Bisher haben wir uns nur mit mikroskopischen Objekten beschäftigt. Auch wenn die Physiker heutzutage Atome sichtbar machen können, interessiert uns doch eigentlich, was die Quantenmechanik für alltägliche Gegenstände wie zum Beispiel ein Auto oder eben eine Katze bedeutet.
Nimmt das Objekt, das wir quantenmechanisch beschreiben wollen, makroskopische Ausmaße an, so bekommen wir jedoch Schwierigkeiten. Nach dem bisher Gesagten befindet sich das gesamte System (zu messendes Objekt + Messapparatur) vor der Messung in einem Überlagerungszustand (to). Makroskopisch sind uns solche Zustände jedoch nicht bekannt. Schrödinger legte dieses Problem mit seinem berühmt gewordenen Gedanken-Experiment dar:
Eine Katze wird zusammen mit einem Geigerschen Zählrohr in eine Kammer gesteckt. In der Kammer befindet sich eine geringe Menge radioaktiver Substanz, wobei die Wahrscheinlichkeit, dass eines der Atome nach einer Stunde zerfallen ist, 50 Prozent beträgt. Zerfälltein Atom, registriert dies das Zählrohr und lässt mit einem Hammer einen Behälter mit Giftgas zerschlagen. Die Katze stirbt.
Die radioaktive Substanz befindet sich nach einer Stunde in einer Superposition aus "zerfallen" a und "nicht zerfallen" b. Da das Leben der Katze von dem Zustand der radioaktiven Substanz abhängt, befindet sich diese ebenfalls in einem Überlagerungszustand (Abb. 1): "Katze lebt" und "Katze tot".
Bisher hat logischerweise noch keiner eine Katze in einer solchen Superposition angetroffen. Doch vorstellen kann man sich das auch nicht. Der Haken an der Kopenhagener Deutung ist die Rolle des bewussten Beobachters - ich messe, also ist sie. Aber: Kann sich eine Katze nicht darüber bewusst sein, ob sie tot oder lebendig ist? Wo ist die Grenze zwischen quantenmechanischen ("unbewussten") und bewussten Systemen? Schließlich bestehen wir doch auch aus quantenmechanischen Objekten wie Elektronen und Atome. Die Konsequenzen der Kopenhagener Deutung: Muss uns laufend jemand beobachten, damit wir nicht in einer Überlagerung aus verschiedenen Zuständen verharren müssen? Und wer beobachtet diese Person? Oder mit den Worten von Harry Mulisch aus seinem Roman "Die Entdeckung des Himmels": "Müsste, um die Welt zusammenzuhalten, nicht eigentlich immer jemand ununterbrochen auf sie schauen?"
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