Hier ein Auszug aus "Der Börsenreport" 04/09 Bernecker verlag Wer ist an einer Klage interessiert ? Wie sollten wir uns organisieren ? Der Börsenreport Seite 5 "Durch Schaden wird man klug! Hoffentlich klug genug, um sich auch zu wehren. Und verlorenes Geld wettzumachen. Zumindest im Fall HYPO REAL ESTATE HOLDING: Nicht nur aus rechtlicher Sicht weist die Aktie HRE Ähnlichkeiten zum Desaster bei der IKB auf. Da Sie den Verlauf der Krise der HRE aus den Medien kennen, soll er hier nicht wiederholt werden. Doch ist es uns wichtig, Ihnen an dieser Stelle die rechtliche Prüfung der Schadensersatzansprüche einmal näher zu bringen. Denn vielleicht sind auch Sie unter den Geschädigten und erfahren nun mehr über Ihre Rechte! Bei der Prüfung ist vor allem die öffentliche Kommunikation der HRE von Bedeutung. Denn ein Verstoß gegen interne Pflichten (Erstellung und Einhaltung von angemessenen Risikomanagementsystemen) und damit eine Haftung der Organe, ist nicht erkennbar. Doch bei der öffentlichen Kommunikation der HRE kommen Zweifel auf: Noch lange Zeit nach der Eskalation der Finanzkrise hat die HRE öffentlich bekundet, die Krise habe keine Auswirkungen auf das Unternehmen. Oder wenn, dann doch nur ganz geringe. Aufgrund dieser Meldung könnten Aktionäre gegebenenfalls einen Schadensersatzanspruch haben. Und zwar allein aufgrund der Tatsache, wie und wann die HRE diese Betroffenheit beganntgegeben hat. Zunächst könnte ein Anspruch nach § 37b WpHG bestehen. Wenn also eine Emittentin von Aktien es unterlassen hat, eine Insiderinformation, die sie unmittelbar betrifft, unverzüglich zu veröffentlichen, gewährt § 37b WpHG in zwei Fällen einen Schadensersatzanspruch: Erstens, wenn der Aktionär die Aktien nach der unterlassenen Ad hoc-Meldung erworben hat und bei Bekanntwerden der Insiderinformation noch Inhaber der Aktien ist, zweitens, wenn der Aktionär die Aktien vor dem Entstehen der Insiderinformationen erworben und nach der Unterlassung veräußert hat. Natürlich ist nicht jede Unternehmensmeldung haftungsbegründend - lediglich Insiderinformationen. Deren Definition befindet sich in § 13 I WpHG. Sie ist „eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf einen oder mehrere Emittenten von Insiderpapieren oder auf die Insiderpapiere selbst beziehen und die geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis der Insiderpapiere erheblich zu beeinflussen. Eine solche Eignung ist gegeben, wenn ein verständiger Anleger die Information bei seiner Anlageentscheidung berücksichtigen würde“. Die Frage, ob HRE aufgrund der Finanzkrise Abschreibungen drohen, die das Unternehmensergebnis beeinflussen, war eine unternehmensinterne Info. Denn sie war nicht aufgrund öffentlicher bekannter Umstände zu beantworten. Das bedeutet, dass es sich um nicht öffentliche Umstände handelte. Und sie betreffen die HRE selbst und sind aufgrund ihrer Bedeutung für das Unternehmensergebnis sogar für die Existenz der Emittentin geeignet, den Börsenkurs erheblich zu beeinflussen. Eine Insiderinformation war also gegeben. Und nach § 15 WpHG war die HRE auch verpflichtet, jene zu veröffentlichen. Der früheste Zeitpunkt für die Veröffentlichung war die positive Kenntnis (oder die grob fahrlässige Unkenntnis) der HRE, dass das Unternehmen