Vergiss Amerika Vanessa Jopp, D 2000
Die Jugend ist die schönste Zeit des Lebens. Meine Mutter hatte ein Buch im Regal stehen mit dem Titel "Endlich über Vierzig". "Wenn es so etwas wie die Message des Films gibt, dann die: Mach dein Ding hier und jetzt." Vanessa Jopp über ihren Film "Vergiss Herdecke". Na also. Warum treibt sie dann so einen Wahnsinnsaufwand, um Jugend zu inszenieren? Herdecker Limousinen, Mutproben, Liebe, Hass und Tod.
Zwei Jungs, die dasselbe Mädchen lieben. Sie entscheidet sich, aber ist sich nicht sicher. Der eine muss sich, Traumziel Fotograf, aber jetzt hinter der Fischtheke, mit der Käseverkäuferin trösten. Er ist der weiche, passive. Ein Beobachter (deshalb Fotograf). Der andere ein Macher. Er wird seine Porsche nicht los. Und sie bekommt kein Engagement. "Last Picture Show" in der Westdeutschen Provinz. Frau Jopp ging aus dem dahin, um für ihren Film den "ungeschminkteren Look" einzufangen. Weil man dort die Träume besser platzen sieht. Und es ist dort viel schöner als etwa in Leonberg bei Stuttgart, wo Jopp aufgewachsen ist. "Für mich war immer klar: Sobald ich mein Abi habe, bin ich hier weg." Warum lässt die früh geflohene ihre Helden erst nach so langem Leiden entkommen, einen in den Unfalltod (die Polenmafia hat sich an des Autoverkäufers Bremsschläuchen zu schaffen gemacht), die anderen endlich, endlich nach Berlin?
Warum überhaupt Herdecke, warum nicht Berlin-Mitte? Wird Klecks doch noch Fotograf, bekommt Moni endlich ein Schauspielengagement? Warum ist das dem Film am Ende egal? Warum müssen sie ihre Provinzexistenz erst in Schutt und Asche legen, bevor sie sie hinter sich lassen? Weil so etwas zum großen Kino gehört, und Debütanten leider meistens großes Kino machen wollen. Vielleicht ist das auch nur ein Abnabelungsversuch, jetzt vom Studentendasein, danach beginnt ja bekanntlich der Ernst des Lebens. Lobenswert ist allerdings die ruhige und unspektakuläre Erzählweise, die darauf schließen lässt, dass Jopp weiß, was sie sich zutrauen kann.
Die Frage bleibt: Warum immer wieder, immer noch Herdecke? "Das wäre wirklich eine echt kleckssche Erfindung, die größte kleckssche Erfindung überhaupt - einfach verschwinden zu können." (Andy Warhol)
Es genügt nicht, keine Gedanken zu haben, man muss auch unfähig sein, sie auszudrücken. |