Augsburger Allgemeine
Unsere Tatort-Kritikerin Sarah Ritschel hat sich bereits vor der TV-Ausstrahlung in ihrer Kolumne mit dem neuen Züricher Tatort beschäftigt. Laut Ritschel versuche die neue Tatort-Episode, gesellschaftlich relevante Themen wie den globalen Echthaarhandel und religiöse Vorschriften in den Mittelpunkt zu rücken. Trotz interessanter Ansätze gerate die Umsetzung jedoch stellenweise ins Wanken. Die Vielzahl an Erzählsträngen würde es erschweren, einen klaren Fokus zu erkennen.
Im Zentrum steht ein Unternehmen, das Haare aus religiösen Opfergaben in Indien bezieht und daraus Perücken herstellt. Auch wenn das Thema ungewöhnlich und realitätsnah ist, gelinge es der Folge nicht, daraus eine stringent erzählte Geschichte zu formen. Immer wieder würde die Haupthandlung durch Nebenschauplätze ergänzt. „Rapunzel“ streife zudem das Spannungsfeld religiöser Normen, etwa in Bezug auf orthodoxe jüdische Frauen, deren Perücken bestimmten religiösen Vorschriften genügen müssen. Dieser Aspekt hätte Raum für vertiefte gesellschaftliche Auseinandersetzung geboten, wird aber lediglich angerissen.
Auch stilistisch schwanke die Folge: Mal nähere sie sich dem Thema mit Ernst, mal mit überzeichneten Dialogen, die zwischen Ironie und Klischee pendeln. Einzelne Szenen würden die Überfrachtung der Geschichte sogar selbstironisch kommentieren, was zwar selbstreflexiv wirken soll, aber eher auf strukturelle Schwächen verweise. Schlussendlich bleibe eine Folge, die viele relevante Fragen anreißt, diese aber nicht konsequent weiterführt.
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