhnms (sprich: "Hwinnimms").
Bei denen handelt es sich bekanntlich um die vernunftbegabten, ja weisen Pferde, durch die Gulliver endlich und endgültig die Schmutzig- und Minderwertigkeit der menschlichen Rasse begreift. In jenem schönen Land halten sich die Houyhnhnms in ihrer Güte verabscheuungswürdige Wesen namens Yahoos, die sabbernd und wild durch die Gegend kopulierend jeden Funken Anstand, Verstand und Seele vermissen lassen. Erst als ein Yahoo-Weibchen versucht, Gulliver zu vergewaltigen, begreift er:
Wir alle sind Yahoos
Per definitionem könnten wir alle, als Vertreter der Gattung Homo sapiens sapiens, also für uns das Namensrecht an Yahoo beanspruchen: Dabei handelt es sich um nichts anderes als das Wort "Mensch" in der Sprache der vernünftigen Pferde. In den glorreichen Früh-Achtzigern wäre es spätestens an diesem Punkt zur Gründung einer Kampagne gekommen: "Auch ich bin ein Yahoo!", mit entsprechenden Buttons et cetera. Beim Misanthropen Swift hingegen steht der Yahoo für all das in der menschlichen Natur, was unvernünftig, triebhaft, lächerlich oder hässlich ist.
Hässlich wäre es nun, es von der einen oder anderen Seite verlangen zu wollen, durch den Nachweis eben dieser Kriterien ihren jeweiligen Anspruch an der Yahoo-Haftigkeit ihrer jeweiligen natürlichen oder juristischen Personen zu bestätigen. Doch bereits vor dem australischen Trade Mark Office zeichnete sich ab, dass es um die Klärung dieser Frage vor Gericht wohl nicht gehen wird.
Denn zumindest in dieser Hinsicht ist das Ganze tatsächlich kein verspäteter Aprilscherz. Zwar sucht man bisher vergeblich nach einem publizistischen Echo des Falles Yahoo gegen Yahoo!, zwar schweigt selbst Yahoo! (der Katalog, nicht der Film-Kasper) den Fall tot, doch es scheint tatsächlich etwas dran zu sein. Denn mehr als einmal erhob Yahoo (der Film-Kasper, nicht der Katalog) tatsächlich Einspruch beim australischen Trade Mark Office und versuchte zu verhindern, dass dieser andere Yahoo (der Katalog, siehe oben) unberechtigterweise am Filmruhm des respektierten Kaspers profitieren sollte.
Und das geht weit über eine kurzfristige PR-Masche hinaus - es wirkt eher wie eine Manie. Yahoo Serious legte tatsächlich am 14. November 1997 (Aktenzeichen 709752), 7. November 1997 (714519), 4. Juni 1998 (738791), 20. August 1998 (754964) und am 11. September 1998 (760011) Beschwerden gegen Anmeldungen der Marke Yahoo ein. Erfolglos, was zur Gerichtsklage Yahoo gegen Yahoo führte. Am Donnerstag, 4. Oktober 2001, kam es zu einer ersten Anhörung vor dem Bundesgericht und zur Ansetzung eines Verhandlungstermins im März 2002. Dass das ganze Timing mit dem Filmstart des ersten Yahoo-Serious-Films seit fünf Jahren korreliert, ist dabei (siehe oben) reiner Zufall.
Ein Yahoo, wer Böses dabei denkt. |