30. April 2002
Produktpiraten entdecken das Internet
Kampf gegen gefälschte Markenartikel in Online-Auktionshäusern
Von PETER TRZKA
Schuhe von "addidas", Trainingsjacken von "Niki", Jeans von "Lewis": Nicht immer ist gefälschte Markenware so leicht zu erkennen. Schon gar nicht im Internet - und das haben die Produktpiraten für sich entdeckt. "Immer mehr Produktfälscher verkaufen ihre Plagiate über Internet-Auktionshäuser", sagte Doris Möller vom Aktionskreis Deutsche Wirtschaft gegen Produkt- und Markenpiraterie APM. Gutgläubige Schnäppchenjäger - sie werden "getäuscht und abgezockt".
11,8 Milliarden Dollar Schaden Die Produkt- und Markenpiraterie ist ein Milliardenmarkt für die Fälscher. Der Marktanteil von Software-Raubkopien lag 1999 weltweit bei 37 Prozent. Umsatzverlust für die Hersteller: Rund 11,8 Milliarden US-Dollar (2000). In deutschen Internet-Auktionshäusern sind "40 bis 60 Prozent der Software-Produkte nicht lizensiert", sagte Möller. Konsequenzen für die Auktionshäuser: keine. In ihren Geschäftsbedingungen haben die nämlich geregelt, dass sie nur als Marktplatz agieren, der Vertrag zwischen Verkäufer und Käufer zustande kommt.
Den Schaden hat der Verbraucher, wenn sich das vermeintliche Schnäppchen als billige Fälschung herausstellt. Und auch die Produkthaftung entfällt. Levi's konfisziere auf Polenmärkten immer wieder große Mengen von gefälschten Jeans, die hochaggressive Stoffe enthalten, sagte Möller. Lebensgefährlich werde dies bei vermeintlichen Original-Ersatzteilen für Autos.
Kein Gefängnis Der APM hat im vergangenen Jahr in rund 400 Fällen Abmahnverfahren eingeleitet. Möller: "Üblich sind Geldstrafen, ins Gefängnis musste noch keiner". Ermittlerteams forschen auf Floh- und Wochenmärkten und im Internet nach gefälschten Produkten.
Unterstützung bekommt der APM vom Zoll. "Im Jahr 2000 wurden in 2.500 Fällen Produkte beschlagnahmt", sagte Klaus Hoffmeister von der Oberfinanzdirektion Nürnberg. Fünf Jahre zuvor waren es noch 250. Die meisten Sendungen kommen aus dem asiatischen Raum, aus Indien, Südamerika und den USA. Allerdings sind die Fälschungen nicht mehr so leicht zu erkennen wie früher - auch nicht am Preis.
Verbraucherschutz Der Verbraucher kann sich schützen, indem er Markenprodukte im Fachhandel kauft. Oder bei Internet-Auktionen den gesunden Menschenverstand einschaltet: Was zu billig ist, um wahr zu sein, ist es vermutlich nicht. Doris Möller empfiehlt die Bewertung von Anbietern zu checken und rät zu Vorsicht, wenn der Verkäufer im Ausland sitzt. Dann nämlich, sagte Möller, sei es "häufig völlig aussichtslos", den per Vorkasse geforderten Preis zurückzufordern.
Vorsicht bei Urlaubsreisen Alfred Tacke, Staatssekretär im Wirtschaftsministerium, fordert eine "verstärkte Eigeninitiative der Unternehmen". Sie sollten vorhandene rechtliche Möglichkeiten wie technische Schutzmöglichkeiten stärker nutzen, "um Fälschern und Plagiatoren das Handwerk zu legen".
Auch Touristen könnten in Zukunft Probleme bekommen, wenn das unter südlicher Sonne gekaufte T-Shirt mit Markenaufdruck gefälscht ist. Die EU-Kommission plant eine Änderung der EU-Grenzbeschlagnahmeverordnung, wonach der Zoll dann derartige Produkte konfiszieren kann - auch wenn diese Produkte für den Eigengebrauch gekauft wurden. In Frankreich ist dies bereits nach nationalem Recht möglich.
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