Was für ein schönes Interview mit Löschke in der Leipziger Volkszeitung:_
© Leipziger Volkszeitung vom Samstag, 20. August 2005
" Ich möchte Kunden begeistern"
Leipzig. Deutschland braucht Visionen - für die Wirtschaft, erst recht aber in der Politik. Das sagt Knut Löschke, Gründer und Chef des IT-Spezialisten PC-Ware, im Sommerinterview.
Frage: Herr Löschke, PC-Ware ist mittlerweile europaweit aufgestellt. Die Zentrale sitzt aber immer noch in Leipzig. Warum?
Knut Löschke: Aus Tradition.
Bitte? Der Standort an sich hat also keine Vorteile?
Ich bin Ur-Leipziger, mit Leib und Seele. Und Sie stellen mir gerade die Frage, warum ich meine Frau liebe. Aber ernsthaft: Die meisten deutschen PC-Ware-Mitarbeiter stammen aus der Region.
Ist das alles?
Nein, natürlich nicht. Die Infrastruktur ist prima. Auf der einen Seite im Bereich IT: das moderne Glasfasernetz, die hohe Bandbreite mit einer Ausfallquote nahe Null. Auf der anderen Seite bin ich mit dem Auto in drei Stunden in Frankfurt, München, Hamburg oder Prag.
Wo große Kunden sitzen.
Entscheidend ist, dass Sie dort Dienstleistungen anbieten, wo die Kunden sind. Nicht von ungefähr ist unsere zweitgrößte deutsche Niederlassung in München. Wenn Sie eine bayerische Kommune oder ein bayerisches Ministerium bedienen wollen, dann müssen Sie einen Bayern hinschicken. Ganz abgesehen davon, dass Sie in München auch Distributoren und Hersteller von Soft- und Hardware so konzentriert antreffen wie in Frankfurt die Bankenwelt. Aber Arbeitsgebiete, die sich selbst europaweit zentralisieren lassen, Buchhaltung, Controlling, Basis- und Beratungsdienste für die Niederlassungen, die bleiben in Leipzig.
Also verstehen Sie sich als deutsches Unternehmen?
Das ist ein interessanter Prozess: Wir sind als klar lokal orientierter Dienstleister gestartet und dann gewissermaßen mit den Kunden gewachsen. Dann brauchen Sie irgendwann Englisch als Kommunikationssprache und müssen sich plötzlich mit Dingen wie der Quellensteuer beschäftigen. PC Ware ist heute ein deutsches Unternehmen mit ausländischen Tochterfirmen. Wir werden und wollen den Schritt machen zu einem europäischen Unternehmen, das überall lokale Standorte hat - auch in Deutschland.
Das Wachstum soll also vornehmlich aus dem Ausland kommen?
Das ist die logische Entwicklung. Wir haben in Deutschland in unserem Kern-Geschäftsfeld, der Lizenzierung von Software, einen Marktanteil von 30 Prozent und mehr. Ab dieser Größenordnung beginnen Mechanismen zu wirken, dass selbst Partner wie Microsoft überlegen könnten, das etwas zu bremsen. Deshalb ist unsere Strategie, zum Beispiel in England und Frankreich ein Wachstum zu erreichen, das diese Standorte auf ein entsprechendes Niveau bringt. Damit wir auf mehreren Beinen sicher stehen.
Wird es denn in diesem Jahr neue Niederlassungen geben?
Die Kernländer des alten Europas sind praktisch abgedeckt, Prag und Wien sollen unsere Brückenköpfe für die nord- und südöstlichen Länder sein, also etwa Polen, Tschechien, Ungarn und Rumänien. Völlig nackt sind wir noch in Nordeuropa, aber dort laufen schon seit längerer Zeit Gespräche über Akquisitionen.
Wohin soll die Reise gehen?
Zurzeit machen wir noch zwei Drittel unseres Umsatzes in Deutschland und ein Drittel außerhalb. Das wird sich in nächster Zeit drehen, mindestens auf halbe-halbe, wenn nicht sogar 60 zu 40. Zudem soll das Gewicht der Software-Lizenzierung in unserem Portfolio langsam zurückgehen. Unser Kerngeschäft nutzen wir verstärkt als Türöffner, den Kunden weitere Dienstleistungen anzutragen - sei es Service, sei es Hardware- Infrastruktur.
Die IT-Branche war in der Krise...
Das war keine Krise, das war eine Katastrophe. Von jährlichen Durchschnitts-Wachstumsraten zwischen sechs und acht Prozent vor dem Jahr 2000 schlug der Markt abrupt um in sechs bis 15 Prozent Rückgang jährlich. Das haben nur die überlebt, die sich von der Euphorie damals nicht anstecken ließen.
Wie PC Ware?
Na ja, wir sind dafür belächelt worden, dass wir nur konstant Gewinne machen und nicht in zwei Jahren schon den Mond erobern wollten. Wir haben uns bewusst zurückgehalten, Service-Leute eingestellt und im übertragenen Sinne davon gelebt, kaputte Autos zu reparieren. Das geht immer.
Bringt aber kein schnelles Geld.
Das klingt zwar etwas pathetisch, aber ich versuche meinen Leuten klar zu machen, dass das größte Glück darin besteht, einen anderen glücklich zu machen. Ich möchte meinen Kunden schlicht gut bedienen. Das ist die einfachste, billigste Variante. Ich muss kein Technologietreiber sein, ich will keinen Nobelpreis gewinnen, weil ich die schnellsten und besten Computer entwickle. Ich bin zufrieden, wenn der Kunde mir abends sagt: Gut gemacht.
Aber Geld verdienen müssen Sie doch auch?
Klar, schon deshalb, weil wir eine börsennotierte Gesellschaft sind. Das ist meine Aufgabe, die mir die Aktionäre geben: mache dieses Unternehmen noch reicher. Das ist aber nicht mein persönlicher Antrieb - ich möchte den Kunden begeistern. Dann kommt auch das Geld...
Das Rezept funktioniert?
Offenbar. Wir sind auf gutem Wege, unser Ziel zu erreichen: In den nächsten drei bis fünf Jahren wollen wir unser heutiges Umsatzvolumen von derzeit etwa 504 Millionen Euro verdoppeln.
Das ist ambitioniert.
Nein, banale Mathematik: Bei 15 bis 20 Prozent Wachstum pro Jahr kommt das hin.
Wird denn Ihre Strategie von der Börse honoriert?
Allmählich. Wir lernen langsam, über das Gute, was wir tun, auch zu reden. Im letzten halben Jahr hat unsere Aktie um drei Euro zugelegt. Unser Ziel ist es, mindestens den Preis vom Börsengang zu erreichen, das waren 19 Euro. Es ist ein komisches Gefühl, zu sehen, dass man den Wert des Unternehmens seit Börsengang quasi verdoppelt hat - und der Preis der Aktie, der ja nicht ihr Wert ist, das nicht abbildet.
Zum Abschluss: Demnächst steht eine Bundestagswahl an. Wo steht Deutschland aus Ihrer Sicht?
Viel besser, als wir glauben. Es gibt sicher das Problem, dass das Bruttosozialprodukt nicht steigt, dass die Sozialsysteme reformiert werden müssen. Aus meiner Sicht herrscht eine Überversorgung - deswegen können die Leute auch so jammern. Manche scheinen geistig noch immer im Feudalismus zu leben: Ich bin Leibeigener, Du bist meinHerr, also gib mir mein täglich Brot. Deutschland hat viel mehr Potenzial, als wir uns gerade zutrauen. Es braucht eine großartige und motivierende Vision.
Interview: Thilo Boss/Lars Radau |