Zitate: "Der Großvater soll die Elfjährige sexuell missbraucht haben, die Großmutter tatenlos dabei zugesehen haben." oder "Der 69-Jährige stand im Verdacht, die elfjährige Schwester des Jungen sexuell missbraucht zu haben." oder "Zwar lief zum Tatzeitpunkt gegen den Großvater bereits ein Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs. Aber der Angeklagte übte nach Einschätzung der Staatsanwaltschaft Selbstjustiz, weil er annahm, dabei werde nur 'eine geringe oder gar keine Strafe herauskommen'." Zitate Ende.
Ich will keinesfalls Sexualstraftäter verteidigen, zu diesem Thema hatte ich vor längerer Zeit einen Beitrag geschrieben, der unmissverständlich klar machte, dass ich dafür bin, Kinderschänder hart zu bestrafen. Aber wie willst du eigentlich deine Meinung rechtfertigen? Mir persönlich sind in diesem Fall zu viele "soll", "Verdacht" und "Ermittlungsverfahren". Also erst einmal auf Verdacht die Großeltern hinrichten oder nach dem Motto: "Wo Rauch ist, ist auch Feuer?"
Btw, bitte keine politische Diskussion, in dem Bereich werde ich diese Woche nicht diskutieren; mir geht es um rechtliche und ethische Fragen, falls jemand Interesse an einer Antwort hat.
MT
Familientragödie "Regelrechte Hinrichtung"
Das Motiv der Morde war Rache für seine kleine Schwester. Der Großvater soll sie sexuell missbraucht, die Großmutter zugesehen haben. Das Landgericht Hildesheim hat den 15-jährigen Täter jetzt zu neun Jahren Haft verurteilt.
Selbst die Ermittler waren fassungslos - so brutal ermordete ein 15-Jähriger aus abgrundtiefem Hass seine Großeltern. "Eine regelrechte Hinrichtung" nannte Staatsanwalt Wolfgang Scholz den Doppelmord im niedersächsischen Lamspringe. Mit einem Brotmesser hatte der stämmige Junge seinen Großeltern am 27. März dieses Jahres die Kehlen durchtrennt. Das Landgericht Hildesheim verurteilte den 15-Jährigen am Mittwoch in dem nicht öffentlichen Prozess zu neun Jahren Jugendhaft. Im Gerichtssaal flossen Tränen, als sich die Mutter von ihrem Sohn verabschieden musste.
Abneigung gegen den Großvater
Dem Verbrechen ging eine Familientragödie voraus. Seit langem hegte der Jugendliche eine Abneigung gegen seinen Großvater. Dieser habe dem Jungen nie Liebe entgegen gebracht, sondern sich wie ein Tyrann verhalten, sagte Verteidiger Raban Funk. Als im Januar dieses Jahres Vorwürfe aufkamen, der Großvater habe die elfjährige Schwester des Jugendlichen sexuell missbraucht, wurden die Familienbande zerstört. Der 15-Jährige, die Schwester und die Eltern der beiden zogen aus dem Haus der Großeltern aus. "Beim Angeklagten schlug die Jahre lange Abneigung in Hass um", meinte der Vorsitzende Richter Volker Heckemüller. Der Junge fasste den Entschluss, seine Großeltern umzubringen.
Am Abend des 27. März setzt der 15-Jährige seinen grausamen Plan in die Tat um - seine Freundin und sein Cousin wissen, was er vorhat, halten ihn aber nicht auf. In einem Schuppen neben dem Haus der Großeltern findet er einen Baseball-Schläger aus Metall und eine Drahtschlinge. Dem Großvater schlägt er mehrmals auf den Kopf. Anschließend erdrosselt er die gehbehinderte 65-jährige Großmutter, die ahnungslos vorm Fernseher sitzt. Weil er nicht sicher ist, ob beide wirklich tot sind, holt er aus der Küche das Brotmesser und schneidet beiden die Kehlen durch.
Richter Heckemüller bezeichnete die Tat als "abscheulich und besonders brutal". Reue für die Morde habe der Angeklagte nicht klar erkennen lassen. Er bedauere vor allem, dass er seinen Eltern mit den Verbrechen eine noch größere Last auferlegt habe, meinte der Richter. Der Angeklagte sagte in seinem Schlusswort im Gerichtssaal aber: "Es tut mir leid, was ich getan habe. Auch wenn die Staatsanwaltschaft das anders sieht: Ich bereue das." Die 18-jährige Freundin und der 17 Jahre alte Cousin wurden zu Bewährungsstrafen von zwei Jahren und einem Jahr verurteilt, weil sie die geplanten Straftaten nicht angezeigt hatten.
"Stein vom Herzen gefallen"
Der 15-Jährige zeigte sich nach dem Urteilsspruch beinahe erleichtert. "Ihm ist ein Stein vom Herzen gefallen", sagte Verteidiger Funk. In der Jugendhaftanstalt Hameln will der Schüler seinen Hauptschulabschluss machen und eine Berufsausbildung beginnen. Seine Freundin, mit der er sich während der Untersuchungshaft verlobt hatte, will zu ihm halten. Monika Wendel und Sebastian Knoppik/DPA |