das bezahlen.....
§Die US-Strategie reicht jedoch weltpolitisch weit über das Interesse am Ölstandort Irak hinaus. Wie der Umgang mit den Verbündeten im "alten Europa", also nach dem US-Sprachgebrauch gegenüber den Ländern, die den durch die USA diktierten Waffengang nicht mitmachen, deutlich werden lässt, George W. Bush demonstriert der Welt, dass die USA als Weltpolizei in den kommenden Jahren ohne Rücksicht auf die Verbündeten schalten und walten wollen. Dafür wird die auch die Destabilisierung Europas sowie im Nahen Osten in Kauf genommen.
Kriegskosten berechnen und verkünden
Die ökonomischen Interessen sowie der totalitäre Anspruch auf die Definitionsmacht bei der Lösung von Konflikten in der Welt erklärt wohl auch, warum auf ernsthafte Bewertungen der ökonomischen Folgen eines Krieges gegen den Irak verzichtet wird. Denn, werden die ökonomischen Vor- und Nachteile dieser Kriegsstrategie abgewogen, so fällt das Kosten-Nutzen-Kalkül Ergebnis niederschmetternd aus.
In der Sprache der ökonomischen Entscheidungstheorie werden gegenüber den durch die USA kalkulierten, allerdings selbst gefährdeten prof¡tablen Vorteilen ("Benefits") des Irak-Kriegs die gesamtwirtschaftlichen Kosten systematisch unterschlagen. Die Rechnungen, die aus dem Pentagon bekannt geworden sind, erfassen nur einen Bruchteil der gigantischen Belastungen, übrigens ausschließlich für die USA. Die katastrophalen Folgen in den vielen anderen Ländern, wie überhaupt für die Weltwirtschaft werden komplett ausgeblendet. Damit bleibt die USA-Administration der alten Tradition treu, mit völlig unterschätzen Kosten Kriege im eigenen Land politisch durchzusetzen. So wurden die Kosten des Korea- und Vietnamkrieges ebenso wie die des ersten Golfkriegs (1990-1991) auf die Erfassung der reinen Militärkosten reduziert. Dabei schreiben Finanzgesetze in den USA vor, zu "öffentlichen Großprojekten" - und dazu zählt dieser Krieg - Kosten-Nutzen-Analysen vorzulegen. Wenn diesem Gesetzesauftrag gefolgt würde, müsste der Aufmarsch ins Kriegsgebiet sofort gestoppt werden. Die Busch-Administration weiß wohl genau, warum sie auf die alt bekannte Verschleierungstaktik setzt. Einigermaßen angemessene Kostenschätzungen könnten die Akzeptanz derartiger Militäraktionen im eigenen Land gefährden. Auf der Basis einer umfassenden Analyse der direkten und indirekten Kosten des Kriegs gegen den Irak würden auch die Drittwirkungen entzifferbar - nämlich die ökonomischen Belastungen vieler Länder wie überhaupt der Weltwirtschaft. Selbst wenn Deutschland hoffentlich dabei bleibt, an diesem Krieg nicht teilzunehmen, die ökonomischen Lasten sind so oder so - wie noch zu zeigen sein wird - enorm. Erst die schonungslose Auflistung der ökonomischen Gesamtkosten zeigt, wer am Ende in welchem Ausmaß an den Lasten beteiligt sein wird.
