Von Wolfgang Gillmann
Das Hamburger Solarunternehmen Conergy hat bewiesen, dass Managementfehler auch in einer Boombranche zu großen Verlusten führen können. Das Unternehmen nannte sich bis vor kurzem noch stolz "größtes Solarunternehmen Europas" und wollte dieses Jahr einen Umsatz von über einer Milliarde Euro ausweisen. Jetzt kämpft die Firma ums Überleben.
DÜSSELDORF. Conergy kann nur durch eine große Finanzspritze gerettet werden. Es wird wohl eine Weile dauern, bis das im Dezember 1998 von Hans-Martin Rüter und Dieter Ammer gegründete Unternehmen wieder Gewinne ausweisen wird.
"Von den Ambitionen, in die Weltliga der Photovoltaik aufzusteigen, wird in erster Linie ein gigantischer Schuldenberg übrig bleiben", sagt Analyst Stephan Droxner von der Landesbank Baden-Württemberg und stuft die Aktie von "Halten" auf "Verkaufen" herunter. Viele Analysten empfehlen, die Aktie abzustoßen. "Die finanzielle Hypothek und der Vertrauensverlust machen einen schnellen Turnaround wenig wahrscheinlich", sagt Droxner von der Landesbank Baden-Württemberg. Die Analysten der Citigroup sprachen von einem Schock.
Die ehrgeizigen Wachstumspläne der Gründer sind damit grandios gescheitert. Zunächst expandierte Conergy wie die gesamte Solarbranche flott. Conergy übernahm viele Solarfirmen im Ausland, expandierte aber auch in andere Bereiche der erneuerbaren Energien wie Wind und Biomasse. Die Gründer, die über mehrere Ecken verwandt sind, sonnten sich im Erfolg. Firmenchef Rüter heimste reihenweise Managerpreise ein. Noch Mitte Oktober 2007 wählte das Beratungsunternehmen Ernst & Young den ehemaligen Zehnkämpfer zum "Entrepreneur des Jahres".
Nur eine Woche später begann der Absturz. Es rächte sich, dass sich Conergy nicht ausreichend mit dem raren Silizium, das für die Produktion von Solarzellen gebraucht wird, eingedeckt und mit dem Einstieg in alle Nischen der erneuerbaren Energie verzettelt hatte
Der vorläufige Höhepunkt der Krise: Am Mittwoch schickte der am Dienstagabend angekündigte Verlust für 2007 von 194 Mill. Euro und die überraschende Kapitalerhöhung die Aktie von Conergy auf eine noch tiefere Talfahrt. Mit einem Minus von zeitweise 29 Prozent war das Papier klarer Verlierer im TecDax. Es notierte am Abend bei knapp 13 Euro, Anfang Oktober hatte der Kurs noch bei 68 Euro gelegen.
Um die Liquiditätskrise zu bewältigen, bekommt Conergy eine Finanzspritze über 240 Mill. Euro von einem Bankenkonsortium unter Führung der Commerzbank. Damit sollen die Vormaterialien bezahlt, das neue Werk in Frankfurt/Oder in Betrieb genommen und der Abbau von 500 Stellen finanziert werden. Außerdem benötigt Conergy anders als bisher behauptet doch eine Kapitalerhöhung - 250 Mill. Euro muss das Unternehmen einsammeln. Conergy will damit aber auf ein freundlicheres Börsenumfeld warten.
An der Kapitalerhöhung wird sich Großaktionär Otto Happel mit 25 Prozent beteiligen. Happel war im November 2007 bei Conergy eingestiegen. "Ich zeichne die Jungaktien auf jeden Fall und halte damit meinen Anteil von fünf Prozent konstant", sagte er dem Handelsblatt. Happel besitzt eine Option, von den Altaktionären Anteile bis zu einer Höhe von 25,1 Prozent deutlich unter Marktpreis zu erwerben. Er strebt weder eine Mehrheit noch einen Sitz im Aufsichtsrat an. "Dafür ist der Zeitaufwand zu groß", sagte der Investor.
Happel lobte die Arbeit des neuen Vorstandschefs Dieter Ammer, der bisher einen super Job gemacht habe. Der frühere Chef der Brauerei Beck's und von Tchibo war im Oktober vom Aufsichtsratsvorsitz auf den Chefsessel gewechselt, nachdem Rüter abgesetzt worden war. "Für 2009 erwarten wir wieder ein sehr positives Ergebnis", sagte Ammer.
http://www.handelsblatt.com/News/Unternehmen/...cht-immer-tiefer.html -----------
Tadele nicht den Fluß, wenn du ins Wasser fällst.