von der Finanzkrise erheblich betroffen ist. Ab diesem Zeitpunkt bestand also die Pflicht zur Veröffentlichung dieser Information. Fraglich ist nur, wieviel Zeit dann gegeben ist, um der nötigen „Unverzüglichkeit“ zu gereichen. Hier wird auf die Definition in § 119 BGB zurückgegriffen, die besagt, dass es ohne schuldhaftes Zögern erfolgen muss. Schaut man sich die Ad hoc-Meldungen der HRE herausgegeben. Eine solche, in der von Schwierigkeiten die Rede war, erfolgte aber erst am 15. Januar 2008. Doch die Wortwahl ließ nicht auf eine substanzielle Schieflage der HRE schließen. Damit ist ein Anspruch aus § 37b WpHG grundsätzlich gegeben. Zu beachten ist aber noch die Verjährungsfrist. Die Durchsetzung des Anspruchs ist in jedem Fall nach drei Jahren - gerechnet ab Unterlassung - ausgeschlossen. Da die Probleme der HRE frühestens 2007 begannen, ist eine Verjährung hier nicht eingetreten. Doch kann die Verjährung auch schon nach einem Jahr eintreten, wenn der Aktionär Kenntnis erlangt hat, dass eine Ad hoc-Mitteilung unterlassen wurde. Das wäre ab dem 15. Januar 2008. Damit sind Ansprüche mit Ablauf des 15. Januar 2008 verjährt, sofern nicht bereits ein Klage- oder Mahnverfahren eingeleitet wurde. Es könnte auch ein Anspruch aus § 37c WpHG gegeben sein. Anders als bei § 37b WpHG kommt dieser Anspruch auch in Betracht, wenn es eine rechtzeitige Ad hoc-Meldung gab, diese jedoch unwahr ist. Unwahr ist eine solche Meldung dann, wenn sie inhaltlich unrichtig oder unvollständig ist. Für die Meldung vom 15. Januar 2008 drängt sich dieser Eindruck geradezu auf. Einen Anspruch im Sinne des § 37c WpHG könnten somit zumindest die Aktionäre haben, die im Vertrauen auf die Meldung vom 15. Januar 2008 zu reduzierten Kursen kauften und erst durch spätere Ad hoc-Meldungen erkennen konnten, dass die Risiken dieses Investments weitaus höher sind. Dabei ist aber auch die kurze Verjährung von einem Jahr zu beachten, ab Bekanntwerden der wahren Ausmaße der HRE-Krise. Aber auch aus § 826 BGB könnte ein Anspruch vorliegen: Denn die Rechtsprechung hat eine Haftung ihrer Organe, also insbesondere des Vorstandes, für fehlerhafte Kapitalmarktinformationen anerkannt. Allerdings hat der BGH in Entscheidungen zu INFOMATEC, EM.TV und COMROAD klargestellt, dass es keine Beweiserleichterung für die Aktionäre gibt. Ergo: Die Ansprüche sind kaum durchsetzbar! Ein Anspruch aus § 823 II in Verbindung mit dem WpHG scheidet aus, da das WpHG nach Ansicht der Rechtsprechung keinen Schutzgesetzcharakter hat. Fazit: Ansprüche aus der unterlassenen Ad hoc-Meldung nach § 37b WpHG sind wohl mit dem 15. Januar 2009 verjährt. Doch es wirft sich die Frage auf, ob die Ad hoc-Meldung vom 15. Januar 2008 unwahr, weil unvollständig, war. Dann nämlich könnten Ansprüche der Anleger gegen HRE gegeben sein, die nach dem 15. Januar 2008 Aktien erworben haben und diese am 4. Oktober 2008 (Ad hoc-Meldung über Liquiditätsprobleme) noch besaßen. Hier ist allerdings genau zu prüfen, ob die weitere Entwicklung des MarktumDer Börsenreport Seite 6 feldes erst nach dem 15. Januar 2008 zu dieser dramatischen Verschärfung der Situation beigetragen hat, so dass das Unternehmen Anfang 2008 noch in die Vollständigkeit und Richtigkeit der Ad hoc-Meldung vertrauen konnte! " |