"Stimmt also der Vorwurf das die ihre Lobby stärken wollten und die billigen f&f verteuern wollten?"
Präziser formuliert müsste die Frage lauten: "Stimmt also die Vermutung, dass Mnuchin und Calabria ihre Lobby stärken wollten und F&F, die zinsgünstigere Hypotheken anbieten als private Banken, eindampfen, kontrollieren und beschränken wollten?"
Die Antwort ist aus meiner Sicht ein klares Ja. Mich hat schon stutzig gemacht, dass Ex-Finanzminister Mnuchin - der ja früher beim Hedgefonds Goldman-Sachs gearbeitet hatte - im Januar darauf hingewiesen hatte, dass die Altaktionäre (speziell die Halter der Junior Preferred Shares JPS, zu denen viele kleine Hedgefonds zählen) bei einem Ende der Zwangsverwaltung "Windfall-Profite" machen könnten, also extrem gut an der Rückabwicklung der Zwangsverwaltung verdienen würden.
Mnuchin (laut Don Layton, 22. Jan. in # 789, dt. in # 790):
„[Die Regierung] sollte nichts tun, was unnötigerweise einen Windfall-Profit für die professionellen Investoren erzeugt, die jetzt einen signifikanten Prozentsatz des Stammkapitals und der Vorzugsaktien der GSEs vor der Insolvenz besitzen...“
Verdächtig ist allein schon, dass Mnuchin bei F&F überhaupt von „Insolvenz“ redet, denn faktisch stehen F&F nur unter Zwangsverwaltung. Eine Chapter-11-Pleite hat es nie gegeben und war auch nie wirklich erforderlich.
Weiterhin sonderbar ist, dass ausgerechnet ein ehemaliger Goldman-Banker – Mnuchin war vor seiner Zeit als Finanzminister jahrzehntelang bei G&S - solche „Sorgen" hat. Denn Goldman selbst lässt normalerweise keinen potenziellen Windfall-Profit links liegen. Goldmänner seien "Geldkraken, die ihren gierigen Rüssel in alles stecken, was nach Geld riecht", hatte ein US-Journalist namens Matt Taibbi vor Jahren geschrieben....
Wie also lassen sich Mnuchins diesbezügliche "Sorgen" erklären? Gönnt er den kleineren Konkurrenten seiner Großzockerbank die „Brosamen“ nicht?
Tatsächlich hört man Argumente zur „Vermeidung von Windfall-Profiten für Spekulanten“ sonst eher von Demokraten. In D. z. B. typischerweise von SPD-Abgeordneten wie einst Münterfering bei der „Europarettung“ durch Draghi 2012.
Mnuchin ist jedoch ein beinharter Republikaner. Und genau dies bestimmt auch seine Agenda: F&F sollten - trickreich - klein gehalten werden, damit die privaten Banken (wie GS) bessere Geschäfte machen können. Perfekt umgesetzt wurde dies unter Calabria, mit dem Trump den Bock zum Gärtner gemacht hatte.
Mnuchins Mitstreiter Calabria hat (gemäß Layton in # 789/790) explizit gesagt, er wolle
"den Umfang der Aktivitäten der GSEs deutlich... reduzieren (!), was in Washington als "shrinking their footprint" bekannt ist. Insbesondere das letztgenannte Ziel spiegelt seinen marktwirtschaftlichen politischen Hintergrund wider, der die GSEs als unangemessene Eingriffe des Staates in die Finanzierung von Eigenheimhypotheken sieht."
Besser kann man die Rep-Agenda nicht auf den Punkt bringen. Mnuchin und Calabria sind als Reps vor allem für freie Hand und Aktivität des – privaten – Kapitals, mit möglichst wenig staatlicher Einmischung. Dazu passt haargenau der Spruch, dass GSEs „unangemessene Eingriffe des Staates in die Finanzierung von Eigenheimhypotheken“ darstellen.
