Der niederländische Gebäudeausrüster Imtech hat in seinem Management bandenartige Strukturen entdeckt. Dem Handelsblatt liegt ein interner Bericht vor, der schon 2011 die Verantwortlichen belastete. Er wurde ignoriert.
HamburgScheingeschäfte, gefälschte Unterlagen, Führungschaos. Der Gebäudeausrüster Imtech, mit mehr als fünf Milliarden Euro Jahresumsatz und 30.000 Mitarbeitern eines der größten Unternehmen der Niederlande, taumelt am Abgrund. Korruption und Untreue haben nach internen Ermittlungen den Konzern wie ein Krebsgeschwür durchfressen. Imtech beziffert den Schaden bisher auf 370 Millionen Euro, Tendenz steigend.
Dutzende von Führungskräften wurden seit Februar entlassen. An der Börse hat der Konzern mehr als eine Milliarde Euro an Wert verloren. Imtech, in Deutschland durch Prestige-Projekte wie das Sony-Center in Berlin, den Umbau der Zwillingstürme der Deutschen Bank in Frankfurt und als Sponsor des Hamburger SV bekannt, hat seinen Aktionären rückhaltlose Aufklärung versprochen.
Doch Recherchen des Handelsblattes zeigen: Der Konzern hat die Aufklärung um zwei Jahre verschleppt. Dem Handelsblatt liegt ein interner Bericht aus 2011 vor. Schon damals warnte ein externer Berater die Führungsspitze vor mafiösen Strukturen bei Imtech. Doch der Mann erhielt kein Gehör, sondern Hausverbot.
Der Bericht aus 2011 stammt von einem ehemaligen Kriminalbeamten aus Norddeutschland. Imtech nennt ihn offiziell nur „Mister Y“. Der Spezialist für Wirtschaftskriminalität sollte Unregelmäßigkeiten beim „Project Blue“ untersuchen – ein Codename für den Umbau der Zwillingstürme der Deutschen Bank. Doch Mister Y ermittelte mehr, als er sollte. Er belastete Deutschlandchef Klaus Betz.
Warum also blieb Betz, den Imtech inzwischen auf Schadenersatz verklagt hat, im Amt? Imtech führt aus, der Bericht von Mister Y sei 2011 nicht deutlich genug gewesen. Doch eine Lektüre zeigt: Seine Warnung war sonnenklar. Der Bericht zählte „Hinweise auf organisierte Kriminalität“ bei Imtech auf. Und er empfahl: Die Zentrale dürfe den dominanten Deutschlandchef nicht als Lösung für die Probleme sehen, sondern als deren Ursache.
2011 delegierte die Imtech-Führung in Holland die Sache zurück an die deutsche Tochter. Dort wurde der Beratervertrag mit Mister Y gekündigt. Er musste alle Unterlagen abgeben und erhielt Hausverbot. Vom Handelsblatt mit seinem Bericht konfrontiert, wollte sich Mister Y zu den Inhalten nicht äußern. Er verwies auf seine Verschwiegenheitspflicht und bat um Wahrung seiner Anonymität.
Imtech-Deutschlandchef Betz wurde im Februar entlassen. Finanzvorstand und Chefcontroller gingen mit ihm. Imtech fordert Schadenersatz und bereitet Strafanzeigen vor. Am Freitag muss der Aufsichtsratschef Rudy van der Meer seinen Aktionären auf der Hauptversammlung in Rotterdam erklären, warum dies so lange dauern konnte. iw Quelle: Handelsblatt Online |