ftd.de, So, 23.2.2003, 16:04, aktualisiert: So, 23.2.2003, 22:14
Irak reagiert ausweichend auf Blix-Ultimatum
Irak hat auf das Ultimatum von Uno-Waffeninspekteur Hans Blix ausweichend reagiert. Man werde die Forderung nach der Zerstörung der umstrittenen Raketen prüfen, hieß es. Währenddessen haben die USA eine umfangreiche Werbekampagne für die gewaltsame Lösung des Irak-Konfliktes gestartet.
Irak prüfe die Forderung sehr ernsthaft, sagte der Chef der irakischen Waffen-Kontrollkommission, General Husam Mohammad Amin, am Sonntag in Bagdad. Man habe nicht mit der Forderung der Zerstörung gerechnet, hieß es. Irak hoffe jedoch, der Streit lasse sich - ohne Einmischung der USA und Großbritanniens, durch "Kooperation und Vereinbarung" lösen. Eine klare Antwort auf das Ultimatum, bis zum 1. März mit der Zerstörung der Raketen des Typs "Al Samoud 2" zu beginnen, blieb Irak schuldig.
Das Ultimatum gilt als Feuerprobe für die Kooperationsbereitschaft Iraks. Sollten die Raketen nicht verschrottet werden, wäre das ein klarer Bruch der Resolution 1441 und der Forderung nach bedingungsloser Kooperation. Das lieferte den USA ein starkes Argument für eine gewaltsame Lösung der Abrüstungsfrage.
Statt der sofortigen Verschrottung hat Irak am Sonntag das Triebwerk in Gegenwart von Uno-Fachleuten erneut getestet. Die irakische Führung wolle belegen, dass die sich Leistung der Triebwerke im Rahmen der Auflagen von 150 Kilometer Reichweite bewege, hieß es. Den Angaben zufolge verfügt Irak über rund 120 "Al Samoud 2".
Zustimmung zur Luftüberwachung mit Mirage und Luna
Hochleistungs-Motorsegler des Luftaufklaerungs- und Ueberwachungssystem Luna X-2000
In der Frage der Luftüberwachung ist Irak der Uno weiter entgegengekommen. Die irakische Führung habe dem Einsatz deutscher Drohnen vom Typ "Luna" sowie französischer "Mirage IV"-Aufklärungsflugzeuge zugestimmt, sagte Amin. Der erste "Mirage"-Flug sei bereits in wenigen Tagen zu erwarten, hieß es. Ein unbemannter "Luna"-Segler kann vier Stunden lang fast lautlos in der Luft bleiben und Bilder aus bis zu 80 Kilometern Entfernung übertragen. Der Einsatz der beiden Flugzeugtypen über Irak war Teil der zwischen Paris und Berlin in den vergangenen Wochen diskutierten Ideen für eine friedliche Entwaffnung Iraks.
Auch sonst habe sich Irak kooperativ verhalten, sagte Amin. So hätte Irak den Kontrolleuren eine neue Liste mit Namen von Wissenschaftlern aus früheren Rüstungsprogrammen übermittelt und der Internationalen Atomenergiebehörde (IAEO)weitere Informationen zur Frage des Imports von Aluminiumröhren übergeben, von denen die USA behaupte, sie eigneten sich zur atomaren Aufrüstung.
US-Werbefeldzug für Irak-Krieg
Colin Powell, US-Außenminister
Mit einer Werbekampagne für eine gewaltsame Lösung des Irak-Konfliktes wollen die USA vor allem die Staatschef kleinerer Länder im Sicherheitsrat auf Linie bringen. "Es ist an der Zeit zu handeln. Die Beweislage ist klar. Sie (Irak) sind schuldig", sagte Powell am Sonntag nach einem Treffen mit dem japanischen Ministerpräsidenten Junichiro Koizumi in Tokio. Er erwarte eine Entscheidung des Uno-Sicherheitsrates über eine zweite Irak-Resolution kurz nach dem 7. März, wenn Uno-Chefinspektor Hans Blix einen neuen Bericht vorlege. Die neue Resolution soll einen Krieg gegen Irak rechtfertigen. Bei dem Entwurf handele es sich um eine "einfache Resolution direkt auf den Punkt", sagte Powell.
Eine Zustimmung des Rates zu den Plänen der USA ist jedoch ungewiss. Für eine Verabschiedung müssen neun der 15 Ratsmitglieder zustimmen. Lediglich Spanien und Bulgarien gelten als sichere Kandidaten. Die Veto-Mächte Frankreich, Russland und China haben sich bereits gegen eine zweite Resolution ausgesprochen. Frankreich hatte sein "Nein" am Sonntag bekräftigt.
Die "mittleren Sechs" sollen kippen
Mitte vergangener Woche hatten sich die meisten Mitglieder im Uno-Sicherheitsrat gegen eine neue Irak-Resolution ausgesprochen. Um diese umzustimmen, setzen die USA auf eine massive Überzeugungskampagne und verstärken den Druck auf die Sicherheitsratmitglieder. Vor allem die Staats- und Regierungschefs der als unsichere Kandidaten eingestuften Mitglieder Angola, Guinea, Kamerun, Mexiko, Chile und Pakistan müssen in den kommenden Tagen mit Anrufen von Vizepräsident Dick Cheney, Außenminister Colin Powell oder Sicherheitsberaterin Condoleezza Rice rechnen. Die als die "mittleren Sechs" bezeichneten Staaten sollen die nötigen neun Stimmen bringen, die für eine Annahme der Resolution nötig sind.
Russland-Abgesandter in Bagdad
Tei der Kampagne ist auch der spanische Regierungschef José María Aznar. Nach einem Treffen mit dem US-Präsidenten George W. Bush im texanischen Crawford machten beide Politiker am Samstag klar, dass Spanien am Wortlaut des Entwurfs mitgewirkt hat. Damit hofft Bush, die traditionellen Verbündeten Spaniens - Mexiko und Chile - überzeugen zu können. Bush bat Aznar zudem, sich bei Libyens Revolutionsführer Muammar el Gaddafi und dem ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak für eine Unterstützung seines Irak-Kurses einzusetzen.
Russland warb am Wochenende für die friedliche Lösung des Konflikts. Der russische Präsident Wladimir Putin entsandte den ehemaligen Ministerpräsidenten Jewgeni Primakow zu Geheimgesprächen nach Bagdad, wie aus russischen Regierungskreisen verlautete. Primakow sei mit ranghohen Vertrauten des irakischen Präsidenten Saddam Hussein zusammengetroffen. Über den Inhalt der Gespräche wurde nichts bekannt. Offenbar will Russland Irak zu einer weitgehenden Zusammenarbeit mit den Uno-Waffeninspektoren bewegen.
© 2003 Financial Times Deutschland , © Illustration: AP |
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