Nachricht vom 11.11.2006 | 17:31 524 mal gelesen
Interview mit Florian HommLeser des Artikels: 524
TradeCentre: Herr Homm, der Dow Jones hat einen neuen Rekord geknackt. Der DAX markiert fast täglich neue Jahreshochs. Die Hausse bei den Blue Chips ist in vollem Gange. Wie lange hält die Rallye noch an? Florian Homm: Die Stimmung am Markt ist allgemein extrem gut, was mich natürlich wie immer nervös macht. Wir stehen dem Markt im Wesentlichen neutral gegenüber. Wir sind weder massiv short noch überwiegend long. Zwei Szenarien sehen wir: Einmal, dass wir in den großen Indizes einen schönen Durchmarsch um weitere10 bis 20 Prozent sehen. In Deutschland sind von 30 DAX-Werten maximal zehn Aktien fundamental fair oder teuer. Das lässt Spielraum nach oben offen. Und danach aber eine ganz starke Korrektur von 25 bis 30 Prozent. Alternativ erst nochmals einen kleinen Rücksetzer von circa fünf Prozent und dann erst ein kräftiger Aufschwung. Auslöser für eine starke Korrektur im nächsten Jahr wäre zum Beispiel: Ein Angriff von Amerika gegen den Iran, stärkere Abschwächung des Konsums in den USA, der bereits heute überlastet ist. Drittens: Die Gewinnmargen der Unternehmen sind so hoch wie selten zuvor. Aufgrund von wachsenden Kapazitäten und stärkerem Wettbewerb, sowie einer möglichen industriellen Abschwächung, dürften die Margen unter Druck kommen. Hier ist mir für 2007 der Optimismus im Markt zu groß, was die künftige Gewinnentwicklung der Unternehmen angeht. Ein weiteres Damoklesschwert einer eventuellen demokratischen Regierung in den USA sollten wir ebenfalls im Hinterkopf behalten, die dann noch liberaler die Steuergelder ausgibt. TradeCentre: In den Nebenwerten in Deutschland ist noch gar keine Hausse-Stimmung. Folgt das Segment der Small-und Midcaps noch oder ist hier die Stimmung völlig am Boden? Florian Homm: Normalerweise steigen erst die großen Werte, dann folgt eine Emissionsflut und dann steigen auch die kleinen Werte. Daraufhin folgt eine Trauerfeier. Das hatten wir im Mai. Bisher haben sich die kleinen Werte, bis auf sehr wenige, kaum erholt. Wir sind jetzt an einem spannenden Punkt. Einige kleine Unternehmen sind sehr gut unterwegs und übertreffen die Erwartungen. Das Chance/Risiko Verhältnis ist bei einigen Titeln sehr gut. Diese Aktien werden im Moment nicht beachtet. Zu der Kategorie gehört zum Beispiel Ecotel. Das IPO wurde verhunzt. Die Aktie steht 25 Prozent unter Emissionswert und müsste eigentlich 15 bis 20 Prozent darüber stehen. Operativ läuft das Geschäft. Das Risiko nach unten ist begrenzt. Nach oben sehe ich eine Chance von markanten, zweistelligen Prozentzahlen in den nächsten zwölf Monaten. Unternehmen mit einer klaren Visibilität dürften nun langsam anspringen. Selektiv erwarte ich nochmals eine Rallye. Aber eine breite Partystimmung bei Small- und Midcaps sehe ich nicht. TradeCentre: Welche Branchen favorisieren Sie zurzeit und bei welchen Unternehmen raten Sie eher zur Vorsicht? Florian Homm: Auf der Branchenseite bin ich positiver bei Versicherern als bei Banken. Allianz und Münchener Rück sind zum Beispiel attraktiv. Die Banken sind auf dem relevanten Kurs/Buchwert-Verfahren europaweit eher teuer, das Kreditwachstum war in den letzten Jahren überdimensional und die Risikorückstellungen sind minimal. Zudem schrumpft die Geldmenge seit einigen Monaten. Die Deutsche Bank hat eine Risikovorsorge von 0,01 Prozent. Viel Spielraum hat die Bank nicht, wenn es bei den Krediten nicht mehr so rosig läuft oder mit dem Kapitalmarktgeschäft. An die glückselige Wiederbelebung der Telekomaktien glaube ich