Den Begriff setz ich in der Regel nicht so ganz ernsthaft ein, wie vieles das ich in der Matrix poste. Das bedeutet allerdings nicht, dass nicht Spuren von Wahrheit enthalten wären. Als magischen Kern von Gegenaufklärung würde ich eine Determinationserzählung ansetzen, die aus einem sich der kritischen Analyse und damit der kausalen Einflussnahme entziehenden schicksalsgleichen a priori schöpft.
Beide Seiten - 'Reason' und 'Schicksal' bzw 'Identität' - enthalten dabei eine Schnittstelle zum Totalitären, wobei Adorno sich speziell mit dem Umschlagen von Aufklärung in Mythos auseinandersetzt, das immer dann folge, wenn Aufklärung den Gegensatz zwischen Begriff und Sache negiere. Das 'Unheil' beginne damit, der Sache (um sie handhaben zu können) eine Identität zu verpassen, die ihr nicht aus ihren Eigenschaften heraus zukommt. Deshalb heisst es bei ihm ja auch (gegen Hegel): Das Ganze - sprich die Identität - ist das Unwahre. 'Kulturmarxisten' wie er sind insofern auch die ersten und authentischen Kritiker von 'Identity-Politics'.
Bin zufällig über ein paar schöne Zeilen zur Identität gestolpert. Sie fassen zusammen, wogegen linke und rechte Identitätsphilosphen anrennen, die sich wie ihr Publikum eine ans Herz gewachsene Determinationsgeschichte nicht von der Realität nehmen lassen wollen:
...der sozialwissenschaftliche Diskurs zum Thema Identität steht gegenwärtig unter der Überschrift, dass menschliche Subjekte ihre Identität selber entwerfen und konstruieren müssen: Die Lebenswelten haben sich in der Postmoderne in hohem Maß ausdifferenziert und pluralisiert, nicht zuletzt auf Grund einer kulturellen Globalisierung, die einen weltweiten Austausch von Bildern, Ideen und Lebensstilen anregt (vgl. Eikelpasch/Rademacher 2004), so dass die Annahme einer einzigen, über Jahre oder gar Jahrzehnte hin stabilen und kohärenten, quasi naturhaft wachsenden Identität den Lebensverhältnissen nicht mehr gerecht wird.
Menschen brauchen eine Vielzahl von Teilidentitäten (die sie wiederum wählen und aktiv konstruieren können und müssen, vgl. den Titel von Peter Berger: „Der Zwang zur Häresie“, was nichts anderes bedeutet als den Zwang zur Wahl), um sich in den verschiedenen Lebens- und Handlungsfeldern des Alltags zurechtfinden und anpassen zu können – und gleichzeitig müssen sie diese Teilidentitäten so zusammenhalten und immer neu verknüpfen können, dass sie in den unterschiedlichen Lebensbereichen einen Kern an innerer Konsistenz und Kontinuität in der eigenen Person empfinden und nach außen hin vermitteln können: Eine anspruchsvolle Aufgabe, die nie an ein Ende kommt...
https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-531-93079-4_8
vgl auch Sartre: Freiheit ist der Zwang, sich selbst entwerfen zu müssen ----------- seeing well in the dark is the major function of an owl's eyes |