Das Missverständnis liegt in der Botschaft. Wenn Springsteen, damals ein muskelbepackter Bursche in Jeans und T-Shirt, aus voller Brust auf der Bühne "Born in the USA" röhrte, schien er geradezu die leibhaftige Inkarnation des American Dream zu sein. Ein Junge aus ärmlichen Verhältnissen, geboren in der Arbeiterstadt Freehold, New Jersey, bringt es mit einer Hymne auf Amerika zu Reichtum und Ruhm. Er wird "der Boss". "Born in the USA" aber besingt die Schattenseiten des amerikanischen Traums. Ihr Held kommt aus dem Vietnamkrieg zurück, er versteht die Welt nicht mehr, findet keinen Job und lebt fortan "im Schatten des Gefängnisses". In der Erinnerung denkt er zurück an seinen Freund in der Army, der in die Schlacht von Khe Shan 1968 - einen amerikanischen Albtraum - geschickt wird, um gegen die Vietkong zu kämpfen: "Sie sind immer noch da, aber er ist für immer verschwunden", alles was von ihm bleibt, ist ein Bild von ihm und seiner Braut in Saigon.
Eine Amerika-Hymne für jedermann, wie es schien. Auf Springsteens Welttournee 1984/85 waren die Stadien Monate vorher ausverkauft. Das US-Magazin "Newsweek" feierte den Sänger als "amerikanischen Archetyp". Beim Konzert in Frankfurt tanzten schwarze US-Soldaten mit Irokesenhaarschnitt neben langhaarigen deutschen Altersgenossen, nicht eben üblich so kurz nach der Raketendebatte. Selbst aus dem Weißen Haus war zu vernehmen, Präsident Ronald Reagans derzeitiger Lieblingssong sei natürlich "Born in the USA"
Reagan selbst hatte den Song nie richtig verstanden, denn er selbst fragte damals springsteen ob er ihn nicht für seinen wahlkampf verwenden dürfte. Springsteen lehnte ab. |