nicht. Da gibt es aber auch Spreu und Weizen. Für einen gut ausgerichteten Wachstumswert wie QSC bin ich zuversichtlich. Für qualitativ hochwertige Firmen wie United Internet bin ich bei Schwäche auf der Käuferseite. Auf der Verliererseite sehe ich Freenet und Mobilcom, die strategisch schlecht aufgestellt sind. Bei Einzelhandelsaktien wäre ich vor allem bei Karstadt/Quelle und Medion vorsichtig. Selbst Metro tut sich schwer. Douglas und Fielmann sind gut, aber schon zu teuer. Bei den Autoaktien gefällt mir bei Schwäche Porsche und eine restrukturierte Daimler ohne Chrysler oder dem Spin-off. Bei der Solarbranche bin ich bis auf Solarworld insgesamt sehr skeptisch. Zudem sind bis auf TAG Tegernsee und Bau-Verein zu Hamburg nahezu alle Immobilienaktien jenseits von Gut und Böse bewertet. Gagfah und Patrizia Immobilien handeln bei 170 Prozent des inneren Wertes. Das ist total überteuert. Meine negative Meinung zu MLP halte ich ebenfalls aufrecht. Vor allem aufgrund des Insiderverkaufs vom Ex-CEO Bernhard Termühlen, der das Unternehmen besser kennt als jeder andere von uns. Also, weiterhin Vorsicht bei MLP. TradeCentre: Einer Ihrer Favoriten aus dem letzten Jahr war die Balda AG. Sind Sie bei der Aktie noch optimistisch? Florian Homm: Wir haben uns von der Position mit Gewinn komplett getrennt. Die Chancen in Asien sind noch nicht zu kalkulieren und die Risiken in Europa nicht abzuwägen. In der Branche hat sich fundamental etwas verändert. Die Handyhersteller sind im Preiskampf und tragen diesen auf dem Rücken der Zulieferer teilweise aus. Das führt dazu, dass Balda die Margen von zehn Prozent nicht mehr halten kann. Dem steht eine erhebliche Asien-Fantasie gegenüber, die für uns aber schwer greifbar ist. Bei vier Euro wäre es durchaus eine Spekulation wert. TradeCentre: Was halten Sie von der Absicht durch Audley Capital Advisors die Balda AG von der Börse zu nehmen und den Aktionären sieben bis acht Euro je Aktie zu bieten? Florian Homm: Halte ich für völlig unprofessionell. Wenn man eine Übernahme macht und wir haben viele schon gesehen, schreibt man dies nicht auf ein Plakat oder schreit es in die Presse. Bei Interesse einer Übernahme spricht man mit den entsprechenden Organen und der BaFIN und klärt das Vorhaben entsprechend. Es ist völlig unüblich, dies über die Presse auszutragen und ich glaube nicht, dass das Vorhaben von Audley fundiert ist. Im Investment-Banking verhält man sich so jedenfalls nicht. TradeCentre: Mit der Absolute Capital Management Holdings sind Sie inzwischen mit Ihrer Firma selbst an der Börse notiert? Haben Sie keine Angst vor Heuschrecken oder Leerverkäufern? Florian Homm: Solange wir circa so viel Cash haben, dass wir die Hälfte des Freefloats aufkaufen könnten und jeden Monat um die zwei Millionen Euro Cash generieren, mache ich mir da überhaupt keine Gedanken. Wir haben einen Börsenwert von circa 150 Millionen Euro. Analysten schätzen, dass wir 25 bis 30 Millionen Euro Cash haben und in 2006 zwischen 22 und 25 Millionen Euro netto verdienen. Wenn ich den Cashbestand abziehe, den die Analysten schätzen, hat die Aktie ein KGV von 4,5. Vergessen Sie bitte nicht, dass wir gut Geld verdienen können, wenn die Börse fällt. Wir sehen uns in der Lage, in jedem Börsenklima zu reüssieren. TradeCentre: Welche Ziele haben Sie mit der Absolute Capital Management in den nächsten Jahren? Florian Homm: Unser Ziel ist ganz klar! Wir wollen ein zweites und drittes Standbein aufbauen, dass uns in Richtung der drei Milliarden Euro Assets under Management bringt. Wir wachsen seit fünf Jahren beim Gewinn schneller