Was Du schreibst, ist nicht ganz richtig. Erst einmal zu Deinem letzten Punkt. Vielleicht habe ich mich sehr unverständlich ausgedrückt. Der Mensch ist ein Mängelwesen. Zwar verfügt der Mensch wie das Tier über biologische Bedürfnisse und Funktionen, aber diese charakterisieren ihn nicht als Menschen. Als Gattungswesen könnte er vermutlich kaum überleben, wenn er auf seine Naturausstattung, seinen Körper allein, angewiesen wäre. Der Mensch, so formulierte es der Biologe Portmann, ist eine physiologische Frühgeburt. Er kommt völlig hilflos auf die Welt, im Gegensatz zu vielen anderen Säugetieren, die bereits nach der Geburt die wesentlichen Artmerkmale und die entsprechenden Verhaltensweisen aufweisen. Der Säugling muß erst in einem "extrauterinen Frühjahr" (Schonzeit außerhalb des Uterus) diese Eigenschaften erwerben, also erlernen. Portmann meint, die menschliche Schwangerschaft müßte 21 Monate dauern, damit Neugeborene jenen Ausbildungsgrad erreichen, den Säugetiere bei ihrer Geburt haben. Die Mängelliste der menschlichen Naturausstattung reicht aber weiter. Der Mensch besitzt kein schützendes Haarkleid und ist mit leistungsschwachen Sinnesorganen ausgestattet. Die menschlichen Instinkte sind verkümmert dank Jahrtausende währender Selbstdomestikation (Selbstzähmung). Das Tier mit seinem voll ausgebildeten Apparat von Instinkten reagiert automatisch auf bestimmte Reize, z.B. mit Angriff oder Flucht. Die reduzierten menschlichen Instinkte dagegen sind überformbar. Malinowski sprach daher von der Plastizität der menschlichen Instinkte bzw. Triebe. So teilt der Mensch z.B. mit dem Tier den Nahrungstrieb. Während aber das Tier mit Bezug auf seine Nahrung festgestellt ist, ist der Nahrungstrieb beim Menschen formbar. Der von der Natur ausgehende Trieb bestimmt bei beiden das Handlungsziel, die Sättigung; aber im Gegensatz zum Tier lernt der Mensch, welche Nahrungsmittel er verwendet, wie er sie sich beschafft und wie er sie zubereitet. Wir wissen heute, daß auch höhere Tiere nicht alle ihre Fähigkeiten von Geburt an besitzen, daß auch sie lernen müssen; aber bei ihnen ist nicht nur festgelegt, was sie lernen müssen, sondern auch, wie sie lernen müssen. Der Mensch dagegen kann als das nichtfestgelegte Tier bezeichnet werden, und gerade dies macht den Menschen dem Tier überlegen. Das der Mensch ein unbestimmtes Wesen ist belegen Kinder wie Amala und Kamala
====Hier lesen, falls Du es nicht schon kennst========== Auf einer Missionsreise durch den Dschungel, einige hundert Kilometer westlich von Kalkutta, hörte der katholische Geistliche J. A. L. Singh 1920 in einem Dorf, in der Nähe spuke ein greulicher Geist. Er begab sich an den Ort des Spuks, wartete dort auf einem Hochstand - und sah zwei erwachsene und zwei junge Wölfe aus ihrem Bau kommen. “Dicht hinter den Jungen kam der Geist - ein schrecklich aussehendes Wesen - Hand, Fuß und Körper wie ein Menschenwesen; aber der Kopf war ein großer Ball von irgend etwas, was die Schultern und einen Teil des Oberkörpers bedeckte und nur die scharfen Umrisse eines Gesichts freiließ, und dieses Gesicht war das eines Menschen. Auf den Fersen folgte ihm ein anderes gräßliches Geschöpf, das genau wie das erste aussah, nur etwas kleiner war... Gerade konnte Singh seine Begleiter noch davon abhalten, auf die Geister zu schießen. Eine Woche später kam er zurück, vertrieb die Wölfin aus dem Bau (sie wurde mit einem Pfeil getötet), fand darin zwei junge Wölfe (sie wurden verkauft), ängstlich zusammengekuschelt mit zwei kleinen Mädchen (sie nahm er mit in sein Waisenhaus in Midnapore) [..]