Du gibst wohl nie auf, oder? :)
Also wenn ich Dir sage, dass Dir niemand sagen kann, ob es sinnvoller ist, auf einen Rebound zu warten oder lieber hinzuschmeißen, dann darfst Du mir ruhig glauben. Ich habe keine bösen Absichten und will Dich nicht vergackeiern.
Wenn Du für 38 EUR gekauft hast, dann entspricht ein Verkauf zu aktuellen Kursen einem Verlust von ca. 50%. Der ist dann allerdings permanent und geht auch nicht wieder weg. Sowas sollte man m. E. nur machen, wenn man gar nicht mehr an das UNTERNEHMEN selbst glaubt, in das man investiert hat. (Jawohl, Aktien sind in erster Linie eine Beteiligung an einem Unternehmen und keine Chips in einer Spielbank.)
Eine andere Alternative wäre das Aussitzen des temporären Verlustes, bis der Kurs sich wieder erholt. Das kann allerdings beim momentanen wirtschaftlichen Umfeld recht lange dauern. Aber wenn Du, wie behauptet, das Geld nicht brauchst, dann kannst Du die Aktien ja im Prinzip auch liegen lassen, bis es wieder richtig aufwärts geht.
Die dritte Alternative wäre m. E. nun, zu diesen erheblich günstigeren Kursen sogar noch nachzukaufen. Dies sollte man allerdings nur dann tun, wenn man wirklich immer noch absolut von diesem UNTERNEHMEN überzeugt ist und die aktuelle Krise vor allem als von außen kommen (also nicht als im Unternehmen selbst verursacht) betrachtet. Diese Vorgehensweise hat den nicht zu unterschätzenden Vorteil, dass man in einem solchen Fall den Durchschnittspreis, den man bezahlt, z. T. erheblich senken kann. Kauft man z. B. für 10.000 EUR bei 38 EUR nur 263 Aktien eines Unternehmens, dann kann man bei Kursen von 17 EUR für denselben Betrag ganze 588 Aktien erwerben, also praktisch die doppelte Anzahl. Hierdurch wird auch der Durchschnittspreis für alle Aktien von 38 EUR auf 23,49 EUR gesenkt. Man müsste dann also z. B. nur noch bis zur Erholung auf 23,50 EUR warten, um zu Null raus zu kommen, anstatt bis auf eine Erholung auf 38 EUR, die wohl etwas länger brauchen würde.
Allerdings hätte man dann eben auch den doppelten Betrag (19990 statt 10000 EUR) investiert und wenn es extrem blöd käme, wäre alles weg, weil die Klitsche am Ende pleite geht. Also Achtung! Sowas macht wirklich nur dann Sinn, wenn man absolut davon überzeugt ist, dass das nicht eintreten wird und die aktuellen Preise viel zu niedrig für die Aktien des Unternehmens sind.
Nun stellt sich die Frage, wie kann man das überhaupt wissen? Dazu gibt es mehrere Ansätze, die alle ziemlich verschieden und z. T. auch konträr sind. Es gibt z. B. Leute, die Charts (Kursverläufe über einen bestimmten Zeitraum) angucken und dann irgendwelche Linien einzeichnen. Denen geht es in der Regel nicht um eine fundamentale Bewertung und die interessieren sich daher kaum für einen Blick in die Bilanz eines Unternehmens.
Dann gibt es da Leute, die sich eben genau diese Bilanzen anschauen und versuchen, einen möglichst realistischen wirtschaftlichen Wert für ein Unternehmen zu ermittlen. Den teilen sie dann durch die Zahl aller Aktien und bekommen so einen gewissen Anhaltspunkt für den Preis, den sie maximal bezahlen sollten bzw. wann es sich lohnt, zu kaufen, weil Aktien billig sind um gekehrt, zu verkaufen, weil sie teuer sind.
Die letzteren nennt man "Value-Investoren". Warren Buffett ist z. B. einer von der Sorte. Und auch meinereiner hängt stark dieser oft unterschätzten und in den Medien gern belächelten Bewegung an. Es gibt aber wohl kaum einen logischen Grund, diese Vorgehensweise zu belächeln. Immerhin waren und sind die reichsten Menschen der Welt solche, die auf den echten fundamentalen wirtschaftlichen Wert eines Unternehmens bezug nehmen. Chart-Technik, Momentum-Trader und sonstige gibt es viele, und viele behaupten viel. Aber über einen langen Zeitraum (20-30 Jahre) hat es von denen m. E. noch keiner geschafft, ein tolles Ergebnis zu erzielen geschweige denn, beim Versuch nicht pleite zu gehen. Soweit ich weiß, existiert Charttechnik auch erst seit den späten 1980er Jahren. Es gibt daher kaum verlässliche Langzeitstudien zum Erfolg dieser Fachrichtung. Value Investing hingegen existiert schon seit ca. 1930. Buffett fing ca. 1957 an, das ganze professionell zu betreiben. Heute, also ca. 50 Jahre danach, ist er der reichste Mensch der Welt. Und was noch besser ist: Er vertritt steif und fest die Meinung, dass einen ähnlichen, vielleicht nicht ganz so imposanten aber doch beachtlichen, Erfolg im Prinzip jeder erreichen könnte, der sich an dieselben Regeln wie er hält. Das Problem bei der Sache ist nicht, dass es dumm wäre anzunehmen, jeder Mensch könnte reich sein (woher sollte dann auch das Geld kommen?). Das Problem liegt vielmehr darin, dass die meisten Menschen zwar gerne steinreich wären, aber viel zu faul, undiszipliniert, ungeduldig und kurzsichtig sind, um das ganze auch richtig umzusetzen.
Das ist in meinen Augen auch gleichzeitig der Grund, warum wir immer wieder solche Bärenmärkte wie diesen erleben werden.
Wer jetzt immer noch mitliest, dem darf ich daher folgendes ans Herz legen: Einfach mal den "Intelligent Investor" von Benjamin Graham lesen und danach erst wieder an der Börse weitermachen.
Gruß und viel Glück |