Berliner Regierungskreise erwarten von dem Treffen der sieben größten Industrienationen (G7) Anfang Februar keine neuen Weichenstellungen in der Wechselkurspolitik. Entsprechende Spekulationen an den Devisenmärkten dürften damit einen Dämpfer erhalten. Auf Grund dieser Spekulationen markierte der japanische Yen gestern am zweiten Handelstag in Folge ein neues Fünfjahreshoch gegenüber dem Dollar bei 101,70 Yen je Dollar.
BERLIN/FRANKFURT/M. Der Auslöser für den Aufwertungsdruck auf die asiatischen Währungen waren Äußerungen führender Vertreter der europäischen Zentralbank (EZB). EZB-Präsident Jean-Claude Trichet und EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing hatten in der vergangenen Woche den asiatischen Ländern die Schlüsselrolle beim Abbau der internationalen Handelsungleichgewichte zugewiesen und in diesem Zusammenhang eine entsprechende Währungsaufwertung verlangt. Europa habe seinen Teil der Anpassung durch die Aufwertung des Euros bereits geleistet, hatte Issing gesagt. Diese sei bereits zu weit gegangen.
An den Finanzmärkten wurden diese Bemerkungen als vor allem auf China gerichtet interpretiert. China, das an dem G7-Treffen als Beobachter teilnehmen wird, hat seine Währung, die als deutlich unterbewertet gilt, an den Dollar gekoppelt. Das Festhalten an der Dollarbindung gilt als wichtiges Hindernis für die Aufwertung anderer asiatischer Währungen.
Nach einer Umfrage der Nachrichtenagentur Bloomberg unter 68 Devisenhändlern empfehlen 65 Prozent der Befragten, Dollar gegen Yen zu verkaufen. Diese Strategie wird vor allem mit der Erwartung begründet, die G7 würde die asiatischen Länder zu einer Aufwertung drängen.
In den Berliner Regierungskreisen, die mit der Vorbereitung des Treffens betraut sind, ist man überzeugt, dass internationaler Druck auf China keine Wirkung hat. „Die Chinesen würden dann etwas für die Währungsflexibilisierung tun, wenn sie selbst den Zeitpunkt für richtig halten. Damit wird in Berlin kurzfristig nicht gerechnet.
Auch die japanische Regierung will sich einer aus ihrer Sicht übermäßigen Yen-Aufwertung widersetzen. Finanzminister Sadakazu Tanigaki sagte am Montag, die währungspolitische Haltung Japans sei unverändert, und die Regierung beobachte die Wechselkursentwicklung „sehr, sehr aufmerksam“. Tanigaki widersprach indirekt den EZB-Vertretern, indem er sagte, Strukturreformen, nicht Wechselkursanpassungen sollten im Zentrum der Beseitigung der Ungleichgewichte stehen. „Wenn die Wechselkurse nicht die wirtschaftlichen Fundamentalfaktoren widerspiegeln, werden wir tun, was wir tun müssen“, drohte Tanigaki dem Devisenmarkt mit Interventionen.
In Berliner Regierungskreisen macht man sich dagegen wenig Hoffnung, dass sich Europa durch Interventionen einer Euro-Aufwertung widersetzen könnte. Die Amerikaner bleiben nach Berliner Einschätzung dabei, dass die Dollar-Abschwächung die Marktkräfte widerspiegele. Washington sei nicht bereit, mit Interventionen dagegen anzugehen. Weil die USA von ihrer Politik des „benign neglect“, gemeint ist ein Desinteresse an der Währungsentwicklung, nicht abrückten, dürften vom Londoner G7-Treffen keine neuen währungspolitischen Signale ausgehen, heißt es in den Regierungskreisen. Europa werde die Hauptlast aus der Dollarschwäche und den Wechselkursverzerrungen der asiatischen Exportländer tragen müssen.
Unter Volkswirten und Währungsstrategen wird die währungspolitische Bedeutung des G7-Treffens uneinheitlich eingeschätzt. Stephen Jen von Morgan Stanley glaubt, eine neue Kooperationsbereitschaft bei den G7-Ländern auszumachen. Er nimmt die jüngsten Bekenntnisse der US-Regierung zu einer Politik des starken Dollars und zum Abbau der Haushaltsdefizite ernst. Jörg Krämer von der Hypo-Vereinsbank teilt diese Ansicht und ist zuversichtlich, dass das Treffen in London „einen Schritt in Richtung einer gerechteren Lastenverteilung zwischen Asien und Europa bringen wird“. Dagegen sehen Thomas Stolper von Goldman Sachs und Thomas Mayer von der Deutschen Bank (Xetra: 514000.DE - Nachrichten - Forum) die US-Währungspolitik übereinstimmend als unverändert. „Die USA sind mit einem fallenden Dollar gut bedient und haben nicht wirklich etwas dagegen“, sagte Mayer. |