als alle unsere notierten Mitbewerber. Wir haben aber ein bereinigtes KGV von nur einem Drittel unserer Branche. Und wenn wir unseren Cashflow komplett als Dividende auszahlen, läge die Dividendenrendite bei 15 bis 20 Prozent. Zudem haben wir bald die Option, unsere eigenen Aktien zurückzukaufen. Wir sind aber keine Marktschreier und haben uns massiv zurückgehalten. TradeCentre: Welche Favoriten haben Sie unseren Lesern, neben Ihrer eigenen Aktie, in diesem Jahr mitgebracht? Florian Homm: Natürlich unsere eigene Aktie. Absolute Capital Management wächst schnell und ist sehr günstig. Der Leser muss sich aber hierbei seinen eigenen Reim machen. Sehr gut gefällt mir außerdem Spark Networks, die ehemalige Matchnet. Das Unternehmen wächst mit 15 bis 20 Prozent und macht inzwischen in jedem Quartal steigende Nettogewinne. Es gab dort eine ernsthafte Anfrage einer Übernahme zum Preis von sechs Euro. Alle wesentlichen Anteilseigner haben die Offerte in die Wüste geschickt. Unser Kursziel liegt bei acht bis neun Euro, also auch ein Verdopplungspotential wie bei Abcapman. Ich erwarte, dass dieses Unternehmen eigene Aktien zurückkauft. Das Unternehmen ist am Markt total verkannt. Am Tief notiert auch die Gruppe Elephant Seven und Pixelpark. Bei Pixelpark entsteht derzeit die Nummer eins im Bereich e-commerce in Deutschland. Wir sind sehr positiv bei Pixelpark, auch durch die Kooperation mit Springer und Jacoby sowie der Schaffhausen Gruppe. Ich traue dem Papier mindestens eine Chance von 50 Prozent für das nächste Jahr zu. Ich rechne mit weiteren Zukäufen sowie organischem Wachstum, die den Gewinn je Aktie steigern. Aus den Einspareffekten resultiert ein nennenswerter weiterer Gewinnschub. Zudem erwarte ich vom Management eine klare Guidance für die Jahre 2007 und 2008. Das sollte einige Leute doch positiv stimmen. TradeCentre: Absolute Capital ist unter anderem am BVB und TAG Tegernsee und Mologen signifikant beteiligt. Wie geht es bei diesen Firmen weiter? Florian Homm: Bei Mologen sehe ich neue Höchstkurse. Professor Wittig ist verspätet mit seinen Resultaten gekommen und wurde erst mal abgestraft. Das Unternehmen wird sich aber durchsetzen und dann müsste die Aktie auch neue Höchststände erreichen. TAG Tegernsee ist neben dem Bau-Verein zu Hamburg die beste und günstigste deutsche Immobilienaktie. Beide Werte handeln mit signifikanten Abschlägen zum inneren Wert. Die Aktie des BVB wird dann performen, wenn sich der sportliche Erfolg einstellt. Die wirtschaftliche Sanierung läuft besser als geplant. Wir schätzen, dass die Firma aktuell 20 Millionen Euro auf dem Festgeldkonto hat. Das hatte der BVB seit dem Börsengang nicht mehr. Der Fundus an Spielern ist gut, muss aber noch integriert werden. BVB ist ein absoluter Markennamen, der das aktuelle Kursniveau heute wieder mit Substanz rechtfertigt. Sollte sich in den nächsten 14 Monaten auch ein sportlicher Erfolg einstellen, das heißt, die Teilnahme am Uefa Cup oder der Champions League, ist eine Kurschance von 50 bis 100 Prozent realistisch. In all den erwähnten Aktien sehe ich relativ wenig Risiko. Mologen ist aber ein Biotechtitel, hier sind immer Risiken vorhanden. Alle diese Firmen stehen nicht auf dem Radarschirm des Marktes und performen fundamental. Das jeweilige Management rennt auch nicht wie wild durch die Gegend und preist die Story irre an. Es sind alles Unternehmen aus einer Mischung von Substanz, Turnaround, Rückkauf und günstiger Bewertung | Quelle: http://www.wallstreet-online.de/premium/nachricht/1966585.html dann lassen wir mal die nakten Zahlen sprechen |