Also, politisch wie ökonomisch, die Bewertung der gesamtwirtschaftlichen Kosten eines möglichen Kriegs gegen den Irak ist dringend erforderlich. Auch die Länder, die sich gegen die Teilnahme an diesem Krieg entschieden haben, müssen an der ökonomischen Wahrheit großes Interesse haben. Denn die Entscheidungen der USA lösen über die weltwirtschaftlichen Folgen negative Wirkungen (externe Effekte) aus, denen sich die zwar nicht entscheidenden, jedoch betroffenen Länder nicht entziehen können. Wohl auch um die ganze Wahrheit zu verheimlichen, werden methodische und substanzielle Bedenken gegen die Berechnung von Kriegskosten eingewendet. Diese bekannten eingrenzbaren Schwierigkeiten rechtfertigen jedoch nicht den Verzicht auf die Kalkulation der Kriegskosten. Im Mittelpunkt stehen letztlich nur die monetär bewertbaren Kosten. Die vielen Toten sowie das menschliche Elend durch einen Krieg lassen sich in einer solchen Kalkulation seriös nicht erfassen. Das ökonomische Rechenwerk belegt jedoch die verheerenden Wirkungen auf die ökonomische Wertschöpfung als Basis von Einkommenssicherung und der Arbeitsplätze. Die kurzweiligen ökonomischen Interessen an diesem Krieg werden durch gigantische Gesamtkosten völlig abgewertet. Dabei lassen sich zur Ermittlung der Kriegskosten Untersuchungen zu voran gegangen Kriegen produktiv nutzen. Forschungsarbeiten liegen nicht nur zu allen großen Kriegen vor, sondern auch zu Naturkatastrophen und jüngst zu den ökonomischen Folgen des internationalen Terrors (zu den ökonomischen Folgen des 11. Septembers).
Eine hervorragende Position auf dem Gebiet der Untersuchung der gesamtwirtschaftlichen Herausforderungen durch Krieg und Frieden nimmt der Begründer der modernen Makroökonomik, John Maynard Keynes, ein. Zu den Klassikern zählt sein im Juni 1919 erschienenes Buch "Die wirtschaftlichen Folgen des Friedensvertrags". Nach Durchsicht der Verträge von Versailles zeigte er, dass die seitens der Alliierten Deutschland und seinen Verbündeten abverlangten Entschädigungssummen nicht aufbringbar und daher "unklug und selbstmörderisch" seien. Weitsichtig warnte er vor dem politischen Debakel, in das diese nicht tragbaren Belastungen die Weimarer Republik stürzen mussten. Der Text macht zugleich die hohen Opportunitätserträge eines vermiedenen Krieges deutlich. Die Untersuchung widerlegt auch die heutigen Kriegstreiber, die wohl auch den ökonomischen Verstand verloren haben.
Volkswirtschaftliche (direkte und indirekte) Kosten eines Krieges mit dem Irak nach Berechnungen von William Nordhaus* (in Mrd. US Dollar, Basis 2002)
§ § § Szenarien § § § § § § Schwerpunkte der Kosten
§ Kurzer Krieg (Bad Case)
§ Langer Krieg (Worst Case)
§ Militärische Ausgaben (direkt)
50 140 § § Folgekosten (indirekt)
§ § § § für die Dekade von 2003 bis 2012
§ § § § - Besatzung und Friedenserhaltung
75 500 § § - Wiederaufbau und Infrastruktur
30 105 § § - Humanitäre Hilfeleistungen
1 10 § § - Auswirkungen des Ölpreiseffektes
§ -40 (1)
778 § § - Makroökonomische Auswirkungen (Keynes Effekt)
§ -17 (2)
391 § § Direkte und indirekte Kosten (3)
§ 99 MRD Dollar
§ 1.924 MRD Dollar
§ § 1) Angenommen wird, dass nach einem kurzen Krieg der Ölpreis pro Barrel deutlich sinkt (Bandbreite 20-25 US Dollar) und dementsprechend volkswirtschaftliche Kosten abnehmen (positiver Effekt auf die Gesamtwirtschaft von 40 Mrd. US Dollar).
2) Beim Szenario "kurzer Krieg" kommt es nicht zu volkswirtschaftlichen Kosten, sondern zu positiven Effekten auf die Gesamtwirtschaft im Umfang von 17 Mrd. US Dollar (Konsum- und Investitionsbereitschaft nehmen zu; mit den Gewinnerwartungen steigen wieder die Aktienkurse).
3) Nicht berücksichtigt sind die direkten und indirekten Kosten durch internationale Terroranschläge.
* Quelle: William D. Nordhaus, The Economics of a War with Iraq; Cowles Foundation for Research in Economic, Yale University, Discussion Paper Nr. 1387, December 2002
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