Mnuchin, Calabria und Trump haben damit offenbar nur zum Schein stets das Interesse bekundet, Fannie und Freddie von der Zwangsverwaltung befreien zu wollen. Calabria konnte F&F während der Zwangsverwaltung nach Belieben kurz halten - durch übermäßige Eigenkapital-Anforderungen und zig andere regulatorische Knebel und Winkelzüge sowie Fortsetzung der Gewinnabsaugung via NWS durch den Staat.
Sprich: Der Plan zur „Befreiung“ Fannies und Freddies war offenbar nur eine von zigtausend Trump-Lügen. Kein Wunder, dass es mit der Befreiung zu Trumps Amtszeit „leider nicht geklappt“ hat....
Perfide – und schwer durchschaubar – wurden die Lügen vor allem dadurch, dass Trump und Co. sich stets darauf berufen hatten, das Ende der Zwangsverwaltung von Fannie und Freddie entspreche der Rep-Agenda von der „Befreiung der Firmen von staatlicher Vorherrschaft und Kontrolle“. Tatsächlich war das exakte Gegenteil der Fall: Halbstaatliche und zinsgünstige Konkurrenten der freien Hypo-Banken sollten weiterhin behindert, kurzgehalten, gemaßregelt und ausgeplündert werden – und bleiben.
Entgegen der teils felsenfesten Überzeugung von Trump-Fans könnte die Befreiung daher nun ausgerechnet von Seiten Bidens/Yellens erfolgen, wozu auch die drohende Niederlage im Scotus-Urteil eine Steilvorlage liefern wird.
Funktionierende und zinsgünstige GSE sind im Interesse der US-Demokraten. Privates Kapital, das nach Ende der Zwangsverwaltung wieder in F&F fließen kann, ermöglicht die schnelle und wichtige Wiederaufstockung der Eigenkapitaldecke, zu der u. a. die bei den Common Stocks vorgesehenen Kapitalerhöhungen zu je 70 Mrd. $ beitragen werden. Wenn eine „Befreiung“ nicht im Busch wäre, könnte von Kapitalerhöhungen nur geträumt werden, denn die sind unter Zwangsverwaltung rechtlich ausgeschlossen. Allein dass sie bereits angedacht werden, weist den Weg...
Nicht unterschätzt werden sollte weiterhin das Argument, dass F&F nach dem bevorstehende Ende des Covid-Moratoriums bei den Zwangsvollstreckungen und Wohnungsräumungen erneut mit Verlusten konfrontiert sein könnten. Da ist es dem Staat lieber, nicht allein zu haften, sondern auch private Gläubiger (Risikokapital) an möglichen Verlusten zu beteiligen.
In USA drohen wegen des Covid-bedingten ökonomischen Niedergangs viele Zwangsversteigerungen. Allerdings hat sich das US-Recht dahingehend geändert, dass die Schuldner nicht mehr einfach „weglaufen können“ („Schlüssel bei der Bank auf den Tisch legen“), sondern für ihre Hyposchulden weiterhin haftbar bleiben. 2008 waren F&F die „Geprellten der letzten Instanz“.
Auch in kommenden Krisenlagen sollten F&F bei der Refinanzierung via MBS keine größeren Probleme mehr bekommen, weil die Fed im Rahmen von QE einen Großteil der von F&F herausgegebenen Anleihen aufkaufen wird. Der „Fed-Put“ ersetzt bzw. realisiert somit die implizite Staatsgarantie, die vor 2008 zwar pro forma bestand, aber nie rechtlich exakt ausformuliert worden war.
Riskant sind die MBS-Aufkäufe für die Fed eh nicht. F&F-MBS sind wesentlich solider als Junkbonds von Wackelfirmen, die die Fed ebenfalls massenhaft aufkauft. Vor 2008 galten F&F-MBS als ähnlich sicher wie US-Staatsanleihen und hatten auch AAA-Rating. Zudem bringen die 30-jährigern MBS zurzeit 2,5 % Zinsen. |