Ein Rückblick auf das Börsenjahr 2007 und die Probleme, den richtigen Anlage-Zeitpunkt zu finden
1. Januar: Vielleicht kennen Sie mich noch - ich bin's, der Kleinaktionär. Die letzten Jahre habe ich mich ja arg bedeckt gehalten, schließlich habe ich mit der T-Aktie verdammt viel Lehrgeld bezahlt. Aber ich habe gelernt und mich 2006 zurück aufs Parkett gewagt. Ich will ja nicht angeben, aber ich habe mit meiner neuen Strategie ein hübsches Sümmchen verdient. Der Dax hat 22 Prozent, ich stolze 15 Prozent gemacht. So darf, so soll es weitergehen. Prognosen sehen den Dax über 7000, einige erwarten sogar 7500 Punkte. Diese 14 Prozent überlasse ich doch nicht nur den Reichen! 21. Januar: Die Börse läuft rund wie ein Schweizer Uhrwerk. Warum habe ich nicht schon früher die Aktien wiederentdeckt? Ich hätte reich werden können.31. Januar: Und weiter geht's auf 6800 Punkte, das ist ja wie in der guten alten Zeit. Nur dieses Mal bin ich schlauer. Ich habe meine Lektionen gelernt - nun werden Gewinne konsequent gesichert und Verluste minimiert. Und Zockerwerte haben bei mir Hausverbot. 6. Februar: Geht doch! Auch die angeblich öden Werte bringen Prozente. Eine Allianz, eine Telekom - beide toll. Endlich, die Börse macht wieder Spaß. 26. Februar: Analysten glauben wieder an uns - und die müssen es doch wissen. Die 7000 Punkte nehmen wir im Sauseschritt - bei 7500 nehme ich Gewinne mit. 27. Februar: Ächz, drei Prozent im Minus, nur weil in Fernost die Investoren durchdrehen. Das sind doch alles Hysteriker, ich bleibe locker. 28. Februar: Ohh, alles rot! Noch einmal 2,6 Prozent südwärts, die ganzen Jahresgewinne sind schon wieder futsch. Aber ich lasse mich nicht ins Bockshorn jagen. 5. März: Ja, nimmt es denn gar kein Ende? Analysten sehen das "Ende der Sorglosigkeit" und rechnen mit weiteren Verlusten. Mir machen schon 6437 Punkte echte Sorgen. Vielleicht sollte ich doch ein paar Verluste begrenzen? Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende. 8. März: Die Korrektur ist zu Ende, mein Schrecken leider nicht. Da habe ich Dummbart bei 6440 Punkten die Hälfte meines Depots verkauft - und nun sind wir wieder bei 6700 Punkten. Aber ich bin ein Langfristinvestor, da muss man durch. 14. März: Gut, dass ich nun so besonnen agiere: Wir sind wieder bei 6440 Punkten angelangt - und ich bin nicht gleich der Erholung auf den Leim gegangen! Ich nicht! Wenn ich die Nachrichten von der US-Immobilienkrise so höre, sollte ich vielleicht auch den Rest verkaufen. Sonst folgt dem Immobilien- noch mein privater Crash. 22. März: 400 Punkte in sechs Handelstagen - die Börsen wollen nach oben. Ich will mit. Aber ich schaue mir das lieber noch aus der Distanz an. Dem Frieden traue ich nicht. 16. April: Warum bin ich nur so kleinmütig? Nun sind wir bei 7300 Punkten - und ich bin der letzte Trottel, der auf Festgeld sitzt. 23. April: Die Hausse nährt die Hausse - vielleicht sollte ich mir auch eine Scheibe abschneiden? 27. April: Starke Bilanzzahlen, tolle Analystenkommentare. Aber sind da nicht längst alle guten Nachrichten eingepreist? Den letzten beißen die Hunde. 2. Mai: 7456 Punkte - der höchste Stand seit sieben Jahren. Das läuft langsam etwas heiß. Ich bleibe ein bisschen investiert, aber halte das Pulver trocken für den nächsten Rückschlag!21. Mai: 7600 Punkte - nun erwarten auch Analysten eine Verschnaufpause: Ich bin doch nicht der letzte in diesem Pyramidenspiel. 28. Mai: "Alle wollen das Allzeithoch sehen", heißt es auf dem Parkett. Ich nicht: Ich will die Korrektur sehen und endlich einsteigen! Eins schwöre ich Euch - unter 7500 greife ich mutig zu. 4. Juni: Der Dax bei 8000 Punkten - ich fasse es nicht. Wäre ich doch eingestiegen, jetzt ist es zu spät, oder? Ich muss ruhig bleiben... 8. Juni: Hatte ich es nicht gesagt? Nun hat es den Dax mal eben um 500 Punkte rasiert - Morgan Stanley hat eine Crash-Warnung herausgegeben. Da steige ich doch nicht bei 7500 Punkten ein. Versuch nie, ein fallendes Messer zu fangen. Ich sammele die Kurse erst im Keller wieder ein: Nur zu, ihr Hysteriker, verkauft man schön. 16. Juni: Wofür werden diese Schwachköpfe in den Investmentbanken eigentlich bezahlt? Noch so eine falsche Crash-Warnung, und es kracht. Wir haben die 8000 Punkte wieder, und ich habe zugesehen und bin auf meinem Tagesgeld mit 3,6 Prozent Zinsen sitzen geblieben. Ja, 3,6 Prozent im Jahr. Das schafft die Börse derzeit in ein paar Stunden... 