Interesssanter Artikel Quelle: https://www.handelsblatt.com/meinung/kommentare/...59yLMjmyeVuex0-ap4
"Der Fall Kraft Heinz zeigt: Um Markenpflege kommen Konzerne nicht herum ... Es ist eine Machtdemonstration: Edeka bestellt Heinz-Ketchup nicht nach und erweitert stattdessen das Angebot mit seinen eigenen Ketchup- und Soßenmarken. Warum? Weil Edeka es kann. Heinz ist verzichtbar. Das immer selbstbewusstere Auftreten der europäischen Einzelhändler im Dauerkonflikt um Preise mit den Herstellern ist ein Zeichen für eine Krise der Weltmarken.
Dafür gibt es zwei entscheidende Ursachen: Fast alle großen Markenhersteller haben in den vergangenen Jahren deutlich an ihren Marketingbudgets gespart – und auf der anderen Seite hat sich der Handel schlagkräftiger aufgestellt. Im Ergebnis schrumpft der Vorsprung von Weltkonzernen gegenüber lokalen Marken.
Der Fall Heinz ist besonders auffällig: Starinvestor Warren Buffett musste diese Woche eingestehen, dass er und seine Partner zu viel Geld für den Lebensmittelkonzern Kraft gezahlt haben, als sie 2015 die beiden Konzerne Kraft und Heinz fusionierten.
Dabei galt der neue Gigant Kraft Heinz in der Branche lange als Vorbild. Kein Lebensmittelhersteller hat das Zero-based Budgeting, das jede Ausgabe immer wieder neu zur Disposition stellt, so konsequent durchgezogen. Die Amerikaner wollten ein Beispiel sein, wie Marketinggelder supereffizient eingesetzt werden. Aktuelle Club-Events
Monday, 11.03.19, 17:45 Düsseldorf: After-Work-Dialog: Aktuelle Herausforderungen für Aufsichtsräte Monday, 11.03.19, 18:30 Frankfurt am Main: Club-Gespräch: Ausverkauf an den Börsen Wednesday, 13.03.19, 09:30 Berlin: Handelsblatt Jahrestagung „Regionale Banken“ Wednesday, 13.03.19, 17:30 Düsseldorf: Internet of Things – Hype or Hope? Tuesday, 19.03.19, 09:00 Berlin: Digital Leader Camp Wednesday, 20.03.19, 10:00 Düsseldorf: Handelsblatt Jahrestagung „Zukunft Stahl“
Erster Hebel dazu: fokussierte Portfolios. Etliche Marken wurden zur Disposition gestellt: Kraft spaltete das globale Snackgeschäft unter dem Namen Mondelez ab. Deutsche Konzerne machten es genauso. Henkel verkaufte beispielsweise Randmarken wie WC Ente. Beiersdorf verzichtete auf Nivea-Make-up.
Zweiter Hebel: neue Marketingkanäle. Statt mit der Schrotflinte wie früher per Fernsehwerbung auf die Verbraucher zu zielen, gehen die Markenproduzenten heute online zielgerichtet vor. L’Oréal etwa bewirbt einige neue Marken fast ausschließlich per Internet. Influencer präsentieren beispielsweise Kosmetiktipps auf Youtube. Mit deutlich weniger Geld erreichen die Markenbotschaften mehr Menschen – und die auch noch zielgenauer.
Doch inzwischen überziehen Kraft Heinz und Co. ihre Jagd nach Rendite. Die Strategie, die in den vergangenen Jahren zu stetig wachsenden Margen geführt hat, stößt an ihre Grenze. Deutliches Warnsignal ist die anhaltende Wachstumsschwäche der Konsumgüterkonzerne.
Lokale Marken gewinnen dagegen weltweit Marktanteile. Schließlich können die Kleinen nun mit ihren beschränkten Marketingbudgets auch online gehen und effektiv gegen die Großen antreten. Früher hatten sie kaum Chancen, ihren Bekanntheitsgrad auf Markenartikelniveau zu schrauben. Hinzu kommt: Kleinere Marken sind willkommene alternative Partner der Einzelhändler, um Weltkonzerne unter Druck zu setzen. Der Handel setzt auf diesem Wege auch höhere Margen für sich selbst durch.
Das hat Auswirkungen auf die Börsenkurse. Die Kraft-Heinz-Aktie ist um rund 20 Prozent eingebrochen, weil der Hersteller Markenwerte abschreiben muss. In Deutschland verloren die Henkel-Papiere Anfang des Jahres deutlich, weil Konzernchef Hans Van Bylen 300 Millionen Euro zusätzlich ins Marketing stecken will. Der Trend muss gedreht werden
Erster Aktionismus ist bereits in den Drogerien zu sehen: Das preisgünstige Shampoo Schauma bekommt neue Etiketten und „Mikro-Nährstoffe“ fürs Haar. Der neue Beiersdorf-Chef Stefan De Loecker stellt seine Strategie am Mittwoch vor.
Kosmetische Eingriffe werden sicherlich nicht ausreichen, um den Trend zu drehen. Die Zeiten, in denen die Markenkonzerne mit sehr breiten Portfolios weite Teile der Supermarktsortimente unter sich ausmachten, sind endgültig vorbei.
Die Hersteller müssen sich auf diejenigen Produkte konzentrieren, bei denen sie wirklich stark sind. Nestlé-Chef Mark Schneider etwa hat dafür zuletzt Rechte an der Marke Starbucks erworben, um teureren Kaffee in die Supermärkte zu bringen – als ganze Bohne und als Kaffeekapsel. Die Herta-Wurst stellt Nestlé dagegen zum Verkauf.
Für die Pflege solcher Kernmarken sind dann aber auch ordentliche Budgets erforderlich, um im Supermarkt unverzichtbar zu sein. Sparen zulasten des Marketings ist Strategie von gestern.
Während allerdings die entwickelten Konsumentenregionen Europa und Nordamerika für die Markenkonzerne weniger attraktiv sind, weil sich dort Supermärkte und Discounter mit ihrer Handelsmacht entgegenstemmen, ist in Asien und Südamerika Luft nach oben. Auch dort verlieren die Hersteller zwar an lokale Konkurrenten, die die Bedürfnisse vor Ort oft schneller und zielgenauer erkennen.
Doch der zersplitterte Einzelhandel – häufig noch in Form von kleinen inhabergeführten Läden und Marktständen – kann den Produzenten in diesen Regionen noch nicht die Macht entgegensetzen wie Edeka oder Walmart in Europa und den USA.
Die Markenkonzerne brauchen deshalb eine Doppelstrategie: Fokussierung in den Industriestaaten, Investitionen in den Schwellenmärkten. Um die Markenpflege aber werden sie nicht mehr herumkommen.
Mehr: Die Misere von Heinz Kraft zeigt: Fast Food zieht nicht mehr so. Selbst Star-Investor Warren Buffett hat den Trend zum gesünderen Essen unterschätzt."
|