Dohnanyi hält Opel für weniger wichtig als die HRE Von Günther Lachmann 22. Februar 2009, 17:25 Uhr
Der ehemalige Hamburger Bürgermeister Klaus von Dohnanyi (80) war Ende der 50er-Jahre Manager bei Ford in Köln und saß später im Aufsichtsrat von Audi. Nun spricht er mit WELT ONLINE über die Rolle des Staats bei Opel. Einen Staatseinstieg sieht er sehr kritisch, denn die Branche sitzt auf erheblichen Überkapazitäten. WELT ONLINE: Herr von Dohnanyi, hat Opel überhaupt noch eine Chance?
Klaus von Dohnanyi: Opel ist in einer sehr schwierigen Lage. Der Staat muss überlegen, ob er mit Steuergeld Überkapazitäten erhalten will, für die es weltweit keine Nachfrage gibt. Opel hat in Deutschland einen Marktanteil von zehn Prozent ?
WELT ONLINE: Immerhin pumpt der Staat doch auch Milliarde um Milliarde in die Investmentbank Hypo Real Estate (HRE), er schnürt ein milliardenschweres Rettungspaket für die Banken. Warum sollte er nicht über einen Einstieg bei Opel nachdenken?
von Dohnanyi: Der Staat muss deutlich unterscheiden zwischen Opel und Hypo Real Estate. Die Regierung sagt, dass es sich bei der Hypo Real Estate um eine systemische Bank handelt, also um eine Bank, die insbesondere durch ihre Verbindung mit der Depfa eine große Bedeutung für die Anlagensicherheit anderer Banken und Unternehmen hat. Ein Konkurs der Hypo Real Estate würde, nach Darstellung der Regierung, eine Gefahr für das gesamte Finanz- und Wirtschaftssystem der Bundesrepublik bedeuten. Unterstellt, dass diese Analyse richtig ist, frage ich mich aber, warum man jemals dem Großaktionär Flowers ermöglicht hat, sich an dieser Bank zu beteiligen.
WELT ONLINE: Warum hätte man ihm die Beteiligung verweigern sollen?
mehr Bilder Die Angst um Opel Deutscher Autobauer vor dem Abgrund 100 Jahre GM Der US-Autohersteller feiert Geburtstag von Dohnanyi: Bei einer systemischen Bank sollte man darauf achten, dass kein Anteilseigner ziemlich rücksichtslos sein kann. Aber das nur mal nebenbei bemerkt. Wenn der Brand von Hypo Real Estate wirklich eine Feuergefahr für das ganze Dorf, die ganze Gemeinschaft bedeutet, dann muss die Bank vom Staat gerettet werden.
WELT ONLINE: Warum nicht auch Opel mit seinen Zehntausenden Arbeitsplätzen?
von Dohnanyi: Hypo Real Estate ist offenbar eine tragende Wand im Wirtschaftsgebäude der Republik. Opel ist das weder für die europäische noch für die deutsche Automobilindustrie. Insofern muss da unterschieden werden. Solange nicht ein Gesamtbild darüber vorliegt, wie tragfähig die Strukturen bei Opel dauerhaft sind, wäre ich auch mit Bürgschaften sehr vorsichtig. Opel ist in seiner Produktionspalette mit ganz Europa vernetzt.
WELT ONLINE: Wäre denn eine europäische Lösung für Opel vorstellbar, an der sich auch Großbritannien und Schweden beteiligen?
von Dohnanyi: Auch das ist sehr schwierig. Man müsste ja einen stabilen Opel-Vauxhall-Saab-Konzern aufbauen. Diesen müsste man dann vermutlich mit weiteren europäischen Herstellern zusammenbinden. Das würde sehr kompliziert. Ich habe gehört, dass es Jahre dauern wird, bis man die General-Motors-Rechte auseinanderdividieren kann. Offenbar gehören zum Beispiel die Grundstücke der Zentrale in den USA. Die ganze Vermögensauseinandersetzung und Produktionsvernetzung erscheint mir außerordentlich schwierig.
WELT ONLINE: Es gibt gar keine Chance für Opel?
von Dohnanyi: Schwer zu sagen. Wenn Opel wenigstens noch einen asiatischen Teil mitbringen könnte, wenn etwa Nissan zu Opel gehörte, dann könnte man daraus vielleicht einen zukunftsfähigen Verbund schmieden. Aber Opel alleine mit Vauxhall und Saab halte ich für sehr problematisch. Der Staat muss in der Krise mit seinen Mitteln schon das Richtige machen. Und ob die Automobilindustrie mit ihren Überkapazitäten da das Richtige ist, da bin ich nicht so sicher.
WELT ONLINE: Es heißt immer, es gäbe eine Kreditklemme und die Banken würden kein Geld mehr verleihen. Liegt das Problem der Krise, die wir erleben, aber wirklich bei den Banken oder doch eher an den Überkapazitäten in der Realwirtschaft?
Keywords Automobilbau Autos Opel GM Klaus von Dohnanyi Berlin von Dohnanyi: Wenn General Motors Gefahr läuft, in Konkurs zu gehen, dann darf man sich nicht wundern, wenn die Banken bei Mercedes und anderen beginnen, sehr viel höhere Risikoaufschläge zu nehmen. Das machen die Banken sicher auch, weil sie ihre eigene Überschuldung zurückführen müssen. Vor allem aber nehmen sie diese Risikoaufschläge, weil sie den Unternehmen nicht mehr trauen. Und sie trauen den Unternehmen deshalb nicht, weil es Überkapazitäten und schwache Nachfrage gibt. Es liegt doch nicht an fehlenden Unternehmenskrediten, dass die Konzerne keine Autos verkaufen können. McDonald's hat übrigens keine Probleme, Kredite zu bekommen.
WELT ONLINE: Es gibt also auch Profiteure der Krise. Aber was müssen die anderen tun, damit sie irgendwann wieder Gewinne machen können?
von Dohnanyi: Die Wirtschaft muss Überkapazitäten abbauen. Das muss so schmerzlos wie möglich für die Gemeinschaft geschehen. Aber es ist unausweichlich.
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