ROUNDUP: Trichet bestätigt Erwartungen für Zinserhöhungen im Herbst FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Finanzmärkte auf eine Leitzinserhöhung im September oder Oktober eingestimmt. 'Man wolle die Markterwartungen für eine weitere Zinserhöhungen im September und Oktober nicht verändern', sagte EZB-Präsident Jean-Claude Trichet am Donnerstag in Frankfurt, nachdem die EZB ihren Leitzins wie erwartet unverändert bei 4,00 Prozent belassen hatte. Zuletzt hatte die EZB im Juni die Zinsen um 0,25 Prozent angehoben.
Es gebe keine Vorfestlegung für eine Zinsentscheidung, sagte Trichet. 'Die Geldpolitik bleibt auf der akkommodierenden Seite.' Die EZB werde die Inflationsrisiken 'genau beobachten'. Man werde 'entschlossen und zeitnah' handeln, um Preisstabilität zu sichern, sagte Trichet. Er wollte auch eine Pressekonferenz nach der Zinsentscheidung im August nicht ausschließen, falls dies notwendig werden sollte. Normalerweise fällt die Pressekonferenz in der Sommerpause aus.
KEINE VORFESTLEGUNG
Die EZB erwarte, dass die Inflation in naher Zukunft sinken dürfte und später im Jahr wieder steigen sollte. Kurzfristige Schwankungen seien für die Geldpolitik aber nicht relevant. Die Lohnentwicklung könnte zu einem bedeutenden Risiko für Preisstabilität werden. Zudem stelle das hohe Geldmengen- und Kreditwachstum ein mittelfristiges Inflationsrisiko dar. Diese Entwicklung müsse genau beobachtet werden. Es gebe jedoch gewisse Anzeichen für eine Abschwächung des Geldmengenwachstums.
Der Ausblick für das Wirtschaftswachstum bleibe günstig, sagte Trichet. Die Wirtschaft dürfte mit einem nachhaltigen Tempo wachsen. Es gebe jedoch mittel- und langfristige Risiken, wie einen wachsenden Protektionismus oder steigende Energiepreise.
'HOHE WAHRSCHEINLICHKEIT' FÜR ZINSERHÖHUNG
Die EZB habe ihre klare Neigung zu einer weiteren Zinserhöhung beibehalten, sagte Ökonom Michael Schubert von der Commerzbank. Trichet sei den Markterwartungen explizit nicht entgegengetreten. Dies spreche mit 'hoher Wahrscheinlichkeit' für eine Leitzinserhöhung um 0,25 Punkte im September. Spätestens für Oktober preise der Markt derzeit eine Erhöhung vollständig ein.
Nach Einschätzung der UniCredit dürfte die EZB den Leitzins im September erneut erhöhen. Allerdings bestehe eine 'geringe Wahrscheinlichkeit' für eine Verzögerung und einen Schritt um 0,25 Prozentpunkte auf 4,25 Prozent erst im Oktober, heißt es in einer Studie des Bankhauses. Die neuen Ausführungen seien weder besonders falken- noch besonders taubenhaft gewesen. Es falle allerdings auf, dass sich die EZB von den Schlüsselbegriffen lösen wolle. Die Ausführungen hätten sich im Vergleich zum Juni kaum verändert.
BEDEUTUNG VON SCHLÜSSELWÖRTERN HERUNTERGESPIELT
Trichet hatte die Bedeutung von Schlüsselwörtern heruntergespielt. Bisher galt beispielsweise die Verwendung der Formulierung 'starke Wachsamkeit' als ein Hinweis für eine Zinserhöhung auf der kommenden Sitzung. Trichet forderte, dass man solche Schlüsselwörter nicht überbewerten solle.
Trichet zeigte sich zudem besorgt über Anzeichen, dass Konsolidierungsbemühungen in der Eurozone nachlassen könnten. Er forderte die Mitgliedsstaaten auf, sich an die bisher gemachten Abkommen zu halten. Insbesondere Frankreich hatte eine Lockerung des Stabilitäts- und Wachstumspaktes gefordert.
Starke Wechselkursschwankungen sind nach Einschätzung von Trichet für das Wirtschaftswachstum unerwünscht. Europäische Politiker sollten bei der Kommentierung von Wechselkursthemen verantwortlich handeln. Für die Notenbank seien die Wechselkurse lediglich eine Information für die Geldpolitik. Trichet begrüßte den am vorletzten Wochenende von den EU-Staats- und Regierungschefs verabschiedeten EU-Vertrag. Die bisherige Rolle der EZB sei bestätigt worden./js/jha/ Quelle: dpa-AFX |