Die Entscheidung des neuen Bundestrainers Jürgen Klinsmann, bei der WM 2006 auf das Eröffnungsspiel zu verzichten, hat die Münchner Politiker in helle Aufregung versetzt. Oberbürgermeister Christian Ude befürchtet finanzielle Einbußen für seine Stadt. Er will den DFB noch umstimmen. München - "Kampflos werden wir das nicht hinnehmen", sagte Ude in einem Interview mit der Münchner "tz". Der SPD-Politiker reagierte damit auf die Entscheidung des DFB, das WM-Eröffnungsspiel im Juni 2006 in München ohne die deutsche Nationalmannschaft stattfinden zu lassen. Klinsmann hatte sich dafür ausgesprochen, den Weltmeister, in diesem Fall Brasilien, die erste Partie des WM-Turniers bestreiten zu lassen.
Ude geht davon aus, dass die ursprünglich getroffenen Vereinbarungen eingehalten werden: "Ich halte mich an das, was uns im Zuge unserer Anstrengungen beim Bau der Allianz-Arena zugesichert wurde. Und das ist das Eröffnungsspiel - mit der Teilnahme des Gastgeberlandes." Den Aussagen des Münchner Oberbürgermeisters widersprachen die WM-OK-Vizepräsidenten Horst R. Schmidt und Wolfgang Niersbach am Montag energisch. Es gebe keinerlei Absprachen über die Teilnehmer am Eröffnungsspiel. Die Entscheidung darüber trifft die Organisationskommission des Weltverbandes Fifa unter dem Vorsitz des schwedischen Uefa-Präsidenten Lennart Johansson erst nach Abschluss der Qualifikationsspiele im Herbst 2005.
Hoher wirtschaftlicher Schaden
Auch CSU-Stadtrat Mario Schmidbauer bezeichnete Klinsmanns Entscheidung als "falsch und überhaupt nicht nachvollziehbar". Er befürchtet einen hohen wirtschaftlichen Schaden: "München wird hier in einer Art und Weise benachteiligt, die nicht hinnehmbar ist." Schmidhuber forderte den DFB am Montag in einer Presseerklärung auf, "diese falsche Entscheidung zu überdenken und zu revidieren".
WM-OK-Präsident Franz Beckenbauer würde zwar einen deutschen Auftritt zur WM-Eröffnung in München begrüßen, will sich aber nicht in die Diskussion einmischen. "Uns vom OK ist es wurscht, ob Deutschland oder Brasilien eröffnet. Es wäre aber eine gute Möglichkeit für die deutsche Elf, gleich mit einem Paukenschlag zu beginnen. Wenn man das vermeiden will, wäre die brasilianische Lösung auch nicht schlecht", sagte Beckenbauer dem Fernsehsender DSF.
Ballack stellt sich hinter Klinsmann
Auch Nationalmannschafts-Kapitän Michael Ballack stellte sich hinter Klinsmanns Vorschlag, auf das erste Spiel der WM zu verzichten. "Die Eröffnung ist schon etwas Besonderes, aber wenn man nicht unbedingt das erste Spiel machen muss, ist es auch nicht schlimm", sagte der Mittelfeldspieler von Bayern München, "die Euphorie in Deutschland wird eh groß genug sein."
Klinsmann hatte nach einem Gespräch mit DFB-Präsident Gerhard Mayer-Vorfelder, Ligachef Werner Hackmann und DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt festgelegt, nicht das Eröffnungsspiel am 9. Juni 2006 in der Münchner Allianz Arena zu bestreiten. "Wir würden Brasilien den Vortritt lassen. Der Titelverteidiger kann die WM eröffnen", bestätigte Team-Manager Oliver Bierhoff, dass man die vorliegende Option nicht ziehen will.
So gilt die seit 1974 bestehende Tradition, wonach der amtierende Weltmeister das WM-Turnier eröffnen wird. Die deutsche Mannschaft steigt höchstwahrscheinlich als Kopf der Gruppe F erst drei Tage später am 12. Juni im Berliner Olympiastadion ein. Die weiteren Vorrundenspiele wären dann am 18. Juni in München und am 22. Juni in Dortmund.
"Diese Chance darf man sich nicht entgehen lassen"
Ude sagte, er könne nicht nachvollziehen, "wenn Deutschland nicht bei den Eröffnungsfeierlichkeiten dabei wäre. Das erste Spiel wird neben dem Finale weltweit am meisten beachtet", so der OB, "diese Chance darf man sich nicht entgehen lassen. Das muss doch auch der DFB sehen. Und: Herr Klinsmann kennt doch die Begeisterungsfähigkeit der Münchner." Münchens Stadtoberhaupt wurde von Schmidbauer aufgefordert, sich gegen die Streichung "mit aller Macht zur Wehr zu setzen. Zuerst wurde die bereits versprochene Eröffnungsfeier gestrichen, nunmehr auch noch das Eröffnungsspiel".
Schmidbauer hielt Klinsmann zudem vor, er sei offensichtlich nicht im Stande, die wirtschaftliche Tragweite seiner Entscheidung zu überblicken: "Mich würde interessieren, wie sich Herr Klinsmann vorstellt, die bereits entstandenen Kosten und den zukünftigen Verdienstausfall für das Hotel- und Gaststättengewerbe zu ersetzen, die darauf vertraut haben, dass das Eröffnungsspiel der WM 2006 in München stattfindet." |