Feng-Shui in der Finanzbranche: Das Broker- und Investmenthaus CLSA in Hongkong hat den Feng-Shui-Index für das kommende chinesische Jahr veröffentlicht.
Pünktlich zum Beginn des chinesischen neuen Jahres am 3. Februar werden die Börsenkurse anfangen, in kleinen Sprüngen in die Höhe zu hopsen - jedenfalls, wenn es nach der traditionellen Prognose des Broker- und Investmenthauses CLSA in Hongkong geht. Dem Feng-Shui-Index von CLSA zufolge verhalten sich die Kurse wie der Hase, in dessen Zeichen das neue Jahr steht. Der Hase sei ein vorsichtiges Tier, sagt der CLSA-Analyst Philip Chow: «Jedes Mal, wenn er ein bisschen hüpft, schaut er zurück und prüft seine Umgebung - ist alles sicher? -, bevor er weitermacht.»
Und so sehr man das astrologische Börsenhoroskop belächeln kann - es wird in Hongkong ernst genommen, denn viele Investoren sind davon überzeugt, dass die Beachtung der Prinzipien von Feng Shui ihren Wohlstand mehrt. CLSA zufolge wird es also ab Februar ein Plus an den Märkten geben, dazu aber immer wieder eine Art Verschnaufpause. «Es wird ein Zickzack-Markt», sagt Chow voraus.
In der traditionellen chinesischen Feng-Shui-Lehre werden unter anderem die gezielte Auswahl von Terminen und architektonische Gestaltung dazu genutzt, das Glück zu vergrössern. Mit dem Hasen, in dessen Zeichen das neue Jahr steht, werden die Elemente Metall und Wasser in Verbindung gebracht. Das bedeutet, dass in diesem Jahr Unternehmen wirtschaftliche Erfolge einfahren können, die mit Metallen, Luftverkehr, Finanzen, Schifffahrt und Glücksspiel zu tun haben. Weniger gut wird es der Prognose zufolge dagegen Firmen gehen, die mit dem Element Erde in Verbindung stehen, beispielsweise der Bau- und Immobilienbranche.
Gute Prognosen für Zuckerberg, schlechte für Jobs
Mit keinem guten Jahr muss nach Angaben von Feng-Shui-Berater Raymond Lo Apple-Chef Steve Jobs rechnen. Jobs' Element sei das Feuer, und das habe im vergangenen Jahr - dem Jahr des Tigers - zwar dessen Genesung nach einer Lebertransplantation unterstützt, erklärt Lo. Jetzt klinge das Tiger-Jahr aber aus, «und seine schlechte Gesundheit kommt zurück», ist der Berater überzeugt. Facebook-Gründer Mark Zuckerberg könnte sich dagegen im neuen Jahr des Hasen auf noch mehr Glück in finanziellen Angelegenheiten freuen.
Wörtlich bedeutet Feng Shui Wasser und Wind, und die Umsetzung seiner Prinzipien sind im gesamten Geschäftsviertel Hongkongs zu erkennen. Am Eingang zur Hauptverwaltung der Bank HSBC sitzen zwei Löwenstatuen, traditionell ein Symbol für die Bewachung des Reichtums im Innern eines Gebäudes. Das grosszügig gestaltete Erdgeschoss ermöglicht ein freies Fliessen von Ki, der Energie.
Die Bank of China sorgte bei der Eröffnung ihrer Zentrale in der Nachbarschaft für eine Kontroverse wegen der scharfen Kanten in den Obergeschossen. Unter Feng-Shui-Anhängern werden Ecken und Kanten mit Messerklingen in Verbindung gebracht, die den Nachbarn, auf die sie gerichtet sind, Unglück bringen. In unmittelbarer Nähe der Bank of China liegt unter anderem das Konsulat der USA. Ausserdem hiess es, die spitzen Winkel im Innern des Gebäudes hielten das Glück dort fest.
Acht klingt wie Wohlstand
Auch Disneyland in Hongkong liess die Wasser-Wind-Prinzipien in sein Design einfliessen. Auf Anraten eines Feng-Shui-Meister wurde beispielsweise der Winkel des Eingangstors geändert, um dem Park Wohlstand zu sichern. Ausserdem wurde eine Kurve auf dem Weg vom Disneyland-Bahnhof zum Tor eingearbeitet, damit die Energie in den Park fliessen kann statt hinaus aufs Meer. Die erhofften Ergebnisse brachten diese Massnahmen bislang allerdings nicht: Auch 2010 machte der fünf Jahre zuvor eröffnete Vergnügungspark Verlust.
Das Thema «günstiger Zeitpunkt» ist für Konferenzen und Ankündigungen von Unternehmen von Bedeutung. Und selbst in auf den ersten Blick wenig bedeutungsvolle Dinge wie die schlichten Stock-Codes an der Börse fliesst Feng Shui ein: In vielen ist die Zahl acht enthalten, die im Chinesischen ähnlich wie das Wort Wohlstand klingt.
Kunden in der ganzen Welt
Kein Wunder also, dass Berater wie Lo von Unternehmen angeheuert werden, die auf eine Mehrung ihres Reichtums mithilfe von Feng Shui hoffen. Auch ausserhalb Hongkongs erhalte er immer mehr Anfragen, erklärt der Berater. Er reist regelmässig nach Deutschland, Japan und Russland, um Kurse zu geben. Einer seiner Kunden sei ein australisches Bergbauunternehmen, sagt Lo. «Sie fragen mich immer, welche Mine den besten Profit abwerfen wird, wo sie länger graben sollten, von wo sie sich zurückziehen sollen.»
Ein solches Vertrauen auf Feng Shui scheint jedoch sogar den Autoren der CLSA-Prognose unheimlich. Auch wenn ihr Index bei den Kunden überaus beliebt sei, sollten die Wasser-Wind-Prinzipien nicht zu ernst genommen werden, wenn es beispielsweise um die Schätzung von Beständen gebe, erklärt Francis Cheung, Leiter der Investment-Strategie für China und Hongkong von CLSA. «Ob sie (die Kunden) danach handeln - ich bin wirklich nicht sicher», sagt er. «Ich hoffe, sie tun es nicht.»
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