Freiverkehrssegment für neue Listings gesperrt Deutsche Börse zieht wegen Marktmanipulationen die Reißleine
Börsen-Zeitung, 13.1.2012
ars/ck Frankfurt - Die Deutsche Börse hat wegen nicht nachlassender Marktmanipulationen in Aktien des Freiverkehrs die Reißleine gezogen. Wie aus einem der Börsen-Zeitung vorliegenden Schreiben hervorgeht, hat sie das Freiverkehrssegment First Quotation Board für neue Listings gesperrt. Bei verschiedenen Aktien des First Quotation Board sei es trotz einer Verschärfung der Einbeziehungsvoraussetzungen erneut zu Verdachtsfällen auf Marktmanipulation gekommen. Daher habe die Deutsche Börse zum Schutz des Kapitalmarktes und insbesondere der Anleger entschieden, bis auf weiteres keine Aktien und Aktien vertretenden Zertifikate in das First Quotation Board aufzunehmen.
Das First Quotation Board, in das Aktien aufgenommen werden, die an keiner anderen Börse gelistet sind, stellt sehr geringe regulatorische Anforderungen an die Emittenten, was Kriminelle anzieht. So werden Aktien über dubiose Börsenbriefe oder per Telefon, Mail sowie Fax bei Privatanlegern beworben und dadurch in die Höhe getrieben. Die Täter verkaufen dann auf hohen Kursniveaus die Aktien an die Privatanleger. Anschließend brechen die Kurse dieser wenig liquiden Aktien ein. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verfolgt das Geschehen seit Jahren mit Unbehagen und musste zuletzt in ihrem Jahresbericht 2010 feststellen: "Der Trend, vor allem im Freiverkehr zu manipulieren, hat sich 2010 nochmals verstärkt. Über 90 % der positiven Marktmanipulationsanalysen betrafen Werte aus diesem Marktsegment (Vorjahr: 69 %)." Die Voraussetzungen für die Einbeziehung von Unternehmen seien sehr gering. Selbst Gesellschaften, bei denen völlig unklar sei, ob sie ein operatives Geschäft betrieben oder planten, könnten sehr einfach in den Handel einbezogen und für manipulative Zwecke genutzt werden.
Laut dem Schreiben prüft die Deutsche Börse in Zusammenarbeit mit der Hessischen Börsenaufsicht und der BaFin weitere Maßnahmen, "um auch künftig für den Kapitalmarkt und insbesondere die Anleger einen ordnungsgemäßen Börsenhandel sicherzustellen und die Qualität der Segmente aufrechtzuerhalten". |