26. Juni: Die Deutsche Bank sieht den Dax im Dezember bei 8500 Punkten - vielleicht sollte ich doch noch ein bisschen wagen? 7860 Punkte sind doch recht günstig. 29. Juni: Da haben wir es. Wieder 8000 Punkte - heute habe ich mir ein paar Blue Chips gegönnt. 13. Juli: Geht doch - die Börsen laufen weiter: 8151 Punkte, Allzeithoch! Reichtum, ich komme. 15. Juli: Gerade dachte ich, es läuft! Und dann kommen mir wieder die Amis mit ihrer Immobilienkrise dazwischen. Ich dachte, die sei ausgestanden. Und warum muss dieser blöde Euro so steigen? 26. Juli: Jetzt haben sich wohl alle gegen mich verschworen. Der Dax im rasanten Rückwärtsgang auf 7508 Punkte. Meine Blue-Chips werden zu Blues-Chips... 30. Juli: 7456 Punkte - der Dax fällt wie ein Stein. Und Analysten faseln von 9000 Punkten. Auf die war doch noch nie Verlass... 10. August: Er riecht nach Crash! "Börsen im Würgegriff der Angst", lese ich in der Zeitung. Ich bekomme bald auch keine Luft mehr. Und die technische Unterstützung bei 7400 Punkten hat gehalten wie Pappe made in China. 16. August: Dax unter 7300 Punkten! Warum tut die Notenbank nichts? Soll ich pleite gehen, nur weil sich die Banken mit Häuslebauern verzockt haben? 17. August: Der Aktiengott hat uns erhört! Danke, Ben Bernanke. Zinssenkung. Das wurde aber auch Zeit, heute morgen war der Dax schon unter 7200 Punkten und ich am Rande des Nervenzusammenbruchs. Aber gut, dass ich dieses Mal die Nerven behalten habe. Früher hätte ich sicher alles in Panik verkauft. Jetzt geht's aufwärts. 3. September: Diese Jojo-Börse macht mich wahnsinnig. Ein Schritt vor, ein Schritt zurück - für mich führt das nirgendwo hin, höchstens in den Wahnsinn. 24. September: Es läuft wieder. 7700 Punkte. Hoffentlich ist das mehr als ein Strohfeuer. 1. Oktober: Bald fallen die 8000 Punkte - die Probleme sind vergessen, der Optimismus ist zurück. Es ist schön, investiert zu sein! 5. Oktober: Hatte ich es nicht gesagt! Deutschland hat wieder ein Achttausender. Und ich habe ihn mit erklommen! 13. Oktober: Die Börse läuft und läuft. Jetzt nur nicht gierig werden. Mir wird die Sache langsam zu heiß. Jetzt heißt es, clever zu investieren und die richtigen Papiere auszuwählen. Alle reden übers Klima, ich auch: Solaraktien sind der große Renner. Und ich bin mit dabei - habe mir heute auf Empfehlung meines Bankers (ein guter Mann!) ein paar coole Conergy-Aktien ins Depot gelegt. Sind gerade schön zurückgekommen und für unter 60 Euro ein Schnäppchen. 26. Oktober: Ich hasse Einzelinvestments. Der Dax gewinnt - und meine Conergy-Aktien verlieren binnen Minuten ein Drittel an Wert. Ich denke, das ist ein Zukunftsunternehmen. Meine Zukunft ist düster - ich bin ruiniert! 2. November: Erst purzelt meine Sonnenaktie - jetzt torkelt der Dax hinterher. Dabei haben die Amerikaner doch die Zinsen gesenkt. Nun kauft doch endlich! Experten haben uns doch schon 10 000 Punkte im übernächsten Jahr versprochen. 19. November: Wie gewonnen, so zerronnen. Euro und Ölpreis auf Höhenflug, meine Aktien auf Talfahrt. Der Dax hat gerade noch 7500 Punkte, und meine Conergy-Aktien sind nicht einmal mehr 20 Euro wert! Da dürfen sich die Einzelhändler nicht wundern, wenn keiner mehr Geschenke kauft. Ich glaube, die Kinder ahnen schon, dass es dieses Jahr nicht viel auszupacken gibt. Und diesen Nichtsnutz von Banker werde ich verklagen! 20. November: Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Mit Solaraktien bin ich fertig - regnet ohnehin ständig. Und meine angeblichen Blue Chips können mir auch gestohlen bleiben. Heute habe ich den Schrott aus dem Depot gekehrt. Endgültig! 21. November: Der Ausverkauf geht weiter - 7474 Zähler. Das geht auch noch tiefer, ihr Inves-Toren! Selber Schuld, wer in Aktien investiert. 28. November: Kaum steigt der Dax auf 7700 Punkte, träumen alle schon wieder von der Jahresendrallye. Das wird ein böses Erwachen geben! 7. Dezember: Jetzt sind wir wieder bei 8000 Punkten. Aber ich werde nicht jedem Trend nachjagen... 12. Dezember: Jetzt, wo ich ausgestiegen bin, machen die Notenbanker gemeinsame Sache und befeuern die Kurse. 8100 Zähler - und wer ist wieder außen vor? Die Börse ist so gemein zu mir. Aber den nächsten Aufschwung nehme ich mit. Habe eben eine ganz kleine Position zuverlässiger Werte gekauft. ++++++++++++++++ mal schaun was 2008 kommt .... in diesem sinne allen einen guten rutsch und ein glückliches anlegerhändchen für 2008... limi |