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20. Mai 2009
Die baden-württembergische Landesregierung bemüht sich intensiv, eine Übernahme des Stuttgarter Sportwagenherstellers Porsche durch VW zu verhindern.
Es sei das politische Ziel der Landesregierung, Porsche als eigenständiges Unternehmen mit Sitz in Stuttgart zu erhalten, sagte ein Regierungssprecher am Dienstag. Ministerpräsident Oettinger (CDU) hatte sich im vergangenen Jahr mit Forderungen, das VW-Gesetz abzuschaffen, das dem Land Niedersachsen einen 20-Prozent-Anteil sichert, nicht durchsetzen können. Innerhalb der Landesregierung wird nun diskutiert, welche Möglichkeiten es gibt, Porsche mit einer Umschuldung zu helfen und das Unternehmen so im Machtkampf mit VW wieder handlungsfähiger zu machen.
Oettinger will verhindern, dass die Produktions- und Forschungsstandorte Zuffenhausen und Weissach nach Wolfsburg verlagert werden. Am Montag gab es ein Gespräch im Stuttgarter Staatsministerium, an dem Oettinger, Staatsminister Reinhart (CDU), der Porsche-Vorstandsvorsitzende Wiedeking, Wirtschaftsminister Pfister (FDP), Wolfgang Porsche und der Finanzvorstand des Automobilherstellers, Härter, teilgenommen haben sollen. Weitere Gespräche seien geplant. Ein Kredit der Landesbank LBBW in Höhe von zwei Milliarden Euro und Bürgschaften zur Absicherung von Krediten seien in der Diskussion, heißt es in Regierungskreisen. Möglicherweise hängt die kürzlich von der Landesregierung angekündigte Erhöhung des Bürgschaftsrahmens auf mindestens zwei Milliarden Euro auch mit dem Fall Porsche zusammen. Eventuell soll der Bürgschaftsrahmen abermals erweitert werden.
"Wir werden alles tun, was uns rechtlich und wirtschaftlich möglich ist, um eine starke Entwicklung von Porsche in Baden-Württemberg zu erreichen", sagte Oettinger am Dienstag in Düsseldorf nach einer gemeinsamen Kabinettssitzung mit dem nordrhein-westfälischen Ministerpräsidenten Rüttgers (CDU). Porsche habe bisher keine Bürgschaft des Landes erhalten, er wolle für die kommenden zwei Jahre eine "stabile Entwicklung" erreichen. Mitglieder der Landesregierung glauben, dass die finanziellen Schwierigkeiten von Porsche erst im kommenden März virulent werden könnten und dass Ferdinand Piëch mit seinem Willen, Porsche in den VW-Konzern zu integrieren, weitgehend isoliert sei.
„Eine gewaltige mediale Schieflage“
"In der Wahrnehmung der Schwierigkeiten von Porsche gibt es eine gewaltige mediale Schieflage", sagen Mitglieder der Landesregierung. Käme es zu einer Fusion von Porsche und Volkswagen und würde der Sportwagenhersteller als baden-württembergisches Unternehmen nicht fortbestehen, stünde Oettinger wenige Wochen nach der Niederlage im Streit über den Vorstand der Landesbank LBBW vor einer weiteren Niederlage in der Wirtschafts- und Standortpolitik. Vor allem mit wirtschaftspolitischen Themen sowie mit der Durchsetzung der Nettoneuverschuldung wollte sich Oettinger profilieren, doch für das Jahr 2010 wird eine Aufnahme neuer Schulden immer wahrscheinlicher. Oettinger muss sich auch gegen den niedersächsischen Ministerpräsidenten Wulff (CDU) durchsetzen, der die Interessen des VW-Konzerns bisher effektiver durchsetzen konnte als Oettinger die Interessen Porsches. So war es der baden-württembergischen Landesregierung im vergangenen Jahr nicht gelungen, die Abschaffung des VW-Gesetzes zu erreichen. Zu lange hatte man in Stuttgart auf eine Entscheidung der EU-Kommission zuungunsten des VW-Gesetzes gehofft.
Im vergangenen Herbst hatten Oettinger und Wulff ihre Freundschaft noch auf einem "Nord-Süd-Gipfel" in Stuttgart gefeiert. Schon damals waren Wulffs Interventionen für den Erhalt des VW-Gesetzes, sein Anspruch, ein führender Wirtschaftspolitiker der Union zu sein, sowie der Wolfsburger Auftritt von Bundeskanzlerin Angela Merkel mit Verbitterung in der Villa Reitzenstein zur Kenntnis genommen worden. "Die Baden-Württemberger können alles außer Hochdeutsch. Sie hier in Wolfsburg können alles und Hochdeutsch noch dazu", hatte die Kanzlerin gesagt. Ein Satz, für den sie sich bei Oettinger per SMS später entschuldigte und der innerhalb der baden-württembergischen CDU für Entrüstung gesorgt hatte. Kritiker werfen Oettinger vor, er habe Porsche-Chef Wendelin Wiedeking zu lange suggeriert, das VW-Gesetz sei zu kippen. Zur Verteidigung Oettingers wird darauf verwiesen, dass die Bundeskanzlerin kein Interesse gehabt habe, das VW-Gesetz abzuschaffen, weil es in Wolfsburg schon allein wegen der Größe der dortigen Belegschaft mehr potentielle CDU-Wähler gebe als in Zuffenhausen.
Im Gegensatz zu Wulff hat Oettinger keinen Einfluss auf die Geschäftspolitik von Porsche. Niedersachsen hält an VW einen 20-prozentigen Anteil und macht von den damit verbundenen Einflussmöglichkeiten schon immer großzügig Gebrauch. Dementsprechend einfach ist es für Wulff auch, vor Staatsbürgschaften für Porsche zu warnen: "Es ist völlig absurd, dass ein Unternehmen, das im vergangenen Jahr dank seiner Optionsgeschäfte mehr Gewinn als Umsatz gemacht hat, nun den Staat und damit den Steuerzahler um eine Finanzierung anpumpt", sagte Wulff am Dienstag und gab sich damit ordnungspolitisch penibler als bisher. Oettinger dagegen agiert in Stuttgart als Moderator, er muss im Interesse des Landes alles daransetzen, dass es im Südwesten mit Daimler, Audi und Porsche drei große unabhängige Automobilhersteller gibt.
Quelle: F.A.Z. http://www.faz.net/s/RubFC06D389EE76479E9E76425072B196C3/Doc… ----------- 2009 wird ein Gewinnerjahr!
hollewutz |