Leider habe ich dieses Interview vom 27.11.08 erst heute entdeckt. Ich möchte es allen Porsche-Arivanern dennoch nicht vorenthalten, da es mMn viele Fragen in diesem Thread bei genauem Lesen beantwortet. Quelle: http://www.sueddeutsche.de/,tt4l2/wirtschaft/777/449506/text/ XXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXXX 27.11.2008 18:16 Uhr
Porsche-Chef Wiedeking "VW-Mitarbeiter haben ein Problem mit mir"
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking über Befindlichkeiten bei der Volkswagen-Übernahme, die Finanzkrise - und sein Privatvermögen. Interview: D. Deckstein u. M. Kuntz
Porsche-Chef Wendelin Wiedeking: "Die Aufgabe in Wolfsburg reicht uns." Foto: Reuters
Wendelin Wiedeking, 56, sitzt in einem Konferenzraum in Stuttgart. Der Vorstandsvorsitzende von Porsche hat gerade eingestanden, dass sich die Übernahme der Mehrheit an Volkswagen nicht mehr 2008 verwirklichen lassen wird - anders als geplant. Das gibt dem forschen Manager Zeit, etwas von dem Porzellan zu kitten, das er in Wolfsburg zerschlagen hat. Wie wäre es damit, zwischendurch bei Daimler einzusteigen? Die Aufgabe in Wolfsburg reicht uns, stöhnt Wiedeking.
SZ: Herr Wiedeking, Porsche hat einen Gewinn von 6,3 Milliarden Euro nach Steuern eingefahren. Was fangen Sie damit an?
Wendelin Wiedeking: Zunächst einmal schütten wir die höchste Dividende in der Unternehmensgeschichte an unsere Aktionäre aus - insgesamt 472 Millionen Euro nach 384 Millionen im Vorjahr. Auch die Mitarbeiter profitieren: Jeder bekommt 6000 Euro obendrauf zum Gehalt, der Werker ebenso wie die Küchenfrau. Außerdem werden wir natürlich weiter VW-Anteile erwerben. Der Großteil des hohen Gewinns, der vor allem durch Kurssicherungsgeschäfte angefallen ist, dient genau dazu.
SZ: Für sechs Milliarden Euro könnten Sie heute schon die Sperrminorität bei Ihrem Untertürkheimer Nachbarn Daimler erwerben, der mit seinen mehr als 90 Prozent der Aktien im freien Handel dringend Großinvestoren sucht. Wiedeking: Also die eine Aufgabe in Wolfsburg reicht uns. Natürlich sehen die Kollegen in Untertürkheim, dass ihre Situation ohne Großaktionär nicht ganz einfach ist. In Wolfsburg wird jedenfalls das Bewusstsein weiter wachsen, dass Porsche ein verlässlicher Investor ist und eine sichere Police für die Kolleginnen und Kollegen des Volkswagen-Konzerns. Wir haben ja immer gesagt, dass wir VW nicht in den Händen hungriger Heuschrecken sehen möchten.
SZ: Das mag ja sein, aber mit dem Vertrauen der VW-Mitarbeiter in den neuen Großinvestor ist es nicht weit her. Wollen Sie als vertrauensbildende Maßnahme nicht alsbald vorschlagen, VW-Chef Martin Winterkorn in den Vorstand der Porsche Holding SE zu befördern?
Wiedeking: Über die Art der Zusammenarbeit werden wir erst sprechen können, wenn wir die Aktienmehrheit von 50 Prozent erreicht haben. Ich bin überzeugt, dass wir dann gemeinsam mit dem Volkswagen-Management die weiteren Strategien entwickeln. ... SZ: So richtig zerrüttet ist aber offensichtlich Ihr Verhältnis zum VW-Betriebsrat unter Bernd Osterloh.
Wiedeking: Ich habe kein zerrüttetes Verhältnis zu den VW-Arbeitnehmervertretern, wie das vielleicht in der Außenansicht erscheinen mag. Herr Osterloh und die anderen Belegschaftsvertreter von VW haben mit mir zwangsläufig ein Problem, weil ich für die Abschaffung des VW-Gesetzes bin. Dieses Gesetz schützt nach Meinung vieler Betriebsräte die Beschäftigten des Volkswagen-Konzerns vor Entscheidungen eines Mehrheitsaktionärs, da er momentan gegen das Land Niedersachsen mit seinem Anteil von gut 20 Prozent nicht alles durchsetzen kann.
