News - 26.03.08 08:59 Dossier: RWE verliert Übernahmeschutz
Der Energiekonzern RWE verliert seinen Schutz gegen eine feindliche Übernahme. Zum einen können die kommunalen Anteilseigner ihre Sperrminorität von 25 Prozent nicht mehr aufrechterhalten. Zum anderen hat sich die Hoffnung der Branche zerschlagen, per Gesetz vor dem Zugriff ausländischer Staatsfonds bewahrt zu bleiben.
Nach FTD-Informationen teilte die Bundesregierung RWE -Chef Jürgen Großmann jetzt mit, dass sie "im Falle eines Angriffs nicht helfen kann". Wegen ihres hohen Eigenkapitals und ihrer starken Marktposition gelten die deutschen Energieunternehmen Eon und RWE grundsätzlich als attraktive Kaufziele. Lange Jahre war der Essener Konzern jedoch durch seine kommunalen Aktionäre geschützt. Diese hielten einst bis zu 30 Prozent, seit Monaten schrumpft dieser Anteil allerdings stetig.
"Wir haben immer noch mehr als 25 Prozent", teilte der Verband der Kommunalaktionäre am Dienstag mit. Durch den Ausstieg weiterer Gemeinden dürfte diese Marke indes bald fallen. Mittelfristig wollen die Kommunen nun mindestens noch jene gut 15 Prozent halten, die sie aus steuerlichen Gründen gebündelt haben.
Ins Bild passt, dass der Evonik -Konzern sein Aktienpaket an RWE nach FTD-Informationen vor wenigen Tagen über den Markt verkauft hat - und nicht an die Städte und Gemeinden wie ursprünglich vorgesehen. Evonik hatte vor einem halben Jahr für 250 Mio. Euro rund 0,6 Prozent der RWE-Aktien von der WestLB übernommen. Der Weiterverkauf an die Städte und Gemeinden scheiterte aus finanziellen Gründen. "Vielen fehlte schlicht das Geld", begründete ein hochrangiger Kommunalpolitiker die Entscheidung.
Evonik, dessen Chef Werner Müller im September zugesagt hatte, das Aktienpaket bis März zu sichern, verliert durch die Transaktion mehrere Millionen Euro - das RWE-Papier hat in dem Zeitraum rund zwölf Prozent an Wert eingebüßt. Dass der Schaden nicht höher ausfällt, geht darauf zurück, dass sich Müller beim Kauf weitgehend gegen einen Kursverlust abgesichert hatte.
RWE-Chef Großmann hatte nach seinem Amtsantritt im vergangenen Oktober angekündigt, für die Eigenständigkeit des Konzerns zu kämpfen. Auch wenn niemand den Versuch einer feindlichen Übernahme ausschließen könne, träfe "jeder Angreifer auf harten Widerstand von uns allen, ganz besonders von mir persönlich", sagte Großmann damals. Zuletzt sagte der 56-Jährige jedoch mehrmals, jeder Investor sei "willkommen".
Die Bundesregierung betont zwar ein Interesse an der Selbstständigkeit der deutschen Stromkonzerne, befindet sich in ihrer Außenwirtschaftspolitik aber in einem Dilemma. Als Großaktionär von Post und Telekom unterstützt sie deren Zukäufe im Ausland. Zugleich will sie Eon und RWE aber nicht dem Einfluss ausländischer Staatsfonds oder Staatsunternehmen aussetzen - zumal die Energiekonzerne in Ländern wie Frankreich, Italien oder Russland nach wie vor in Staatseigentum sind.
Mit vollen Kassen und dem Ziel, neue Märkte zu erobern, sucht RWE daher seinerseits verstärkt nach Übernahmeobjekten. Parallel kauft der Konzern eigene Aktien zurück und stützt damit den Kurs. Der Einstieg in den russischen Strommarkt ist gerade gelungen, im Kampf um den Kernkraftkonzern British Energy sieht sich RWE zumindest im Kreis der Favoriten. Auch in Osteuropa will sich der Konzern an Kernkraftprojekten beteiligen. "Das sind richtige Schritte - aber der große Wurf ist das noch nicht", kritisiert ein Konzernkenner.
Intern soll Großmann das Ziel gesetzt haben, den Umsatz von derzeit rund 42 Mrd. Euro mittelfristig zu verdoppeln und damit zum Eon-Konzern aufzuschließen. Dessen Chef Wulf Bernotat hatte bereits im vergangenen Sommer staatlichen Schutz gegen Übernahmen gefordert. Seine Abwehrstrategie fußt vor allem auf dem Börsenwert von fast 80 Mrd. Euro.
Von Matthias Ruch (Düsseldorf)
Quelle: Financial Times Deutschland
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