Point of no Return
Die Lawine wuchs schnell. Schon Ende der 90er-Jahre war der Schaden laut K. sehr hoch, schon damals habe sie Sorge gehabt, dass es Geschädigte gibt, ihre Sorgen seien auch immer größer geworden. Bald sei der Point of no Return gekommen, bis dahin habe sie die Hoffnung gehabt, "dass Herr Pucher das bezahlen kann". Das konnte er nicht, und sie selbst habe es auch nicht gekonnt. Daran, dass ihre Handlungen unrechtmäßig sind, hatte K. keine Zweifel, wie sie aussagt, bereichert habe sie sich aber nicht.
Fußballfan war die Bankerin nicht ("Ich war in meinem Leben nur zweimal am Fußballplatz Mattersburg"), von den fingierten Sponsorzahlungen für den SV Mattersburg, dessen Präsident Pucher bis vor kurzem war, wusste sie freilich schon. Auch die liefen über Bargeldabhebungen: Pucher habe Unterschriften auf Barschecks gefälscht (das gibt auch er zu, Anm.), sie habe das Bargeld entnommen und ihm gegeben. Eine Neuigkeit erfuhr die Ex-Managerin im Zusammenhang mit dem gefakten Fußballsponsoring von den Ermittlern: nämlich dass Pucher um das Geld Eintrittskarten gekauft hat.
Pucher hat ja zudem gestanden, dass er Bares auch maroden Kreditkunden hat zukommen lassen, unter anderen einem ehemaligen Großsponsor des SV Mattersburg. Der Ex-Manager wollte Konkurse seiner Kunden und somit Wertberichtigungen für die Bank verhindern. 2016, als Pucher krank geworden war, übernahm K. diese "speziellen Bargeldübergaben", von denen sie bis dahin nichts gewusst hatte, wie sie sagt. Zwei Kunden kamen in den Genuss ihrer Geldübergaben, "geredet wurde dabei nicht viel".
Zwischendurch sei ihr alles zu viel geworden, sagt K. Immer wieder einmal habe sie kündigen wollen, aber Pucher habe sie zum Bleiben überredet. Ohne sie wäre alles aufgeflogen, davon zeigt sich K. überzeugt, nicht zuletzt konnte der Vorstandschef der Regionalbank ja keine Computer bedienen, wie sein Anwalt Norbert Wess sagt.
K. selbst jedenfalls hatte laut Einvernahmeprotokoll bis zum Schluss die Hoffnung, "dass wir das falsche Bilanzbild im Lauf der Jahre bereinigen und die Situation so in Ordnung bringen können", damit es keine Geschädigten gebe. Ihr "einziger Strohhalm" sei ein von Pucher als werthaltig beschriebenes Projekt gewesen, bei dem die Bank Patente besitzt – realisiert wurde das freilich nie. Zur Erinnerung: Die Bank, die zuletzt eine (aufgeblasene) Bilanzsumme von 800 Millionen Euro hatte, ist mit einer Überschuldung von sage und schreibe 528 Millionen Euro pleitegegangen.
Geholfen habe ihr in der Bank niemand, sagt K. in ihrer Einvernahme aus, "ich habe völlig allein gehandelt". Das gelte auch für die Fälschung jener Bestätigungen, laut denen die Commerzialbank zuletzt hunderte Millionen Euro Guthaben bei anderen Instituten hatte. Wie das ging? Zunächst hätten Pucher oder K. entsprechende Formulare bei Druckereien in Auftrag gegeben, später dann habe sie selbst die nötigen Briefpapiere am Computer hergestellt: "Ich habe die entsprechende Erfahrung."
Pucher und K. haben sich zuletzt entfremdet. Gesprochen haben die beiden schon lang nicht mehr miteinander. (Renate Graber, 25.8.2020)
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