ftd.de, Mo, 23.9.2002, 9:09, aktualisiert: Mo, 23.9.2002, 14:28
Däubler-Gmelin verkündet ihren Abschied
Bundesjustizministerin Herta Däubler-Gmelin (SPD) wird im rot-grünen Kabinett kein Amt mehr bekleiden. Über ihre Nachfolge kursieren Gerüchte.
Herta Däubler-Gmelin (SPD)
Däubler-Gmelin stehe in der kommenden Legislaturperiode als Justizministerin nicht mehr zur Verfügung, sagte Bundeskanzler Gerhard Schröder nach einer Sitzung der SPD-Führungsgremien am Montag in Berlin. Das habe sie ihm in einem Brief mitgeteilt.
Der Bundeskanzler sieht sich wegen der Affäre um Däubler-Gmelin mit scharfer Kritik aus den USA konfrontiert. Die Justizministerin soll bei einem Wahlkampftermin in ihrem Tübinger Wahlkreis die Außenpolitik Bushs mit der Hitlers verglichen haben. Bushs Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice nannte das Klima zwischen Deutschland und den USA vergiftet. In einem Brief an Bush hatte Schröder versucht, die Wogen zu glätten.
Im Zusammenhang mit den Spekulationen um die Nachfolge Däubler-Gmelins sind mehrere Namen gefallen. Die Grünen sollen nach Informationen der FTD den ehemaligen hessischen Justizminister Rupert von Plottnitz ins Spiel gebracht haben, hieß es am Montag aus Parteikreisen. Innen-Staatssekretärin Brigitte Zypries (SPD) wird ebenfalls als mögliche Nachfolgerin gehandelt. Auch Ute Vogt (SPD) ist im Gespräch. Die Rechtsanwältin aus Baden-Württemberg leitet derzeit den Innenausschuss des Bundestages.
Ministerin verliert Wahlkreis
Däubler-Gmelin verlor in ihrem Wahlkreis gegen die CDU-Kandidatin Annette Widmann-Mauz. Die Ministerin büßte 6,8 Prozentpunkte der Erststimmen ein. 1998 hatte sie das Direktmandat mit 47,2 Prozent gewonnen. Däubler-Gmelin ist allerdings über die SPD-Landesliste Baden-Württemberg abgesichert, wo sie auf Platz drei steht.
Der rheinland-pfälzische Ministerpräsident Kurt Beck (SPD) hat Däubler-Gmelin scharf kritisiert. "Jemand mit der Erfahrung müsste wissen, dass man solche Vergleiche überhaupt nicht erst anstellen darf, damit man nicht in einer solchen Weise missverstanden wird und damit nachhaltig der Partei schadet", sagte Beck am Montag.
Wahrheitssuche geht weiter
Der Streit zwischen Däubler-Gmelin und dem "Schwäbischen Tagblatt" verschärfte sich. Die Ministerin kündigte an, den Medienanwalt Matthias Prinz zu beauftragen. Das Justizministerium teilte am Sonntag mit, dass die sechs Betriebsräte, die die Zeitung als Zeugen aufgeführt hatte, die Aussage Däubler-Gmelins in einer eidesstattlichen Erklärung stützten.
Nach Informationen der FTD versichern die sechs Betriebsräte jedoch lediglich, dass die vom "Schwäbischen Tagblatt" zitierten Formulierungen während der Diskussion mit Däubler-Gmelin so nicht gefallen seien. Die Redaktion beharrt auf ihrer Darstellung und teilte mit, dass weitere Zeugen belegen könnten, dass die Ministerin Bushs und Hitlers Politik in Zusammenhang gebracht habe.
© 2002 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP
Quelle:
http://www.ftd.de/pw/de/1032719441219.html?nv=hptn