Die Kursentwicklung der letzten Wochen bei Envitec gibt, zumindest auf den ersten Blick, Rätsel auf. Schließlich liegt der Buchwert (=das Eigenkapital) von Envitec bei 11,56 Euro pro Aktie, bei gleichzeitg prognostizierten Gewinnen für das 3. und 4. Quartal und einem positiven Gesamtergebnis für das Jahr 2010. Der Auftragseingang für das 2.Quartal ist mit über 60 Millionen geradezu explodiert und bei den derzeitigen Plänen und Förderungen der Bundesregierung und anderer Regierungen ist das sicherlich erst der Anfang eines neuen Biogas-Booms. Analog zur Auftragsbestandsentwicklung wird mit entsprechender zeitlicher Verzögerung auch der Umsatz und der Gewinn in die Höhe schießen. Das Hauptproblem von Envitec über das vergangene Jahr betrachtet war, daß man den Personalbestand ungefähr 8 Monate zu früh aufgebaut hat. Das hat sich bei der geringen Kapazitätsauslastung aufgrund verschiedener Einflußfaktoren auf alle Quartalsergebnisse seither negativ ausgewirkt. Ich würde das als ein Timing-Problem bezeichen, das sich nun allerdings aufgelöst hat, da bei Envitec seit Juni Vollauslastung herrscht. Außerdem baut Envitec gerade den äußerst lukrativen Eigenbetrieb auf, was ja auch mit Investitionskosten verbunden ist. Das Gleiche gilt für die von Envitec erfolgreich vorangetriebene Internationalisierung. Als weiterer negativer Einflußfaktor kam die Insolvenz von Schmack hinzu, das kann man ja am Chart ganz deutlich ablesen, daß Envitec hier in "Sippenhaft" genommen wurde und sich seither davon nicht erholen konnte. Allerdings gibt es doch zahlreiche gewaltige Unterschiede zwischen Schmack und Envitec: Envitec ist ein kerngesundes Unternehmen mit einer sehr hohen Eigenkapitalquote, und im Gegensatz zu Schmack hat die Unternehmensführung (v.a. von Lehmden) seit Mitte/Ende 2007 stetig eigene Aktien aufgekauft. Von Lehmden hat (nachdem er beim Börsengang 47 Euro/Aktie eingenommen hatte) zum Beispiel am 30.8.2007 für einen Gesamtwert von 1.918.290,25 Euro zu einem Kurswert von 25,71 Euro/Aktie gekauft. Ich glaube schon, daß von Lehmden und die anderen Insider, die beim Börsengang ihre Anteile erst für 47 Euro/Aktie verkauft haben und bald darauf damit anfingen, wieder massiv in ihr eigenes Unternehmen zu investieren, einen besseren Einblick bezüglich ihres Unternehmeswertes haben wie ein paar aufgeschreckte Privatanleger in Panik oder irgendwelche technischen Analysten. http://www.envitec-biogas.de/fileadmin/...ctorsDealings15_11_2007.pdf http://www.envitec-biogas.de/investor-relations/...iergeschaefte.html Ich habe kürzlich ein Interview mit Jim Rogers im Fernsehen gesehen, der zu seinen Investmentstrategien befragt wurde: Er meinte, sozusagen als Quintessenz, wichtig sei, daß man immer billig einkaufe und teuer verkaufe. Es wurde in diesem Thread über einen einen möglichen Squeeze-Out durch von Lehmden spekuliert. Aus mehreren Gründen ist das völlig unsinnig: 1.) von Lehmden kann sich die Aktien billiger über die Börse/zum aktuellen Marktwert beschaffen als über einen Squeeze-Out, bei dem er den verbliebenen Aktionären einen Durschnittskurs der der vergangenen Monate bezahlen müßte. 2.) Sollte die Unternehmesführung einen Squeeze-Out erfolgreich durchführen, wären sie die alleinigen Eigentümer ihres Unternehmens und würden sicherlich Zeit ihres Lebens keinen weiteren Börsengang/Kapitalerhöhung über die Börse mehr durchführen können. Refinanzierung wäre dann nur noch in Form von Fremdkapital über die Banken oder mit Hilfe von Anleihen möglich. 3.) Der Börsengang hat viel Geld gekostet. 4.) Die Unternehmensführung ist Mehrheitsaktionär und benötigt aus unternehmensstrategischen Gründen überhaupt keine Anteile mehr. Der einzige Grund für weitere Aktienkäufe ist daher nur der Investitionsaspekt. 5.) Bei einem Squeeze-Out steigt der Aktienkurs in der Regel zumindestens kurzfristig. Angebot und Nachfrage regeln den Preis. 6.) Der Streubesitz bei Envitec beträgt aktuell (Stand 7.10.2010) 22,13% und ist damit noch Lichtjahre von einem Squeeze-Out entfernt. http://www.envitec-biogas.de/investor-relations/...naersstruktur.html Ich persönlich könnte mir vorstellen, daß wir bei Envitec momentan so etwas wie den finalen Sell-Out sehen: Die Aktie ist erst unter die 11 und dann unter die 10 Euro gerutscht und hat dadurch die Stop-Marken einiger frustrierter Privatanleger durchbrochen. Vielleicht gab es auch Umschichtungen in Biogas Nord, was ich beim derzeitigen Kursniveau beider Aktien zumindest als sehr riskant bezeichnen würde. Schauen wir mal, was bei Veröffentlichung des Quartalsberichts am 22. November so passiert. Da werden wir dann alle wissen, ob von Lehmden verrückt geworden ist oder ob er beim Aktieneinkauf ein ebenso "glückliches Händchen" hatte wie seinerzeit beim Verkauf der eigenen Aktien. |