Deutsche Terroristen Von Christiane Hoffmann "Wie kann man verhindern, dass Religionsfreiheit zur Verbreitung islamistischen Gedankenguts missbraucht wird ?" War die Verhaftung dreier mutmaßlicher islamistischer Terroristen, die Deutschland mit einer Anschlagserie ungekannten Ausmaßes überziehen wollten, nun eine gute oder eine schlechte Nachricht? Dass der Anschlag vereitelt werden konnte, hat wie schon vorangegangene Erfolge der Polizei in Deutschland und England gezeigt, dass der Westen der islamistischen Bedrohung nicht hilflos ausgeliefert ist, auch dann nicht, wenn die Terroristen zum Selbstmord bereit sind und es auf nichts anderes als eine möglichst hohe Zahl von Opfern abgesehen haben. Andererseits ist nun nicht mehr zu leugnen, dass Deutschland im Fadenkreuz nicht nur verirrter Einzeltäter wie der Kofferbomber, sondern international vernetzter und im Ausland ausgebildeter Dschihadisten liegt. Zum ersten Mal ist ins Bewusstsein getreten, dass eine ursprünglich lokale, jetzt aber internationalisierte Terrororganisation wie die "Islamische Dschihad Union", die in Usbekistan entstanden ist, nun auch Deutsche als Rekruten anwirbt. Das verändert die Qualität des Terrorismus: Er ist damit nicht mehr fremd und ausländisch, er ist auch nicht mehr nur in unserer Mitte gewachsen - "home grown" -, sondern er ist eine Mischung aus beidem. Wenn junge Deutsche, die in unserer Kultur und noch nicht einmal unter besonders schwierigen Bedingungen aufgewachsen sind, zu Terroristen werden, haben wir es mit mehr als mit von außen herangetragener Gewalt und Integrationsschwierigkeiten zu tun. Der islamistische Terrorismus gedeiht auf dem Nährboden eines Hasses, der sehr unterschiedliche Ursachen haben kann: von historischen über politische bis hin zu persönlichen. Die Internationalisierung des Hasses zeigt, wie sehr wir Teil einer Welt sind, in der die Kategorien von Innen- und Außenpolitik immer weniger greifen. Für die Bedrohung lässt sich eine Vielzahl innerer und äußerer Gründe anführen, die von den Versäumnissen der Integrationspolitik bis zur amerikanischen Mittelost-Politik reichen. Auf die scheinbar naive Frage des amerikanischen Präsidenten nach dem 11. September 2001, warum "sie uns hassen", gibt es keine einfache Antwort. Der Islam ist die Ursache, und er ist nicht die Ursache. Die Islamisten können ihren gewalttätigen Missbrauch mit dem Islam nur deshalb treiben, weil er im Gegensatz zu anderen Religionen gute Voraussetzungen für eine Politisierung bietet. Andererseits sind die Ursachen dafür, dass der Islam von den Radikalen zu einer gewaltverherrlichenden Ideologie umgedeutet wird, nicht in der Religion zu suchen. Sie liegen vor allem in der Verunsicherung durch eine als fremd und westlich erlebte Modernisierung. Entwurzelung, Ohnmachtsgefühle und Selbstentfremdung kennzeichnen aber nicht nur die Radikalen aus muslimischen Ländern, sondern auch die deutschen Konvertiten. Dem setzt der Islamismus Ordnung und Hierarchie, ein verbindliches Wertesystem, die Zugehörigkeit zu einer Gruppe und das Versprechen entgegen, mit Gewaltaktionen Wirkung zu erzielen. Alle Äußerungen der Politiker in der vergangenen Woche zeichneten sich durch das Bemühen aus, sowohl eine pauschale Verurteilung "des Islams" als auch einen Generalverdacht gegen Muslime oder auch gegen Konvertiten zu vermeiden. Diese Unterscheidung zwischen Islam und Islamismus ist notwendig, bleibt aber schwierig. Wie kann verhindert werden, dass unter dem Deckmantel der Religionsfreiheit in islamischen Zentren wie etwa jenem in Neu-Ulm terroristisches Gedankengut verbreitet wird? Ist es denkbar, das Propagieren bestimmter Glaubensinhalte, wie etwa des Dschihad, der sich sowohl als friedliches Bemühen als auch als kriegerische Auseinandersetzung interpretieren lässt, zu verbieten? Gerade das Fehlen einer verbindlichen religiösen Autorität bei den Muslimen und die damit verbundene Offenheit für jegliche Auslegung eröffnen die Möglichkeit für einen Missbrauch der heiligen Schriften des Islams. Eine Kriminalisierung des Islams birgt aber, abgesehen davon, ob sie verfassungsrechtlich möglich wäre, die Gefahr, dass die antiwestliche und antiliberale Ideologie des Islamismus als Ausdruck totalen Protests bei Extremisten links und rechts an Attraktivität gewinnen würde. Wenn der Staat Gedankengut verbietet, kann das auch kontraproduktiv sein. Es scheint keine Alternative zu dem in den vergangenen Jahren eingeschlagenen Weg zu geben: die verstärkte Bemühung um die Integration von Migranten und das Aufbrechen der Parallelgesellschaften einerseits sowie die Überwachung und strafrechtliche Verfolgung der Terroristen andererseits. Wichtiger als die umstrittenen Online-Durchsuchungen ist es dabei möglicherweise, die sogenannten Vorfeldhandlungen, wie etwa die Ausbildung in pakistanischen Terroristenlagern, unter Strafe zu stellen. Gut, dass sich die Koalition wenigstens darüber einig ist. Wie kann man verhindern, dass Religionsfreiheit zur Verbreitung islamistischen Gedankengutes missbraucht wird? Text: Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung, 09.09.2007, Nr. 36 / Seite 12 MfG kiiwii Next time you think you're perfect, try walking on water... Just don't splash me! btw:...der KSC steigt trotzdem ab... |