. Das ältere der beiden Wolfsmädchen - Kamala genannt - war etwa acht, das jüngere - Amala - wurde auf anderthalb geschätzt. Amala starb nach knapp einem Jahr im Waisenhaus (und ihre Schwester zeigte sich bei ihrem Tod tief verstört), Kamala starb 1929. Beide liefen auf allen Vieren: langsam auf Händen und Knien, aber auf Händen und Zehen, wenn es schnell gehen sollte. Erst nach fast drei Jahren im Waisenhaus und unter größten Mühen lernte Kamala ohne Hilfe auf zwei Beinen stehen, wenn sie es eilig hatte, ließ sie sich bis zu ihrem Tod auf alle viere hinab. Anfangs mochten sich beide nicht baden und waschen lassen. Hitze und Kälte spürten sie nicht. Kleidung rissen sie sich vom Leib; der Lendenschurz mußte ihnen festgeknotet werden. Erst als sie in die Pubertät kam, begann Kamala an Kleidung Gefallen zu finden. Ihre Nahrung schleppten sie zunächst nur aus Schalen am Boden. Noch lange aßen sie nur rohes Fleisch, auch Aas, das sie mit unmenschlich scharfer Nase schon von weither rochen und von dem sie sogar Geier verjagten. 1922 beobachtete man, wie Kamala ein totes Huhn fand und mit ihm sofort ins Gebüsch lief, wo sie es offenbar fraß - als sie wenig später wieder hervorkam, hingen ihr noch einige seiner Därme aus dem Mund. Noch lange stahl sie Fleisch wo immer möglich. Erst 1925 gewöhnte sie sich an Gesalzenes. In der Dunkelheit sahen beide vorzüglich, und sie war ihnen lieber als das Tageslicht. Den Tag verbrachten sie meist dösend und in eine Ecke starrend, gegen Abend wurden sie munter. Nachts strichen sie furchtlos draußen umher; um zehn, ein und drei Uhr stießen sie regelmäßig ein heiseres Geheul aus, das sich zu einer Art schrillem Klageruf steigerte. Erst ab 1928 entwickelte Kamala die menschenübliche Furcht vor der Dunkelheit. Zunächst hielten beide die Menschen offenbar nicht für Artgenossen, sondern fühlten sich viel mehr zu Hunden und anderen Tieren hingezogen. Menschen mieden sie; sie fauchten sie an, kratzten sie, bissen sie. Beide mußten regelrecht gezähmt werden. Erst ab 1927 rechnete sich Kamala eindeutig zu den Kindern. insgesamt schien Amala, die jüngere, das Menschsein leichter und schneller zu lernen. Sehr langsam gewann Kamala etwas Sprache. Nach zwei Jahren sagte sie "bhu, bhu", wenn sie Durst hatte. Nach vier Jahren verstand sie den Sinn von Fragen und benutzte selber sechs Wörter. Nach sechs Jahren war ihr aktives Vokabular auf etwa 30 Wörter für die Dinge ihrer Umgebung angewachsen, nach sieben bildete sie Kurzsätze wie "bak-pu wo" ((Puppe-im- Kasten). Damit brachte Kamala es immerhin weiter als die meisten wilden Kinder. Aber verglichen mit der normalen kindlichen Sprachentwicklung verlief auch ihr Spracherwerb außerordentlich langsam und ineffektiv. Von ihrer Kindheit in einer Wolfsfamilie hätte sie wahrscheinlich auch dann nie erzählen können, wenn sie länger gelebt hätte. ==================================================
Du siehst damit hoffentlich, dass nicht die Natur das Problem ist. Ein Kind wird in einer Gesellschaft, die ihm Werte wie Egoismus und Neid vermitteln diese auch übernehmen. Aus diesem Grund fuktioniert Humanismus (Alltruismus) bisher auch nur in kleinen sich abgrenzenden Gesellschaften in denen diese Werte nicht vermittelt werden.
Die negativen Aspekte, die Du über die Arbeitsteilung schilderst, resultiert aus Deinem gesellschaftlich geprägtem Denken. Ein Arbeiter am Fließband wird sicher keinen Anreiz sehen dieser Arbeit nachzugehen. Anders sieht es aus, wenn er sich in seiner Arbeit verwirklichen kann, sich seiner Menschlichkeit bewusst wird indem er das Resultat seiner Arbeit in den Haenden haelt. Es ist hier in dem Thread nun schon so oft darauf hingewiesen wurde, nicht den real existierenden Sozialismus als Kommunismus anzusehen. Besonders gut ist das wohl hjw gelungen. In der DDR wurde der angebliche "Sozialismus" zwangsverordnet und in Russland hat man einen Zeitsprung vollführt.
Marx war kein Träumer oder Visionär, sondern ein Ökonom, der das Gesellschaftssystem Kapitalismus analysiert hat. Spätestens 1929 hat auch der Kapitalismus aus Marx seinen Lehren gelernt. Im übrigen würde ich das Thema gern beenden, denn es ist wahrscheinlich nicht der richtige Ort für solch eine Diskussion. |