10.03.2012 10:36
Der nunmehr absehbare Schuldenschnitt bei Griechenland wird weder die griechische noch die europäische Schuldenkrise beenden.
In dieser Einschätzung sind sich alle Experten einig. Er setzt bestenfalls ein ermutigendes Signal. "Das wird ein langer Weg", warnte denn auch ein deutscher Regierungsvertreter. "Wir fangen nun eigentlich erst richtig an."
Die nächsten Prioritäten machte der deutsche Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble deutlich, der gemeinhin in Europa als der harte Kämpfer schlechthin für Haushaltsdisziplin gilt. Wichtiger noch als die Rückführung von Defiziten und Schuldenständen sei, dass in Europa die wirtschaftlichen Mängel und großen Rückstände in der Wettbewerbskraft angegangen werden, sagte er am Donnerstagabend in Berlin. Für Griechenland bedeutet das: Die Regierung hat vorerst nicht mehr als einen Etappensieg erreicht.
WAS KANN DER SCHULDENSCHNITT LEISTEN
Mit dem Schuldenschnitt sind die Zeiten des kurzfristigen Krisenmanagements vorbei. Der lange Zeit so umstrittene Forderungsverzichts ist eine zentrale Säule für eine langfristige Entlastung und Gesundung Griechenlands, die zusammen mit dem zweiten Hilfspaket erreicht werden soll. Das Ziel ist klar vorgeben: Die griechische Verschuldung soll von derzeit über 160 Prozent der jährlichen Wirtschaftsleistung auf gut 120 Prozent im Jahre 2020 abgesenkt werden.
Griechenlands Schuldenberg wird dank des Kapitalschnitts erstmals abgetragen, und zwar um gut 100 Milliarden Euro in einem mehrjährigen Zeitraum. Ende 2011 war er 375 Milliarden Euro hoch.
WAS IST NOCH ZU TUN
Die Entlastung soll die Basis dafür bilden, dass Griechenland wieder auf Wachstum und mehr Beschäftigung ausgerichtet werden kann - mit einschneidenden Reformen, die in großen Teilen schon eingeleitet sind, und mit Geld aus den Kassen der EU. Das Mittelmeerland durchschreitet ein "Tal der Tränen" aus massiven Kürzungen von Gehältern und Pensionen, dem dramatischen Abbau der Zahl öffentlicher Bediensteter, der umfangreichen Privatisierung staatlicher Unternehmen und der Liberalisierung bislang geschützter Branchen.
Als Lohn dieser Rosskur soll das Land wieder wettbewerbs- und damit wachstumsfähig sein. "Nur mit Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit wird Griechenland wieder nach vorne kommen", sagt Schäuble.
Auf diesem Wege lauern allerdings an allen Ecken neue Gefahren. Niemand kann sagen, ob das zweite Griechenland-Hilfspaket von 130 Milliarden Euro, das nach dem Schuldenschnitt auf den Weg gebracht werden soll, das letzte seiner Art ist. Schäuble schloss zuletzt nicht aus, dass es auch noch ein drittes Paket geben könnte. In Brüssel kursiert bereits eine Zahl von 50 Milliarden Euro dafür. Noch offen ist auch, ob Griechenland die versprochenen Reformen auch wie versprochen umsetzen kann und ob sie die erhoffte Wirkung zeigen. Sollte die Wirtschafts- und Finanzentwicklung in der nächsten Zeit ungünstiger verlaufen, als erwartet, würde das den gesamten Prozess in Gefahr bringen.
Der Schuldenschnitt zu Lasten der privaten Gläubiger hat damit nur den Weg freigemacht für die Hoffnung auf bessere Zeiten in Griechenland. Garantiert sind sie aber nicht.
(Reuters) |