Ich muss aber in meiner Rolle darauf achten, dass ich die Rechte meiner Aktionäre auch berücksichtige. Und hier kann der Auftrag nur lauten, dieses VW-Gesetz, das eine einzigartige Sonderbehandlung eines Unternehmens in Deutschland darstellt, zu Fall zu bringen. Der Erfolg dieser Aktion zwischen Porsche und Volkswagen wird vor allem davon abhängen, dass beide Seiten in diesem nun schon drei Jahre währenden Prozess lernen, Vertrauen zueinander aufzubauen. Ohne Konflikte geht das nicht. Auf Dauer ist aber nur der erfolgreich, der Konflikte auszutragen und zu lösen weiß. Anfang September hieß es noch, nur wenn ich meinen Hut nähme, könnte das Projekt erfolgreich abgeschlossen werden. Ich bin aber immer noch da - und ich bin fest davon überzeugt, dass wir das Vertrauen der VW-Belegschaft gewinnen werden.
SZ: Auch das von Betriebsratschef Bernd Osterloh, Ihrem größten Widersacher?
Wiedeking: Wir beide hatten schon viele gute Gespräche, bei denen wir auch Vereinbarungen getroffen hatten. Ich hatte aber wiederholt den Eindruck, dass es Akteure gibt, die Fortschritte beim Aufbau einer gemeinsamen Vertrauensbasis nicht zulassen wollten.
Für mich ist das Schnee von gestern. Ich bin von den Vorteilen der Allianz Porsche/VW für alle Beteiligten fest überzeugt. Und ich habe den Eindruck, dass sich das Verhältnis in der Zwischenzeit spürbar verbessert hat.
SZ: Machen Sie sich angesichts der Finanzkrise auch Sorgen um Ihr Privatvermögen, das ja dieses Jahr wiederum um geschätzt 80 Millionen Euro anwächst?
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Wiedeking: Nein. Aber ich mache mir Sorgen um die wirtschaftliche Lage Deutschlands und der Welt insgesamt. Die Rezession wird auch diesmal die Ärmsten am stärksten treffen. Deswegen habe ich mit meiner Frau zwei Stiftungen ins Leben gerufen, die mit je fünf Millionen Euro ausgestattet sind und sowohl an meinem Heimatort Beckum im Münsterland als auch in Bietigheim-Bissingen, unserem heutigen Wohnort, tätig werden. Mit diesen Stiftungen wollen wir bedürftige Familien unterstützen. Ich selbst habe in meinem Leben oft Glück gehabt, weil ich vielleicht zur richtigen Zeit an der richtigen Stelle gewesen bin und für meine Arbeit immer sehr gut bezahlt wurde. An meinem Erfolg möchte ich deshalb sozial Schwache in unserer Gesellschaft teilhaben lassen.
SZ: Sie haben in Ihrer Rede zur Bilanz-Pressekonferenz gesagt, die erste Aufgabe von Politikern und Unternehmern in diesen Krisenzeiten sei es, Zuversicht statt Pessimismus zu verbreiten. Welche zuversichtliche Botschaft haben Sie insbesondere der krisengeschüttelten Automobilbranche zu verkünden?
Wiedeking: Ich glaube, der Automobilindustrie ginge es besser, wenn das Bankensystem wieder funktionieren würde. Solange die Banken aber ihr Geld über Nacht der Europäischen Zentralbank anvertrauen und nicht dem Zulieferbetrieb um die Ecke, ist das problematisch, nicht nur für unsere Branche. Da könnte die Politik rasch Abhilfe schaffen, indem sie die strengen Eigenkapitalregeln für die mittelständischen Betriebe - Stichwort: Basel II - aussetzen würde.
Vertrauen in die Zukunft schaffen aber auch die großen Konjunkturprogramme, wie sie der künftige US-Präsident Barack Obama, die EU-Kommission oder auch die Bundesregierung für viele hundert Milliarden Euro und Dollar auflegen wollen oder bereits aufgelegt haben. Auch wenn diese Riesensummen künftige Generationen mit der Rückzahlung belasten würde, lohnen sie sich. Schon Ludwig Erhard hat gesagt, dass 50 Prozent der Wirtschaft durch Psychologie bestimmt würden. Wenn das Vertrauen in die Märkte und das Bankensystem durch solche Konjunkturprogramme wiederhergestellt werden könnte, wäre für die Weltwirtschaft viel gewonnen. |